Hamburg. Der frühere Handelskammmer-Präses Nikolaus W. Schües ist Vorreiter in Europa für die neue Technologie.
„Er fährt sich fantastisch, besser als mein anderer Wagen.“ Der Hamburger Reeder und frühere Handelskammer-Präses Nikolaus W. Schües setzt ein Zeichen für die Wasserstofftechnik: Als erste Privatperson in Europa kaufte er sich einen Wasserstoff-Pkw: einen ToyotaMirai, dessen Strom eine bordeigene Brennstoffzelle produziert. Diese wird mit Wasserstoff gespeist. Am Dienstag übergab Masahisa Nagata, Entwicklungschef von Toyota Motor Europe, den Wagen der oberen Mittelklasse seinem Besitzer.
Der Mirai ist das erste Fahrzeug, bei dem nicht ein bestehendes Modell für den Wasserstoffantrieb umgerüstet wurde, sondern das ein eigenes Design, eine eigene Karosserie und Plattform erhalten hat. Zunächst in Japan und den USA eingeführt, kam es im Oktober auf den europäischen Markt und soll nun in Großserie gehen. In Großbritannien, Dänemark und Deutschland ist der Mirai (japanisch: Zukunft) bereits erhältlich. Bislang ist das Fahrzeug angesichts des Kaufpreises von 78.000 Euro eher ein Liebhaberstück für gut betuchte Technikfans. Sie können den Wagen auch für monatlich 1220 Euro leasen. Der Mirai hat 154 PS und einen Hochdrucktank (750 bar), der fünf Kilo Wasserstoffgas fasst. Es verschafft dem Auto – je nach Fahrstil – eine Reichweite von 550 bis 650 Kilometern. An einer entsprechenden Zapfanlage lässt sich der Wagen in weniger als fünf Minuten volltanken, zu einem Kilopreis für Wasserstoff von 9,50 Euro. Bei einem Verbrauch von 760 Gramm pro 100 Kilometer ergeben sich Treibstoffkosten von 7,22 Euro je 100 Kilometer.
Schües lobt seinen neuen Wagen als „elegantes Zukunftsauto“. Es sollte zunächst mit weißer Lackierung geliefert werden. Das lehnte er ab zugunsten eines dezenten Dunkelblaus, passend zu einem Hamburger Kaufmann. Auffällig ist dagegen das Design des Mirai, vor allem seine Front mit den schmalen Scheinwerfern, den übergroßen Lufteinlässen und eine wie aufgesetzt wirkende Motorhaube.
Der 79-Jährige, der zusammen mit seinem Sohn Nikolaus H. Schües die Laeisz-Reederei führt, will den Wagen zunächst als Stadtauto nutzen. Denn für weite Fahrten ist das deutsche Netz an Wasserstofftankstellen noch zu löchrig. Am engsten geknüpft ist es in Hamburg und Berlin. Jeweils an vier Standorten ist der zukunftsträchtige Energieträger zu haben, die Tankstellen Nummer fünf sind in beiden Städten bereits in Bau.
Wer von Hamburg aus Richtung Westen oder Süden fährt, findet jedoch die nächste Tankmöglichkeit erst in Essen oder Frankfurt. Derzeit sind in ganz Deutschland 26 Wasserstofftankstellen in Betrieb oder in Bau. Bis Ende kommenden Jahres soll ihre Zahl auf 50 Standorte wachsen. Und bis zum Jahr 2023 sind bundesweit sogar 400 Tankstellen anvisiert.
Ein Teil des Wasserstoffs wird mithilfe von überschüssigem Windstrom aus Wasser erzeugt (Elektrolyse) – bei der Shell-Tankstelle in der Schnackenburgallee stammt beispielsweise die Hälfte des eingesetzten Stroms aus erneuerbaren Quellen. „Mit Wasserstoff lässt sich überschüssiger Wind- oder Solarstrom hervorragend zwischenspeichern. Deshalb leisten wir einen Beitrag zur Energiewende“, sagt Toyota-Sprecher Thomas Heidbrink. „Wir wollen die Entwicklung vorantreiben. Deshalb wurden alle Patente nach der Markteinführung freigegeben.“
Andere Fahrzeughersteller stehen ebenfalls am Start. Konkurrent Hyundai hat eine Wasserstoffversion seines Geländewagens ix35 bereits vor zwei Jahren auf den Markt gebracht und hat sich vorgenommen, nach Toyota zum zweitgrößten Hersteller von umweltfreundlichen Fahrzeugen zu werden. In Deutschland präsentierte Daimler seit Mitte der 1990er-Jahre mehrere Prototypen von Wasserstoff-Pkw. Zwei Brennstoffzellen-Mercedes B-Klasse umrundeten 2011 die Welt und zeigten ihre technische Zuverlässigkeit. Dennoch verschob Daimler den für 2014 angekündigten Start eines Serienmodells auf 2017 und arbeitet nun mit Renault-Nissan und Ford zusammen.
„Wasserstoff aus Windstrom bietet eine Lösung für die wichtigsten Probleme der Welt“, sagt Schües. „Wasserstoff ist emissionsfrei, also umweltfreundlich. Wir können ihn selbst produzieren und damit die Abhängigkeit von Ölimporten reduzieren. Öl spielt auch eine Rolle im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS). Denn der IS finanziert sich auch aus Ölverkäufen.“