Hamburg. Hamburger Lieferdienst ändert Strategie und will verstärkt Produkte in kleinen Imbissen anbieten. Eröffnung im Hauptbahnhof.

Wer gestern früh durch die Wandelhalle im Bahnhof ging, dürfte dort einen neuen Gastronomiebetrieb entdeckt haben. Wo vorher Pizza Hut war, ist jetzt Joey’s Pizza eingezogen. Der Lieferdienst leistet sich hier in bester Lauflage ein schwarz-rotes Bis­tro mit Durchblick in die Küche, in der die Mitarbeiter Teig kneten, belegen und in den Ofen schieben. Bereits zum Frühstück gibt es hier die erste Pizza – mit Spiegelei und Bacon. „Wir sehen uns nicht mehr länger nur als Lieferdienst für Pizza, wir kommen jetzt dorthin, wo die Kunden sind“, beschreibt Joey’s-Gründer Carsten Gerlach die neue Strategie seiner Firma, die sie mit der Eröffnung des Bistros im Hauptbahnhof startet.

Ab sofort sucht Joey’s Franchisenehmer, die in 1a-Lauflagen, in Einkaufszentren oder Flughäfen solche Bistros eröffnen möchten. Im Angebot sind in den Stores nicht nur Pizzas, die hier zum Mitnehmen mit kleinem Durchmesser gebacken werden, sondern auch Pasta, Ciabatta oder Muffins. Mit dem neuen Schwerpunkt im Vertrieb, der Pizza „to go“, reagiert der Marktführer unter den Pizza-Lieferdiensten auch auf die gewachsene Konkurrenz. Als Joey’s vor knapp 30 Jahren mit seinem ersten Lieferdienst in Eimsbüttel startete, war das Internet noch in weiter Ferne. Heute drängen immer mehr Lieferplattformen in den Markt und bieten dem India-Imbiss oder dem Italiener von nebenan die Möglichkeit, ihre Gerichte auch an die Haustür zu liefern, ohne selber eine aufwendige Logistik mit Lieferwagen aufbauen zu müssen. Anbieter wie Delivery Hero, die von den Samwer-Brüdern aus Berlin unterstützt werden, sorgen so dafür, dass Büroangestellte oder Studenten nicht nur Pizza, sondern die ganze Palette von Sushi bis Sandwiches online ordern können.

Während sich Joey’s früher über zweistellig steigende Jahresumsätze freuen konnte, betrug der Zuwachs der Erlöse von 2014 bis zum laufenden Jahr nur noch sieben Prozent, sagte Gerlach, der das klassische Geschäft seines Unternehmens dennoch nicht vernachlässigen möchte. „Wir wollen auch bei den Delivery-Standorten wachsen“, sagte der Gründer. Derzeit arbeitet Joey’s in seinem angestammten Liefergeschäft mit Pizza.de zusammen, um möglichst viele Onlinekunden anzusprechen.

„Bei uns bestellen aber weit mehr als die Hälfte der Leute über unsere eigene Homepage, da sind wir in einer glücklichen Lage“, sagt Geschäftsführer Karsten Freigang. Kleinere FastFood-Firmen seien hingegen auf die Internetplattformen angewiesen, die zum Teil gut zwölf Prozent Provision für die Bestellvermittlung verlangten, monierte Freigang. „Das ist Wegelagerei“, so der Manager, der sich mit dieser Kritik dem Hamburger Hotelier Eugen Block anschließt. Block hatte als Inhaber des Grand Elysée schon vor Jahren Hotelportale wie HRS als „parasitäre Raubritter“ bezeichnet, die ebenfalls rund 15 Prozent Provision fordern und an die er nach eigenen Angaben 800.000 Euro im Jahr bezahlen musste.

Auch Joey’s hat einen Streit mit Pizza.de um die Vermittlungsgebühr hinter sich und drohte zwischenzeitlich, die Zusammenarbeit mit dem Onlinedienst zu beenden. Pizza.de hätte einen großen Fisch verloren: Joey’s mit Sitz in der Hamburger City beschäftigt 65 Mitarbeiter in der Zentrale, verfügt über 25 Lieferstandorte in der Hansestadt und mehr als 200 Betriebe bundesweit. Die Marke liefert jährlich über zehn Millionen Pizzen aus und erzielte 2014 einen Netto-Umsatz von 135 Millionen Euro. Zu den Wettbewerbern gehören Call a Pizza und der Weltmarktführer Pizza Hut. Der US-Konzern will sich fortan mehr auf Lieferdienste konzentrieren. In Hamburg bleiben Pizza Hut nach der Schließung im Bahnhof vier Standorte.