Offenbach/Hamburg. Beeinträchtigungen am Nord-Ostsee-Kanal, Flüsse treten über die Ufer. Wetterdienst warnt vor Orkanböen – und frostigen Temperaturen.

Auf Hamburg und den Norden rollt ein Wetter zu, das für die Norddeutschen nach Wochen milder Witterung ungemütlich wird. Das schwere Sturmtief „Heini“ hat sich von den Britischen Inseln über Jütland der deutschen Nord- und Ostseeküste genähert. Wegen einer Sturmwarnung sind am Dienstagabend in Bremen rund 1400 Flüchtlinge zum Umzug aus ihren Zelten in Schulen aufgefordert worden. Das teilte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) mit. Die Menschen sind an vier Standorten in Zelten untergebracht, die nach Herstellerangaben bis zu Windstärke 10 wetterfest sein sollen. Erwartet wurden aber Sturmböen bis Stärke 11. Die Flüchtlinge sollten zunächst über Nacht in den Schulen bleiben. Das Sozialressort wollte am frühen Mittwochmorgen entschieden, ob sie bereits vor Schulbeginn die Schulen wieder verlassen können.

Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes sollte das Sturmfeld Norddeutschland in der Nacht und am Mittwochvormittag überqueren. Dabei warnten die Meteorologen vor schweren Sturmböen aus westlichen Richtungen. Bei kräftigen Schauern oder kurzen Gewittern seien sogar orkanartige Böen der Stärke 11 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 105 km/h möglich, hieß es.

Das Hamburger Umland ist bereits betroffen

Eine Sturmflut wurde nach Vorhersage des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie nicht erwartet. Die Pegelstände in Hamburg und Cuxhaven werden am Mittwochmorgen unterhalb von 1,50 Meter über dem Mittleren Hochwasser liegen. Erst darüber spricht man von einer Sturmflut.

Als Regen macht das Wasser jedoch schon jetzt in Schleswig-Holstein zu schaffen. Ergiebige Schauer der vergangenen Tage haben die Pegelstände von Flüssen und Seen in die Höhe getrieben. Die Bille drohte am Stadtrand von Hamburg in der Nacht zum Dienstag sogar über die Ufer zu treten. Die Grander Mühle bei Kuddewörde im Kreis Herzogtum Lauenburg musste mit Sandsäcken vor der Überflutung bewahrt werden.

Hier kommen Sie zu den Wasserstandsmeldungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie

Auch der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) war vom hohen Wasserstand betroffen. „Pro Sekunde laufen 180.000 Liter zu“, sagte Thomas Fischer vom Wasser- und Schifffahrtsamt Brunsbüttel. Am Montag und am Dienstag sei der NOK in Brunsbüttel daher während der Tidephase über die beiden großen Schleusen entwässert worden. „Das machen wir nur ungern, denn wenn entwässert wird, kann nicht geschleust werden“, sagte Fischer. Normalerweise wird der Kanal über die kleinen Schleusenkammern entwässert.

Angespannte Lage am Nord-Ostsee-Kanal

„Wir haben eine angespannte Situation“, sagte am Dienstag der Geschäftsführer des Eider-Treene-Verbands, Sven Wollesen. „Die Gewässer sind gut gefüllt, aber noch haben wir keine Sorgenfalten.“ Die Bewältigung von Wassermassen ist in Schleswig-Holstein schwierig, weil das Land flach ist. 315.000 Hektar sind sogenanntes Niederungsgebiet, das sich maximal 2,5 Meter über den Meeresspiegel (Normalnull) erhebt. Wegen der niedrigen Höhe und des geringen Gefälles müssen viele Regionen künstlich entwässert werden, erläutert Matthias Reimers vom Marschenverband. Über ein dichtes Netz von Gräben fließt der Regen zu den Flüssen und weiter zum Meer.

Am Mittwochnachmittag sollte sich das Wetter kurzzeitig beruhigen, um in der Nacht zum Donnerstag erneut stürmisch aufzufrischen mit zum Teil ergiebigen Regenschauern. Innerhalb von zwölf Stunden könnten bis zu 25 Liter pro Quadratmeter fallen. Besonders an der Nordsee soll es wieder zu schweren Sturmböen kommmen.

Die Temperaturen bleiben zunächst mild: 10 bis 16 Grad sind prognostiziert. Erst ab Freitag werde die Quecksilbersäule in den einstelligen Bereich sinken.