Schmidt studiert Volkswirtschaftslehre und startet eine Politiker- und Parteikarriere. Teil 5 der Abendblatt-Serie.

Demokratische Aufbruchstimmung. Auf einer Wiese in Planten un Blomen skandieren 80.000 Hamburger wie aus einem Munde: „Max, bleib hier!“ Helmut Schmidt stimmt lauthals ein. Gemeint ist Max Brauer, ein gestandener Sozialdemokrat mit Herz, Seele und Verstand. Altonas Oberbürgermeister während der Weimarer Republik war in der Nazizeit erst nach Österreich, Frankreich, China und anschließend in die USA emigriert und nach der Kapitulation heimgekehrt. Noch ist der Sohn eines Glasbläsers aus Mottenburg (Ottensen) amerikanischer Staatsbürger.

Es ist der 11. August 1946 und nach Schmidts Vorträgen im belgischen Gefangenenlager ein weiterer Schlüsselmoment für seine politische Karriere. Max Brauers flammende Wahlkampfrede an diesem Sommersonntag elek­trisiert. Die Menschen sind hungrig – auch nach Demokratie. Männer dieses Formats, so schießt es dem 27-jährigen Helmut Schmidt durch den Kopf, können seine Heimatstadt und Deutschland nach vorn bringen. Er entschließt sich, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands beizutreten. Ein paar Jahre nach ihrem Mann wird auch Loki Schmidt Genossin.

Anständige Berufe jedoch haben Vorrang. Welch ein Segen für das junge Ehepaar, dass Loki ein bisschen Geld verdient. Helmut kann dies, von ein paar Nebenjobs abgesehen, nicht von sich behaupten. Nach dem Abitur und den Jahren als Soldat muss er beruflich neu durchstarten. Der alte Traum, Architekt und Stadtplaner zu werden, ist nach wie vor präsent. Da diese Studienfächer in Hamburg nicht angeboten werden, bliebe nur Hannover als Ausweichort. Da die Fahrerei zu aufwendig und teuer wäre, entschließt er sich zu einem „Brotstudium“: Hauptsache, zügig absolvieren. Somit ist klar, dass Loki für lange Zeit Alleinverdienerin ist. Vor Helmuts Studium allerdings steht die Immatrikulation, kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der viele junge Menschen studieren wollen, die Hochschulen indes dürftig ausgestattet sind. Als einer unter 2000 von 12.000 Bewerbern erhält Helmut Schmidt den Zuschlag.

Als Hamburger SPD-Abgeordneter
1958 mit einem vielbeachteten
Redebeitrag zur Debatte über die Außenpolitik
Als Hamburger SPD-Abgeordneter 1958 mit einem vielbeachteten Redebeitrag zur Debatte über die Außenpolitik © picture-alliance / dpa

Er schreibt sich in den Fächern Volkswirtschaftslehre und Staatswissenschaften ein. Dort lernt er den späteren Wirtschafts-­ und Finanzminister Karl Schiller kennen. Und im Park vor dem Uni-­Hauptgebäude an der Edmund-­Siemers-­Allee trifft er seinen späteren Freund Karl-­Wilhelm „Willi“ Berkhan. Dieser wird eines Tages nicht nur Wehrbeauftragter des Bundestages und Parlamentarischer Staatssekretär unter Verteidigungsminister Helmut Schmidt, sondern auch Nachbar der Schmidts am Brahmsee sein.

Von Ehrgeiz und Wissensdurst beflügelt, büffelt Studiosus Schmidt im Wintersemester 1945/46 intensiv. Parallel ergeben sich in den Seminaren oder in der Mensa heftige Diskussionen über die politische Weichenstellung in Deutschland. Schmidt will die Chance des Neuaufbaus nutzen. Bei diesen Debatten im Kommilitonenkreis kann er sich ereifern, entdeckt jedoch auch sein Geschick, andere argumentativ auf seine Seite zu ziehen. Da ist ihm rhetorisch kaum jemand gewachsen.

Basis anfänglicher politischer Kärrnerarbeit allerdings ist Neugraben, noch der Wohnort. Abends knien Loki und Helmut Schmidt mit einigen Genossen in einem kargen Raum in ihrem Bezirk und malen Parolen auf Makulaturpapier. Es sind mit die ersten Wahlplakate des jungen Deutschlands. Manchmal pinselt das junge Ehepaar auch daheim auf dem Küchenboden.

Trauer um Helmut Schmidt

Die Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft während einer Schweigeminute für den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt
Die Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft während einer Schweigeminute für den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt © dpa | Daniel Bockwoldt
Ein Papier mit einer Zeichnung des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) und seiner Frau Loki in einem Herz und der Aufschrift
Ein Papier mit einer Zeichnung des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) und seiner Frau Loki in einem Herz und der Aufschrift "HH sagt Tschüß" vor Schmidts Haus © dpa | Daniel Bockwoldt
Ein letzter Gruß mit einer durchgeweichten Mentholzigarette zum Gedenken an Altkanzler Helmut Schmidt
Ein letzter Gruß mit einer durchgeweichten Mentholzigarette zum Gedenken an Altkanzler Helmut Schmidt © dpa | Christian Charisius
Bestatter mit dem Sarg des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt
Bestatter mit dem Sarg des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt © dpa | Axel Heimken
Eine Polizeieskorte wartet neben dem mit Kerzen und Blumen geschmückten Zaun am Haus des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt
Eine Polizeieskorte wartet neben dem mit Kerzen und Blumen geschmückten Zaun am Haus des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt © dpa | Axel Heimken
Letzte Ehre für Helmut Schmidt: Polizisten salutieren, als der Leichenwagen vom Wohnhaus des Altbundeskanzlers in Langenhorn abfährt.
Letzte Ehre für Helmut Schmidt: Polizisten salutieren, als der Leichenwagen vom Wohnhaus des Altbundeskanzlers in Langenhorn abfährt. © dpa / picture alliance
Polizeieskorte zu Ehren des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt
Polizeieskorte zu Ehren des verstorbenen Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt © dpa | Axel Heimken
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit trägt sich ins Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ein
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit trägt sich ins Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ein © Roland Magunia | Roland Magunia
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt © Roland Magunia | Roland Magunia
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank tragen sich ins Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ein
Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank tragen sich ins Kondolenzbuch für Helmut Schmidt ein © Roland Magunia | Roland Magunia
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt im Hamburger Rathaus
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt im Hamburger Rathaus © Roland Magunia | Roland Magunia
Schlangestehen für das Kondolenzbuch für Helmut Schmidt
Schlangestehen für das Kondolenzbuch für Helmut Schmidt © Roland Magunia | Roland Magunia
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank © Roland Magunia | Roland Magunia
Schlangen vor dem Rathaus
Schlangen vor dem Rathaus © Roland Magunia | Roland Magunia
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt: Hamburger warten auf Einlass ins Rathaus
Kondolenzbuch für Helmut Schmidt: Hamburger warten auf Einlass ins Rathaus © Hanna-Lotte Mikuteit
Schüler vor dem Hamburger Rathaus am Tag nach dem Tod von Altbundeskanzler Helmut Schmidt
Schüler vor dem Hamburger Rathaus am Tag nach dem Tod von Altbundeskanzler Helmut Schmidt © HA
Halbmast-Beflaggung vor dem Hamburger Rathaus am Tag nach dem Tod von Altbundeskanzler Helmut Schmidt
Halbmast-Beflaggung vor dem Hamburger Rathaus am Tag nach dem Tod von Altbundeskanzler Helmut Schmidt © HA
Eine Karte mit der Aufschrift „Danke Herr Schmidt“ liegt zwischen Blumen und Kerzen vor dem Haus des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt
Eine Karte mit der Aufschrift „Danke Herr Schmidt“ liegt zwischen Blumen und Kerzen vor dem Haus des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt © dpa | Christian Charisius
Beflaggung am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten
Beflaggung am Schloss Bellevue, dem Amtssitz des Bundespräsidenten © dpa | Bernd von Jutrczenka
Helmut Schmidts Lebensgefährtin Ruth Loah im Auto vor dem Haus in Langenhorn
Helmut Schmidts Lebensgefährtin Ruth Loah im Auto vor dem Haus in Langenhorn © REUTERS | FABIAN BIMMER
Der Schriftzug
Der Schriftzug "R.I.P. Helmut Schmidt" neben einem Foto des rauchenden Altkanzlers an die Fassade der SPD-Parteizentrale in Berlin © dpa | Gregor Fischer
Passanten entzündeten
am Dienstagabend
vor dem Hamburger Rathaus
Kerzen und stellten
Fotos von Helmut
Schmidt dazu
Passanten entzündeten am Dienstagabend vor dem Hamburger Rathaus Kerzen und stellten Fotos von Helmut Schmidt dazu © HA | Roland Magunia
Trauernde legen in Hamburg vor dem Haus des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt Blumen und Kerzen ab
Trauernde legen in Hamburg vor dem Haus des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt Blumen und Kerzen ab © dpa | Bodo Marks
Der 96-Jährige ist am 10.11.2015 in seinem Haus verstorben
Der 96-Jährige ist am 10.11.2015 in seinem Haus verstorben © dpa | Christian Charisius
Eine Europaflagge mit einem Trauerflor hängt zum Gedenken an Helmut Schmidt vor dem Rathaus
Eine Europaflagge mit einem Trauerflor hängt zum Gedenken an Helmut Schmidt vor dem Rathaus © dpa | Axel Heimken
Eine Mutter und ihr Sohn legen vor dem Haus von Schmidt Blumen nieder
Eine Mutter und ihr Sohn legen vor dem Haus von Schmidt Blumen nieder © dpa | Christian Charisius
Kaum eine Stunde nach dem Tod von Schmidt versammeln sich die ersten Hamburger vor seinem Haus im beschaulichen Stadtteil Langenhorn
Kaum eine Stunde nach dem Tod von Schmidt versammeln sich die ersten Hamburger vor seinem Haus im beschaulichen Stadtteil Langenhorn © dpa | Bodo Marks
Sie legen Blumen nieder, zünden Kerzen an oder stehen einfach nur beieinander, um sich an „ihren“ Hamburger Ehrenbürger zu erinnern
Sie legen Blumen nieder, zünden Kerzen an oder stehen einfach nur beieinander, um sich an „ihren“ Hamburger Ehrenbürger zu erinnern © REUTERS | FABIAN BIMMER
Schmidt ist am Dienstag in seinem Haus in Langenhorn friedlich eingeschlafen
Schmidt ist am Dienstag in seinem Haus in Langenhorn friedlich eingeschlafen © REUTERS | FABIAN BIMMER
Hamburger legen vor dem Haus am Dienstagabend Blumen nieder
Hamburger legen vor dem Haus am Dienstagabend Blumen nieder © REUTERS | FABIAN BIMMER
Hamburg trauert um Helmut Schmidt
Hamburg trauert um Helmut Schmidt © dpa | Christian Charisius
Für viele zählte Schmidt zu den bedeutendsten Politikern der Nachkriegszeit
Für viele zählte Schmidt zu den bedeutendsten Politikern der Nachkriegszeit © REUTERS | FABIAN BIMMER
Trauerbeflaggung am Hamburger Rathaus
Trauerbeflaggung am Hamburger Rathaus © Roland Magunia | Roland Magunia
Der Hamburger Flughafen setzte die Flaggen am Dienstag auf Halbmast
Der Hamburger Flughafen setzte die Flaggen am Dienstag auf Halbmast © Hamburg Airport
Ebenso die Flagge am Steigenberger Hotel auf der Fleetinsel
Ebenso die Flagge am Steigenberger Hotel auf der Fleetinsel © Jakob Drechsler
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Bei der ersten freien Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft am 13. Oktober 1946 wird die SPD stärkste Partei und zieht mit 83 Abgeordneten in das 110 Sitze umfassende Parlament ein. Max Brauer, der begeisternde Redner von Planten un Blomen, wird Erster Bürgermeister. Zwei Jahre später tritt Schmidts Professor Karl Schiller das Amt als Wirtschaftssenator an.

Helmut Schmidt hat Feuer gefangen. In Neugraben wird er zum Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten innerhalb der SPD gewählt. Es folgt der Aufstieg zum Bundesvorsitzenden des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes. Im Dezember 1947 kommt es in Hannover zum ersten Treffen mit dem charismatischen SPD-­Parteichef Kurt Schumacher. Schmidt ist beeindruckt. Parallel schafft er 1949 seinen Abschluss zum Diplom-Volkswirt. Thema: „Die japanische Währungsreform im Vergleich mit der deutschen“. Im Juni 1948 wird die D-­Mark eingeführt. Deutschland rüstet sich für ein Wirtschaftswunder.

Noch ist indes nicht klar, ob die Schmidts in ihrer Heimatstadt bleiben können. Weil sich Helmuts Jobsuche nicht einfach gestaltet. Erfolglos spricht er in der Redaktion des „Hamburger Echo“ vor, einer während der Weimarer Republik gegründeten, sozialdemokratisch geprägten Zeitung. Sie veröffentlichte zuvor einige Artikel Schmidts, doch wird sein Gesuch abgelehnt. Ob ein bestimmter Redakteur des Blattes, der in Dresden geborene frühere Kommunist Herbert Wehner, an dieser Entscheidung beteiligt ist, bleibt unklar.

Schließlich klappt es mit der Festanstellung: Helmut Schmidt wird zunächst zum Referenten, anschließend zum Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung in der Behörde für Wirtschaft und Verkehr ernannt. Oberster Chef ist Senator Karl Schiller, Helmuts früherer Professor für Nationalökonomie. Die Zeit als Schillers persönlicher Referent bringt Helmut Schmidt entscheidend voran.

Drei Jahre später hievt ihn „Karlchen“ Schiller an die Spitze des Verkehrsamtes. Das gleichfalls noch junge Hamburger Abendblatt beschreibt am 26. Februar 1952 auf Seite drei die Karriere des „blitzgescheiten, aufstrebenden Volkswirts“ mit einer Meldung. Das „Hamburger Echo“ sieht ihn nun sogar menschlich. Nur nehme er es selbst mit der Verkehrssicherheit nicht so genau: „Helmut Schmidt fährt mit einer Nuckelpinne herum, bei der die Mitfahrer immer befürchten, dass sie auseinanderfällt.“

Gemeint ist ein VW Käfer. Das gute Stück ist gebraucht, stammt aus der Vorkriegszeit und schnurrt wie eine Nähmaschine. Einige Jahre später gönnt sich der bescheidene Schmidt Außerordentliches, eine Ausnahme in seinem Leben. Da Loki nur 250 Mark im Monat verdient und er nicht sehr viel mehr, beantragt er einen Bankkredit über die seinerzeit immense Summe von 5000 Mark. Davon leistet er sich einen gebrauchten Mercedes 170 Diesel. Unter dem Strich bewilligt wird das Darlehen von Karl Klasen, dem späteren Präsidenten der Bundesbank. Im Moment der Kreditbewilligung ist Klasen Vorstandsmitglied der Norddeutschen Bank. Die Herren sollten sich wiedersehen.

Schmidt arbeitet wie ein Weltmeister. Sein Büro befindet sich in den Großen Bleichen, vis-­à-vis vom damaligen Ohnsorg-­Theater. Nur ungern benutzt er den Paternoster: „Ich hatte Angst, dort irgendwann auf dem Kopf zu stehen.“ Trotz der aufwärts verlaufenden Karriere ist der Verbleib in der Hansestadt nicht sicher. Denn 1950 ergibt sich eine überraschende Option. Im Auftrag des Senats und der Wirtschaftsbehörde fliegt Abteilungsleiter Schmidt in die USA. Sein Job: Bei einer Messe in Hamburgs heutiger Partnerstadt Chicago Werbung für den Hamburger Hafen zu machen.

Als Senator (1961–1965): Hamburger waren ihm bis zuletzt
dankbar für sein Krisenmanagement bei der Flut 1962
Als Senator (1961–1965): Hamburger waren ihm bis zuletzt dankbar für sein Krisenmanagement bei der Flut 1962 © ullstein bild

Da ohnehin vor Ort, stattet er seinen Verwandten in Duluth in Minnesota einen Besuch ab. Onkel August hat es in der Neuen Welt zu einem gemachten Mann gebracht und rät seinem Neffen, diesem Beispiel zu folgen. Er könne auf der Stelle einen erstklassigen Job in seiner Eisengießerei übernehmen. Ein Besuch des florierenden Unternehmens und ein Blick auf den wohlhabenden Onkel wirken verführerisch. Wieder daheim in Othmarschen wägt er mit Loki das Für und Wider eines Landeswechsels ab. Loki ist skeptisch, der von Abenteuerlust und Wagemut inspirierte Helmut hin-­ und hergerissen. Doch mit Rücksicht auf die dreijährige Susanne und Lokis krisensichere Stellung als Lehrerin wird der Auswanderungsplan letztlich verworfen.

1953 zieht Schmidt über die SPD-Landesliste in den Bundestag ein. Längst hat er seine Heimat politisch von Neugraben nach Hamburg­-Nord verlagert. 13.000 Mitglieder haben die Sozialdemokraten dort, heutzutage unvorstellbar. Das erste Kreisbüro befindet sich in einer Baracke in Barmbek. Später ziehen die Nord­-Sozis an die Fuhlsbüttler Straße 790, in das noch bestehende Haus der Gartenfreunde.

Im Wahlkampf setzt Helmut Schmidt moderne, bis dato unbekannte Werbemittel ein. Der Regisseur Gyula Trebitsch dreht einen fünfminütigen Film über den Kandidaten, in dem auch Ehefrau Loki und Tochter Susanne eine Rolle spielen. Ein mobiler SPD-­Trupp sorgt dafür, dass der Spot bei Dunkelheit an die Wände von U­-Bahn-­Bögen projiziert wird. Ein echter Hingucker.

Am 12. Februar 1954, im Alter von 35 Jahren, hält Helmut Schmidt seine Jungfernrede im Bundestag. Vier Jahre später wird er als Mitglied des Fraktionsvorstandes abgewählt. Der Grund: Teilnahme des Hauptmanns der Reserve an einer Bundeswehrübung. 1961 geht’s zurück nach Hamburg, in den Senat. Im Februar 1962 meistert Polizeisenator Helmut Schmidt die Sturmflut. Couragiert, professionell, erfolgreich.

Noch höhere Aufgaben warten.

Morgen lesen Sie: Im Visier der Roten Armee Fraktion