Langenhorn. Weltberühmter Wohnsitz von Helmut Schmidt soll für Besucher geöffnet werden. Dort waren schon Breschnew und Kissinger zu Gast.

Die Menschen, die Helmut Schmidt nahestanden, haben wenige Stunden nach dem Tod des Altkanzlers andere Sorgen, aber die Absicht ist unverrückbar: Der legendäre Wohnsitz von Helmut und Loki Schmidt, das schlichte, rot geklinkerte Doppelhaus am Neubergerweg in Langenhorn mit dem angrenzenden Archiv, soll ein Museum werden, das allen Interessierten zugänglich ist.

So steht es auch ausdrücklich im Förderzweck der Helmut und Loki Schmidt Stiftung, in deren Regie nun die Realisierung des Projekts liegt: „Wahrung des Andenkens an Helmut Schmidts Wirken für Freiheit und Einheit des Deutschen Volkes, für Europa und für die Verständigung und Versöhnung unter den Völkern ...: durch die Erhaltung und Sicherung des Wohnhauses der Eheleute Helmut und Loki Schmidt in Hamburg-Langenhorn sowie der Bibliothek und solcher Gegenstände und Archivalien, die mit dem Wirken von H. und L. Schmidt ... in Verbindung stehen ...“

Ein Zuhause, in dem Politik gemacht wurde

Helmut Schmidt hat seine politische Erbschaft bis ins Detail geregelt. Zum Vermächtnis zählt der ausdrück­liche Wunsch des früheren Bundeskanzlers, das Doppelhaus nicht nur zu erhalten, sondern als Museum fort­zuführen. Auch finanziell haben die Schmidts für diese Vorgabe vorgesorgt. Die Helmut und Loki Schmidt Stiftung ist hervorragend ausgestattet, wie Schmidt-Kenner und Abendblatt-Redakteur Jens Meyer-Odewald schreibt. Der frühere Kanzler verdiente gut mit seinen Büchern und Vorträgen. Da die beiden Eheleute ein bescheidenes Leben führten, auf Luxus verzichteten, ist laut Meyer-Odewald ein „ansehnliches Vermögen“ zusammengekommen.

Blumen und Kerzen vor dem Schmidt-Haus am Neubergerweg
Blumen und Kerzen vor dem Schmidt-Haus am Neubergerweg © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Revierfoto

Eigentlich hatte Schmidt seinen engen, langjährigen Freund und Nachbarn Peter Schulz, Sozialdemokrat wie Schmidt und Hamburgs Erster Bürgermeister von 1971 bis 1974, gebeten, das Projekt Neubergerweg zu realisieren. Doch Schulz starb nach schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren bereits im Mai 2013. Die Verantwortung ging auf Schulz’ Sohn Olaf Schulz-Gardyan über, Rechtsanwalt wie sein Vater und längst in dessen Kanzlei Schulz, Noack, Bärwinkel eingetreten. Schulz-Gardyan ist Vorstand der Helmut und Loki Schmidt Stiftung.

Die Erhaltung und Öffnung des Schmidt-Hauses für die Nachwelt ist konsequent und naheliegend: Es dürfte wenig Privatdomizile von Politikern geben, in denen so ausgiebig Politik gemacht wurde wie eben bei Schmidts in Langenhorn. Legendär ist der Staats­besuch des damaligen KPdSU-Chefs Leonid Breschnew im Mai 1978. Breschnew, der Pomp offensichtlich schätzte, reiste mit Gefolge in 30 schwarzen Limousinen und eskortiert von der Motorradstaffel der Hamburger Polizei in den Norden Hamburgs, um auf dem Sofa von Helmut und Loki Schmidt Platz zu nehmen. Auch der frühere französische Staatspräsident Valérie Giscard d’Estaing und Ex-US-Außenminister Henry Kissinger waren häufig zu Gast in Langenhorn.

„Freitagsgesellschaft“ – Rangeleien um den Platz neben Loki

Dort wurde nicht nur Politik gemacht, das bescheidene Äußere und Innere des Anwesens waren selbst ein politisches Statement. Die Botschaft an den kommunistischen Herrscher Breschnew im Kreml und alle anderen lautete: „So lebt der deutsche Bundeskanzler – sehr bodenständig und in einem ganz normalen bürgerlichen Umfeld!“ Dazu gehörte die gediegene Gastlichkeit, für die Hausherrin Loki Schmidt sorgte. Wenn sie nicht selbst kochte oder backte, wurde ein nahe gelegenes Restaurant mit der Zubereitung der Speisen beauftragt.

KPdSU-Chef  Leonid Breschnew (l.) 1978 zu Gast in Langenhorn
KPdSU-Chef Leonid Breschnew (l.) 1978 zu Gast in Langenhorn © ullstein bild | ullstein bild

Und dann die berühmte „Freitagsgesellschaft“, die am Neubergerweg 30 Jahre lang – von 1985 bis zum Frühjahr 2015 – tagte: sechsmal im Winterhalbjahr, immer am zweiten Freitag des Monats. Ins Leben gerufen von Schmidt und Peter Schulz, zählen zu den Gründungsmitgliedern neben Altbürgermeister Henning Voscherau (SPD), Schmidts Leibarzt Prof. Heiner Greten auch die Christdemokraten Volker Rühe, Ex-Verteidigungsminister, und Ex-Studio-Hamburg-Chef Martin Willich. Dazu wurden zum Teil prominente Experten geladen, Politiker, Wissenschaftler, Künstler, die aus ihren Bereichen zu einem Thema referierten.

Zum Auftakt der Freitagsrunde ging es in die Kellerbar des Hausherrn, genannt die „Kneipe“. Wenn Loki Schmidt das Essen zubereitet hatte und mit einer Glocke an die Tafel bat, gab es eine feste Sitzordnung. An der Spitze saß die Gastgeberin, neben ihr hatte Peter Schulz einen Stammplatz. „Um den zweiten Platz neben Loki Schmidt gab es immer eine kleine Rangelei“, wie der Sozialdemokrat Manfred Lahnstein gerade enthüllte. Er war Kanzleramtschef und später Finanz- und Wirtschaftsminister im Kabinett Schmidt.

Die Museumsidee kommt auch bei den Passanten an, die jetzt zum Teil Blumen vor dem Haus ablegen. „Ich finde das gut. Es waren ja so viele Politiker dort, aus der ganzen Welt, da gibt es einiges zu sehen“, sagt die Langenhornerin Elli Zerbik. „Einfach dort zu sein, wo Helmut Schmidt gelebt hat, finde ich interessant“, sagt Christopher Mattisen, der aus Kaltenkirchen gekommen ist.

Wie Helmut Schmidt die Titelseiten füllt

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