Hamburg. Das Hamburger Verleihsystem gilt mit 2,4 Millionen Fahrten pro Jahr als das erfolgreichste in Deutschland. Probleme gibt es dennoch.

Das Hamburger Fahrradverleihsystem StadtRad befindet sich weiter auf Wachstumskurs, auch außerhalb der eigentlichen Innenstadt gibt es seit Anfang 2015 immer mehr Leihmöglichkeiten. So wurden in diesem Jahr bereits 37 neue Stationen in Betrieb genommen, wie die Verkehrsbehörde jetzt auf Anfrage mitteilte. Unter anderem kann man nun auch in Harburg erstmals die roten Räder leihen. Zwei weitere Stationen an der Weidestraße in Barmbek-Süd und an der U-Bahn-Station Niendorf-Nord sollten noch in dieser Woche angeschlossen werden. Damit ist die StadtRad-Flotte von ursprünglich 800 Rädern im Jahr 2009 auf 1800 angewachsen. Mit den beiden neuen Stationen gibt es in Hamburg aktuell 170 Leihstationen. Beim Start von StadtRad im Juli 2009 waren es noch 68.

Mindestens 35 weitere Stationen sollen der Behörde zufolge in nächster Zeit folgen, für 23 Standorte gibt es bereits konkrete Standorte. Dieser Ausbau ist Bestandteil des rot-grünen Koalitionsvertrags in Hamburg. Der neue Senat hatte dazu den jährlichen Zuschuss der Stadt um rund 460.000 Euro auf jetzt 2,1 Millionen erhöht.

Betrieben wird das Verleihsystem von der Deutschen Bahn, die ähnliche auf Funk- und Internettechnik basierte Radleihsysteme auch in anderen deutschen Städten anbietet. „Aber das Hamburger StadtRad ist mit Abstand das erfolgreichste“, sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. So registrierte StadtRad Hamburg 2014 rund 2,4 Millionen Fahrten. In diesem Jahr waren es mit Stand 30. September bereits knapp zwei Millionen Fahrten. Zum Vergleich verweist der Bahnsprecher auf Berlin, wo das ebenfalls von der Bahn betriebene Radverleihsystem im vergangenen Jahr lediglich 339.000 Fahrten gezählt habe. So viel wie in Hamburg allein im August 2015 erreicht werden.

Überwiegend genutzt wird das StadtRad erwartungsgemäß dann auch in den Sommermonaten: An Spitzen­tagen gibt es mehr als 10.000 Ausleihvorgänge. Der bisherige Rekord wurde mit 13.000 Fahrten in diesem Jahr im Mai erreicht. Allerdings fehlen an solchen Tagen an manchen Stationen Räder, wie Kunden im Sommer klagten.

Und selbst im Winter werden die roten Räder gut nachgefragt, sagt Meyer-Lovis. Einige Tausend Ausleihen registriert die Bahn auch dann. Die Flotte der Räder wird daher in der kalten Jahreszeit nur um 20 Prozent reduziert. Meyer-Lovis: „An regnerischen Tagen gibt es zwar wenige Nutzer, sobald es aber trocken wird, springen die Zahlen auch im Winter stark an.“ Den Erfolg der Hamburger Leihräder erklärt der Bahnsprecher mit einem „attraktiven Preismodell“. So ist in Hamburg die erste halbe Stunde der Nutzung kostenlos – knapp 90 Prozent aller Fahrten bleiben in diesem Bereich.

Die Anmeldung und Freigabe der Räder funktioniert per Mobiltelefon oder Internet in Kombination mit einem Funksignal zur Öffnung des Schlosses. Offensichtlich spricht dies vor allem junge Radfahrer an. Von den rund 322.000 registrierten Kunden in Hamburg sind laut einer aktuellen Statistik vom September 2015 rund 76 Prozent jünger als 45 Jahre. Lediglich acht Prozent sind älter als 55 Jahre. Diese Altersstruktur spiegelt sich auch an den drei beliebtesten Ausleihstationen wider: Allende-Platz, Schulterblatt und Neuer Pferdemarkt – alle in der Nähe von Uni und Szenevierteln.

Durch den Erfolg des Hamburger Systems sehen sich vor allem die Grünen in Hamburg in ihrem Ziel bekräftigt , Hamburg zu einer Radfahrstadt zu entwickeln. „Das StadtRad ist dabei ein wichtiger Baustein, weil es zum Umsteigen aufs Rad animiert“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Martin Bill. Gerade in der Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr liege die Stärke.

Der Allgemeine Deutsche FahrradClub (ADFC) bewertet das StadtRad nicht ganz so euphorisch. „Wir begrüßen es natürlich, aber es ist mehr ein Nice-to-Have, weniger ein wichtiger Baustein“, sagt der Hamburger ADFC-Sprecher Dirk Lau. Wichtig aus seiner Sicht sei eine Ausweitung des Verleihsystems auf Lastenräder, wenn man noch stärkere Effekte erzielen wolle. Lau: „Das ist der absolute Trend in den Städten.“ So bietet der ADFC in der Hansestadt seit Kurzem ein Lastenrad zum kostenlosen Verleih an, um den Bedarf zu testen. Es ist für Monate bereits ausgebucht.