Hamburg. Die Stadt hat eine Initiative gestartet, um noch mehr auf Hamburg aufmerksam zu machen. 15 Plätze sehen Sie hier.
Mit der Liebe ist es so eine Sache. Großartig kann sie sein, leidenschaftlich sollte sie sein, schmerzhaft ist sie manchmal auch. Oder heimlich. Und genau das will die Hansestadt jetzt beenden. Sie hat sich geoutet. „Hamburg loves film“ heißt die gemeinsame Initiative der Film Commission der Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein (FFHSH) und der Hamburg Tourismus GmbH. Es ist ein Bekenntnis und ein Angebot an Kinoliebhaber und gleichermaßen an Filmschaffende, die hier vor allem günstige Arbeitsbedingungen vorfinden sollen.
Ein Ziel der Zusammenarbeit ist aber zunächst einmal, Touristen die Stadt mit anderen Augen sehen zu lassen. Dazu wurden jetzt drei Online-Touren zusammengestellt, mit denen Interessierte – zunächst nur virtuell – an Drehorte im Stadtgebiet reisen können. Eine Tour ist für Krimifans. Wer also immer schon mal wissen wollte, wo beim „Großstadtrevier“ der Ede ums Eck kommt und wo Dirk Matthies alias Jan Fedder nach großen Haien und kleinen Fischen sucht, soll auf dieser Tour Aha-Erlebnisse haben.
Und natürlich führen jede Menge Spuren zum „Tatort“. Zurzeit ermitteln hier Nik Tschiller (Til Schweiger) und Yalcin Gümer (Fahri Yardim), aber sie hatten schon viele Kollegen und Vorgänger. Wotan Wilke Möhring, Mehmet Kurtulus, Manfred Krug, Charles Brauer, Robert Atzorn. Walter Richter spielte 1970 im ersten „Tatort“, der überhaupt ausgestrahlt wurde, den Hamburger Kommissar Trimmel.
Aber nicht alle Filmfans lieben Krimis. Es gibt ja auch noch viel mehr zu entdecken. Eine andere Tour widmet sich den „Hamburg-Highlights“, also Filmen, welche die Stadt in einem besonderen Licht erscheinen lassen. Wo stand noch mal das „Soul Kitchen“ in Fatih Akins gleichnamiger Tragikomödie? Welche Schauplätze hat sich Regisseur Anton Corbijn für seine John-le-Carré-Verfilmung „A Most Wanted Man“ ausgesucht? Und wo hängen die Freunde Floyd, Ricco und Walter ab, bevor sich ihre Wege in „Absolute Giganten“ für immer trennen?
London, Barcelona, Brügge und sogar Ystad haben es vorgemacht
Die dritte Tour schließlich wird sich als Familienforum einem besonderen TV-Dauerbrenner widmen. Die „Pfefferkörner“ sind eine Gruppe von ganz jungen Ermittlern, die von der Speicherstadt aus Kleinkriminellen das Handwerk legen. Seit 1999 ermitteln sie. Bisher wurden schon 143 Folgen gedreht. Ab November ist das achte Kinderteam in der zwölften Staffel am Start. In einem ersten Schritt kann also, wer will, all die vorgenannten Drehorte mithilfe einer Internet-App selbst aufsuchen. Geplant sind aber bereits auch Rundgänge, Fahrradtouren und womöglich sogar eine Video-Bustour.
Mit dieser Initiative ist Hamburg relativ spät dran, aber auf dem richtigen Weg. In anderen Städten wie London (James Bond, Sherlock Holmes, Paddington Bär), Barcelona („Vicki Cristina Barcelona“), Ystad (Kommissar Wallander) sogar in Brügge („Brügge sehen ... und sterben?“) gibt es bereits entsprechende Angebote. Der Reiz liegt darin, dass man eben nicht nur etwas über Filme oder ihre Protagonisten erfährt, sondern ganz nebenbei auch Informationen über die Stadt und ihre Geschichte bekommt.
Richten sich diese Angebote in erster Linie an interessierte Laien, haben die FFHSH und Hamburg Tourismus mit einem weiteren Angebot die Profis im Visier. Gerade internationalen Koproduktionen soll die Hansestadt als Drehort schmackhaft gemacht wer-den. In diesem Sinne knüpft Hamburg Tourismus Kontakte zu Hotels, die Filmteams Sonderkonditionen anbieten. Und auch die FFHSH legt sich in die Riemen. „Das Motto lautet: Wir zeigen euch alles, was für euch interessant sein könnte“, sagt Alexandra Luetkens von der Film Commission. Das bedeutet eine Tour zu den gewünschten Locations, Kontakte zu den Dienstleistern knüpfen – wie zum Beispiel Postproduktions-Firmen, Studios, möglichen Koproduktionspartnern. Aber auch die Fördermöglichkeiten erläutern. Eines der Teams, die diesen Service schon in Anspruch genommen haben, bedankte sich bei der Film Commission mit dem Lob: „Ihr wisst, wie man sich um Filmemacher kümmert.“
Tatsächlich hat es ja gerade in jüngerer Zeit schon einige internationale Produktionen gegeben, die in Hamburg Station machten. Viel Aufsehen erregten 1997 die Dreharbeiten zu „Der Morgen stirbt nie“, in dem der damals amtierende James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan einen abenteuerlichen Auto-Stunt bewältigte, der am Hotel Atlantic begann und „gleich gegenüber auf der Mönckebergstraße“ endete. Der leider schon verstorbene Philip Seymour Hoffman und Willem Dafoe waren die Stars in der hier gedrehten John-le-Carré-Verfilmung „A Most Wanted Man“, bei welcher der bekannte Fotograf Anton Corbijn Regie führte. Danach lobte der Regisseur die Stadt als Schauplatz über den grünen Klee und kam zurück, um seinen neuen Film „Life“ hier zu bearbeiten.
Das Fördergeld wird zu 150 Prozent wieder in der Stadt ausgegeben
Corbijns Thriller-Verfilmung haben offenbar viele Filmemacher gesehen. Denn tatsächlich erwägen immer mehr, ebenfalls in der Hansestadt zu drehen. „Die Scouts berichten seitdem jedenfalls von einer deutlich gesteigerten Nachfrage“, freut sich Christiane Dopp von der Film Commission. So drehte beispielsweise Tilda Swinton hier ein paar Szenen für Jim Jarmuschs Film „Only Lovers Left Alive“. Peter Dinklage stand in Hamburg für die Karen-Duve-Verfilmung „Taxi“ vor der Kamera, Kim Basinger für „Um jeden Preis“. Ebenso hat sich das Team von „Das Löwenmädchen“ angekündigt, zu dem unter anderen Julie Delpy, Rolf Lassgård und Ulrich Tukur gehören.
Das Fördergeld, das die FFHSH in die Produktionen steckt, ist übrigens keineswegs verloren. 150 Prozent der gezahlten Summe müssen wieder in der Stadt ausgegeben werden – für Übernachtungen, Mitarbeiter, Catering und so weiter. Die Stadt profitiert also durchaus von den zuvor unterstützten Filmen. Welche Auswirkungen eine möglicherweise erfolgreiche Olympiabewerbung Hamburgs auf den Filmstandort hätte, ist im Moment sicher noch nicht abzusehen. Wie man mit Olympia Werbung für eine Stadt, die Spiele und den Film gleichzeitig machen kann, hat zuletzt aber der britische Regisseur Danny Boyle gezeigt, als er für die Eröffnungsfeier der Spiele in London 2012 einen Kurzfilm inszenierte. James-Bond-Darsteller Daniel Craig und die Queen waren darin in selbstironischen Kurzauftritten zu sehen, die mit einem spektakulären Fallschirmabsprung über dem Stadion endeten. Es war eine geniale Idee, die sich so wohl kaum wiederholen ließe. Oder hat schon jemand bei Til Schweiger und Angela Merkel angefragt?
Drehorte entdecken www.hamburg-tourism.de/sehenswertes/filmstadt-hamburg