Hamburg/Berlin. Noch findet der Funkverkehr im Hamburger Hafen auf Deutsch statt. Das soll sich nach dem Willen der rot-grünen Regierung bald ändern.

Der Hafen gehört zu Hamburg und Hamburg zu Deutschland. Da liegt es für viele Menschen nahe, dass die Amtssprache im Hafen auch Deutsch ist. Doch das will die Regierungskoalition aus SPD und Grünen nach Abendblatt-Informationen nun ändern. Sie möchte Englisch als erste Amtssprache einführen. Noch findet der tägliche Funkverkehr auf Deutsch statt – oft eine Schwierigkeit für die Kapitäne aus fernen Ländern.

Im internationalen Luftverkehr ist die Nutzung der englischen Sprache längst selbstverständlich. Und auch auf den mit Abstand meisten nach Hamburg einfahrenden Schiffen gilt Englisch als Bordsprache. Die Reviersprache im Hamburger Hafen ist hingegen Deutsch. Es besteht sogar eine Meldepflicht in deutscher Sprache. Zwar werden Lagemeldungen, Informationen zu Wetter und Verkehr und Warnungen sowohl in deutscher wie auch in englischer Sprache verbreitet. Es bleiben aber dennoch Hemmnisse in der Kommunikation bestehen.

Der Lotse fungiert auf der Brücke oftmals als Übersetzer

„Der Kapitän, der auch wenn ein Lotse an Bord ist, weiterhin die volle Verantwortung für sein Schiff trägt, ist oftmals nur eingeschränkt in der Lage, dem Sprachverkehr der Steuerzentrale im Kanal, der Revierzentrale oder der Schlepper zu folgen. Dann muss der Lotse den Funkverkehr erst einmal übersetzen“, sagt der hafenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Seeler. „Um die Sicherheit im Schiffsverkehr zu gewährleisten, ist es aber notwendig, dass wichtige Informationen von allen verstanden werden.“ Seeler hat deshalb mit seiner Fraktion sowie den Grünen einen Antrag formuliert, der direkt nach den Herbstferien in die Bürgerschaft geht. Darin wird der Senat dazu aufgefordert, mit den Reedern, Schiffsmaklern, Seehafenbetrieben und der Bundeslotsenkammer darüber zu sprechen, wie Englisch als Amtssprache in deutschen Seerevieren eingeführt werden kann.

Diesen Prozess anzustoßen ist auch Anjes Tjarks wichtig. Der Fraktionsvorsitzende und hafenpolitische Sprecher der Grünen sagt: „Hamburg ist ein Welthafen und deswegen ist das Ziel klar: Englisch muss auch bei uns in der Kommunikation mehr Gewicht bekommen. Das erhöht die Sicherheit des Schiffsverkehrs.“

Zudem soll die Seeschifffahrtsverordnung geändert werden. Dieser zufolge sind Lagemeldungen erst auf Deutsch dann auf Englisch im Funk zu verbreiten. Die Sprachreihenfolge soll umgedreht werden. Dazu muss der Senat auf Bundesebene tätig werden. Nicht zuletzt soll der Senat mit Zoll und Behörden klären, inwieweit Anträge und Genehmigungen künftig auf Englisch gestellt und erteilt werden können. Viele Schiffsführungen sind nämlich gar nicht in der Lage, die notwendigen schriftlichen Formalitäten in deutscher Sprache zu erledigen.

„Das geht bei der Einklarierung der Zolldokumente los, die auf Deutsch verfasst sein müssen. Bisher mussten beispielsweise die Schiffsagenten hier in Hamburg mühsam die auf Englisch verfasste persönliche Habenliste der Seeleute an Bord ins Deutsche übersetzen. Das bindet einfach Zeit“, sagt Seeler. Auch die Anlege-Genehmigung durch das Oberhafenamt ist auf Deutsch zu beantragen.

Parade der Traditionsschiffe

Die „Schaarhörn“ wurde 1908 als Vermessungs- und Repräsentationsschiff gebaut
Die „Schaarhörn“ wurde 1908 als Vermessungs- und Repräsentationsschiff gebaut © Michael Schwartz | Michael Schwartz
Das Polizeiboot „Ottenstreuer“ war in den 50er-Jahren im Einsatz und konnte auch bei Eisgang fahren
Das Polizeiboot „Ottenstreuer“ war in den 50er-Jahren im Einsatz und konnte auch bei Eisgang fahren © B.Nicolaisen | B.Nicolaisen
Das Feuerlöschboot „Feuerwehr IV“ wurde 1930 gebaut und 1980 erst außer Dienst gestellt
Das Feuerlöschboot „Feuerwehr IV“ wurde 1930 gebaut und 1980 erst außer Dienst gestellt © B.Nicolaisen | B.Nicolaisen
Der 1907 gebaute Besan-Ewer „Moewe“ trägt zwei Masten, der hintere ist der Besan-Mast
Der 1907 gebaute Besan-Ewer „Moewe“ trägt zwei Masten, der hintere ist der Besan-Mast © Till F. Braun | Till F. Braun
Die „Johanna v. Oevelgönne“ wurde 1910 gebaut und in Holland als wendiges „Milchboot“ betrieben
Die „Johanna v. Oevelgönne“ wurde 1910 gebaut und in Holland als wendiges „Milchboot“ betrieben © Peter Schmidtke | Peter Schmidtke
Der Segler „Anthea“ ist ein sehr seegängiges Lotsenboot: ein Bootstyp, der in Norwegen entwickelt wurde
Der Segler „Anthea“ ist ein sehr seegängiges Lotsenboot: ein Bootstyp, der in Norwegen entwickelt wurde © Ristow | Ristow
Die „Süderelbe“ ist ein 1937 gebautes Inspektionsschiff, schlank aber gut für die Niederelbe geeignet
Die „Süderelbe“ ist ein 1937 gebautes Inspektionsschiff, schlank aber gut für die Niederelbe geeignet © © michael schwartz photographie | © schwartz photographie
Das Feuerlöschboot „Repsold“ fuhr bis 1984 für die Feuerwehr, neu ist der hintere Aufbau
Das Feuerlöschboot „Repsold“ fuhr bis 1984 für die Feuerwehr, neu ist der hintere Aufbau © Michael Kummer | Michael Kummer
Der 1883 gebaute, äußerst seetüchtige Lotsenschoner „Elbe No 5“ wurde in der Elbmündung eingesetzt
Der 1883 gebaute, äußerst seetüchtige Lotsenschoner „Elbe No 5“ wurde in der Elbmündung eingesetzt © Michael Schwartz | Michael Schwartz
Das Rettungsboot des Museumsfrachters „Cap San Diego“ nimmt als Stellvertreter seines Mutterschiffs teil
Das Rettungsboot des Museumsfrachters „Cap San Diego“ nimmt als Stellvertreter seines Mutterschiffs teil © Jens Weber | Jens Weber
„Präsident Freiherr von Maltzahn“, ein 1928 gebauter Finkenwerder Fischkutter
„Präsident Freiherr von Maltzahn“, ein 1928 gebauter Finkenwerder Fischkutter © Till F. Braun | Till F. Braun
Die „Hoop op Welvaart“ ist eine niederländische Tjalk und damit vergleichbar mit deutschen Ewern
Die „Hoop op Welvaart“ ist eine niederländische Tjalk und damit vergleichbar mit deutschen Ewern © Till F. Braun | Till F. Braun
Die „Karl“ fuhr als Inspektionsschiff des Hamburger Hafenkapitäns noch vor wenigen Jahren auf der Elbe
Die „Karl“ fuhr als Inspektionsschiff des Hamburger Hafenkapitäns noch vor wenigen Jahren auf der Elbe © Andreas Wenzel | Andreas Wenzel
Die Barkasse „Joh. H. Wiechern“ fährt heute als Seelsorger-Schiff der Flussschifferkirche im Hafen
Die Barkasse „Joh. H. Wiechern“ fährt heute als Seelsorger-Schiff der Flussschifferkirche im Hafen © M.Jahnke | M.Jahnke
Die Dampf-Pinasse „Mathilda“, Pinassen waren größere Beiboote, beispielsweise von Kriegsschiffen
Die Dampf-Pinasse „Mathilda“, Pinassen waren größere Beiboote, beispielsweise von Kriegsschiffen © B.Nicolaisen | B.Nicolaisen
Früher fuhr das Schiff für die Hadag als Fähre im Hafen, heute ist die „Großer Michel“ ein Eventschiff
Früher fuhr das Schiff für die Hadag als Fähre im Hafen, heute ist die „Großer Michel“ ein Eventschiff © © michael schwartz photographie | © schwartz photographie
Die 1957 gebaute „Marxen“ war für die Hamburger Hafenlotsen als Versetzboot auf der Elbe unterwegs
Die 1957 gebaute „Marxen“ war für die Hamburger Hafenlotsen als Versetzboot auf der Elbe unterwegs © Heino Schlichting | Heino Schlichting
Die in den 1940er-Jahren gebaute „Jonne“ ist eine typische Werft-Barkasse ihrer Zeit
Die in den 1940er-Jahren gebaute „Jonne“ ist eine typische Werft-Barkasse ihrer Zeit © B.Nicolaisen | B.Nicolaisen
Der Dampfeisbrecher „Elbe“ wurde 1911 an der Havel gebaut und war auf der Oberelbe im Einsatz
Der Dampfeisbrecher „Elbe“ wurde 1911 an der Havel gebaut und war auf der Oberelbe im Einsatz © Jan Hennings | Jan Hennings
Das Feuerschiff „Elbe 3“ ist das größte Schiff der Parade und liegt sonst als Wahrzeichen in Oevelgönne
Das Feuerschiff „Elbe 3“ ist das größte Schiff der Parade und liegt sonst als Wahrzeichen in Oevelgönne © Jan Hennings | Jan Hennings
Die „Friedrich“ ist ein typisches, offenes Arbeitsboot der Hamburger Festmacher aus den 60er-Jahren
Die „Friedrich“ ist ein typisches, offenes Arbeitsboot der Hamburger Festmacher aus den 60er-Jahren © Jan Hennings | Jan Hennings
Die „Landrath Küster“ wurde 1889 in Cranz gebaut und fuhr 80 Jahre lang zum Fischfang auf die Nordsee
Die „Landrath Küster“ wurde 1889 in Cranz gebaut und fuhr 80 Jahre lang zum Fischfang auf die Nordsee © © michael schwartz photographie | © schwartz photographie
Der Dampfschlepper „Tiger“ wurde 1910 gebaut und war bis 1978 im
Der Dampfschlepper „Tiger“ wurde 1910 gebaut und war bis 1978 im © Michael Schwartz | Michael Schwartz
Die „Frieda“ ist ein typischer Frachtensegler aus Finkenwerder, der jetzt sogar als Denkmal eingetragen ist
Die „Frieda“ ist ein typischer Frachtensegler aus Finkenwerder, der jetzt sogar als Denkmal eingetragen ist © Jan Hennings | Jan Hennings
Der Holz-Fischerewer „Catarina“ führt die Parade an. Er wurde 1889 am Köhlbrand für einen Elbfischer gebaut
Der Holz-Fischerewer „Catarina“ führt die Parade an. Er wurde 1889 am Köhlbrand für einen Elbfischer gebaut © Michael Kummer | Michael Kummer
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Unterstützung erhält der rot-grüne Antrag von der Vereinigung der Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten (VHSS). „In den Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen ist Englisch gang und gäbe. Wir müssen den Hamburger Hafen internationaler machen“, sagt der VHSS-Vorsitzende Christian Koopmann. Der Zoll habe sich bereits bewegt und lasse auch englische Dokumente zu. „Entscheidend ist aus unserer Sicht aber, dass Aussagen auf Englisch auch rechtsverbindlich gelten. Nicht, dass es nachher heißt, man habe etwas anders verstanden“, sagt Koopmann. Die Schiffsmakler unterstützen auch den Vorstoß, nicht nur im Hafen, sondern während der gesamten Revierfahrt Englisch zur ersten Sprache zu machen. „Hier ist es in der Vergangenheit auf den Brücken der Schiffe immer wieder zu Missverständnissen gekommen.“

Gutachten empfiehlt Englisch als erste Sprache für Verkehrsinformationen

Dass die Hamburger mit ihrer Initiative auf dem richtigen Weg sind, zeigt ein Gutachten, dass das Hamburg Port Training Institute (HPTI) vor einigen Jahren für die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest des Bundes erstellte. Dort wird empfohlen, Englisch als Primärsprache für Verkehrsinformationen einzuführen, damit der Kapitän dem Funkverkehr zwischen Verkehrsleitzentrale und Lotse folgen kann.

Das Gutachten beruft sich dabei vor allem auf die größere Sicherheit: „Das Schiffssicherheitsgesetz SOLAS impliziert, dass die Informationen in erster Linie auf Englisch erfolgen sollten, um zu gewährleisten, dass alle Verkehrsteilnehmer der Kommunikation folgen können“, heißt es in dem Gutachten des HPTI.

Mitte 2016 soll der Senat der Bürgerschaft berichten, was er erreicht hat. Eines ist jetzt schon klar: Hafenrundfahrten wird es auch künftig auf Deutsch geben.