Tausende Flüchtlinge in Hamburg leben schon länger als die vorgesehenen drei Monate in Erstunterkünften. Dutzende seit über einem Jahr.
Die Gewaltfälle in Flüchtlingsheimen häufen sich: Nachdem sich Albaner und Afghanen am Dienstag an der Dratelnstraße in Wilhelmsburg mit Eisenstangen attackierten, kam es am Mittwoch in einer Notunterkunft in Bergedorf zu einem weiteren Großeinsatz der Polizei. Dabei drohte die vierte Massenschlägerei in einer Woche. Warum kommt es momentan vermehrt zu Gewalt in den Unterkünften?
Psychologen sehen die Gründe in der extremen Enge, Frust und der Verweildauer der Flüchtlinge in den Unterkünften. Derzeit leben rund 4200 Menschen in Hamburg länger als die vorgesehenen drei Monate in den Erstunterkünften, 30 von ihnen sogar seit über einem Jahr. Anfang September waren es noch mehr als 3000 dieser Dauergäste in der Hansestadt.
Die Streitereien entbrennen oft bei der Essensausgabe und an den Waschräumen. Zum Winter wollen alle Flüchtlinge aus den Zelten unter einem befestigten Dach schlafen. „Das Gefühl, benachteiligt zu werden, kann den sozialen Frieden massiv gefährden“, sagt eine Sprecherin von „Fördern & Wohnen.“
Innensenator Michael Neumann (SPD) sagte bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen der fünf norddeutschen Bundesländer in Kiel, die Menschen seien nach der Flucht „nicht ausgeruht und relaxt“, sondern hätten oftmals dünnere Nerven. Gewalt werde aber nicht akzeptiert: „Wer sich hier nicht an die Regeln hält, der fliegt raus.“ Zudem regte er eine stärkere Einbindung von Flüchtlingen bei der Einrichtung von Erstaufnahmen an. „Wer erstmal 100 Ikea-Betten aufgebaut hat, der ist hinterher wahrscheinlich nicht mehr kraftvoll genug, sich noch zu prügeln.“