Hamburg. Bis Ende 2016 sollen in Hamburg 180.000 der neuen Messgeräte in Betrieb sein. Bei Neubauten sind sie bereits Standard.
In Hamburg wird der Stromverbrauch mehr und mehr digital gemessen. Bis zum Jahresende werden 123.000 Stromkunden über ein sogenanntes Smart Meter verfügen, einem elektronischen Zähler, in dem sich keine Zählscheibe mehr dreht. Die neuen Geräte können später weiter aufgerüstet werden, um Angebot und Nachfrage von Strom aufeinander abzustimmen. Wenn zum Beispiel viel Wind- oder Sonnenstrom eingespeist wird, kann eine parallel erhöhte Nachfrage das Netz stabilisieren. Die Stromversorger könnten dieses Verhalten dann mit einem niedrigeren Preis belohnen.
„Mit dem Smart Metering können Hamburgerinnen und Hamburger in Zukunft ihr Stromnetz ein Stück weit steuern – zu ihrem eigenen Vorteil und zum Vorteil der Stromnetzbetreiber“, sagte Jens Kerstan (Grüne), Senator für Umwelt und Energie. Er weihte am Montag in der HafenCity einen Info-Pavillon der Stromnetz Hamburg GmbH ein. Sie betreibt im Auftrag der Stadt das Netz. Vor zwei Jahren hatte ein Volksentscheid festgelegt, dass das Stromnetz vom Unternehmen Vattenfall zurück an die Stadt verkauft werden muss.
„Stromnetz Hamburg treibt jetzt proaktiv die Energiewende voran“, lobte Kerstan. Ein wichtiger Baustein sei die Digitalisierung des Netzes, „wir nennen das „Norddeutsche Energiewende 4.0“.
Ende 2016 sollen 180.000 digitale Messgeräte in Betrieb sein, plant Eric Kallmeyer, Geschäftsführer der Vattenfall Metering GmbH. Der Messdienstleister soll 2016 in die Stromnetz Hamburg GmbH übergehen, die insgesamt 1,2 Millionen Zählstellen unterhält. Sie baut die neuen Zähler bereits flächendeckend und für die Kunden kostenneutral ein, wenn irgendwo ein Messgerät installiert werden muss.
Die digitalen Stromzähler haben zwar ein Display, auf dem der aktuelle Stromverbrauch abzulesen ist. Sie bieten aber keine Fernübertragung der Verbrauchsdaten, und die ist Voraussetzung für eine intelligente Netzsteuerung (Smart Grid). Anders als bei herkömmlichen Zählern, die den Stromkonsum nur zusammen erfassen, können Kunden immerhin anhand von Einzeldaten den zeitlichen Verlauf ihres Verbrauchs ermitteln. Doch dazu müssen sie jeden Messwert umständlich am Stromzähler ablesen und eigene Statistiken führen. Abhilfe bietet eine „Stromtracker“-App von Stromnetz Hamburg für iPhone-Nutzer. Mit ihr lässt sich am Gerät die Verbrauchsanzeige wie bei einem Barcode-Scanner einlesen. Daraus erstellt die App eine Verbrauchsübersicht im Zeitverlauf. Eine Ampeldarstellung zeigt an, wie der Stromverbrauch im Verhältnis zum eigenen Durchschnitt und dem von vergleichbaren Haushalten liegt.
Die digitale Verbrauchsmessung legt die Basis für ein Smart Grid, das nicht nur, wie bislang, ausschließlich über die Stromproduktion gesteuert wird, sondern auch über den Verbrauch. Smart Grids sollen einen Beitrag leisten, um das Problem der schwankenden Stromeinspeisung durch die erneuerbaren Energien zu lösen. Steht viel Wind- oder Solarstrom zur Verfügung, könnten Verbraucher, deren Stromabnahme zeitlich variabel ist, viel Energie nachfragen. Herrscht im Netz eher Flaute, so halten sich diese Verbraucher zurück. Große Konsumenten sind besonders interessant für Smart Grids, etwa ein Kühlhaus, das zeitvariabel Kälte produziert. Aber auch Kleinverbraucher könnten zum Beispiel ihre Waschmaschinen erst loslaufen lassen, wenn besonders viel – preiswerterer – Strom verfügbar ist.
Hamburgs größter Versorger Vattenfall bietet schon heute einen Tarif an, der nachts (21–6 Uhr) einen um vier Eurocent günstigeren Preis beinhaltet. Für ein Tarifkonzept im Zusammenhang mit Smart Grids sei es jedoch noch zu früh, sagt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow.
Bislang gibt es in Hamburg nur einige Pilotprojekte, die Smart Grids erproben. Den Weg zur breiteren Einführung ebnen aber erst sogenannte intelligente Messsysteme, die ihre Daten in Echtzeit an den Netzbetreiber senden. Bislang gebe es noch keine zertifizierten Geräte, sagt Matthias Ridder, Leiter des Kundenmanagements bei Stromnetz Hamburg. „Der rechtliche Rahmen für diese Messsysteme, etwa Vorgaben zum Datenschutz, wird gerade erarbeitet – ein Gesetzentwurf ist in der Abstimmung.“ Technisch seien diese Systeme marktreif, so Ridder.
Ab 2017 erwartet er, dass die intelligenten Messsysteme in größeren Mengen verfügbar sein werden. Zählstellen mit Jahresverbräuchen von mehr als 6000 Kilowattstunden müssen dann verbindlich damit ausgestattet sein. Aber auch private Haushalte können an der Energiewende 4.0 teilnehmen.
Der neue Info-Pavillon
Adresse:
San-Francisco-Straße 1, neben dem Heizkraftwerk
Öffnungszeiten:
Di–Do, 10–15 Uhr, Fr–So, 10–18 Uhr