Hamburg. Stiftung ermöglichte der 41-Jährigen und ihren Söhnen eine Schottland-Reise. Ein erfüllter Wunsch, der Barbara M. veränderte.
Mit dem Tod ist Barbara M. längst per Du. Spätestens, seitdem sie dieses Arrangement mit ihm getroffen hat. „Wenn ich es in den nächsten Monaten noch mal schaffe, wieder fitter zu werden, dann kannste mich mal direkt wieder von Deiner Liste streichen“, sagte sie ihm damals.
Das Arrangement ist nun drei Jahre her und ihre Diagnose war noch ganz frisch. Nachdem es ihr bereits über viele Monate immer schlechter gegangen war, konnten ihr die Ärzte endlich den Grund dafür sagen. Die 41-Jährige leidet an einer Krankheit, deren Name ihr so locker über die Lippen geht, als würde sie Käsekuchen sagen: Alpha-1-Antitrypisin-Mangel. Eine Erbkrankheit, die zu Leberzirrhose und Lungenephysemen, eine Überblähung der Lungenbläschen, führt. Dass sie an dieser Krankheit irgendwann sterben wird, stand von Anfang an fest. Dass es womöglich sehr bald sein wird, wurde im vergangenen Dezember Gewissheit. Nach einem weiteren Gentest stellte sich heraus, dass sie an der schlimmstmöglichen Form der Erkrankung leidet. Die Ärzte gaben der Mutter zweier Kinder nur noch wenige Monate.
Auf den ersten Blick sieht man der groß gewachsenen Frau nicht an, dass sie unheilbar krank ist. Nur wenn sie zwischen den Sätzen manchmal sehr schwer atmet und hustet, spürt man, dass etwas nicht stimmt. Von ihrem Lungenvolumen sind noch rund 28 Prozent geblieben. Alles kostet jetzt viel Kraft.
Stiftung erfüllte der Hamburgerin den letzten Wunsch
Wenn ihr 21 Jahre alter Sohn in der Fachhochschule und der Neunjährige in der Grundschule ist, gibt es Momente, in denen wenig bleibt von dieser taffen Aura, die sie sonst umgibt. In solchen Momenten schaut sie sich oft die Fotos von der Schottlandreise an, die sie im April mit ihren Kindern gemacht hat. Eine Reise, mit der für sie ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen ist. Dass er wahr wurde, hat die Hamburger Stiftung „Ein letzter Wunsch“ möglich gemacht, an die sich eine gute Freundin von Barbara M. nach der schlimmen Diagnose gewandt hat.
Gegründet wurde die Stiftung 2008 von dem Hamburger Ehepaar Marianne und Hans-Michael Kay. „Der letzte Wunsch ist ein zentrales Thema in der letzten Lebensphase“, sagt Hans-Michael Kay. „Oft können die Betroffenen erst loslassen, wenn sie etwas Bestimmtes noch erledigt oder erfahren haben.“ Die Stiftung hat bereits unterschiedlichste Wünsche wahr gemacht: noch einmal ins St.-Pauli-Stadion, noch einmal einen Backfisch an der Nordsee, noch einmal ein Klavierkonzert. „Meist sind es Orte oder Momente, bei denen die Menschen einmal sehr glücklich gewesen sind“, so Kay, der oftmals mit seiner Frau bei den Wunsch-Aktionen dabei ist. „Traurig ist das so gut wie nie“, sagt er. „Die Betroffenen blühen oft noch mal richtig auf, weil sie sich noch einmal als ganz normale, gesunde Menschen fühlen“, so Kay.
Das war auch bei Barbara M. so. „Für alle, auch für mich, war es überraschend, wie gut es mir in Schottland ging“, sagt die Hamburgerin, die seit ihrer Kindheit von der Landschaft, der Weite und den prächtigen Herrenhäusern fasziniert war. Dass sie die Reise in diesem Jahr endlich nicht nur im Kopf gemacht hat, sondern wirklich da war, gibt ihr heute noch in vielen Momenten Kraft.
Sie weiß nicht, wie viel Zeit sie noch hat
Doch das war nicht von Anfang an so. „Als wir von der Reise zurückkehrten, fühlte sich erst mal alles leer an.“ Die letzte Reise – Barbara M. spürte, dass sie mehr war, als einfach nur ein toller Trip. Es war ein Vorhaben, das ihr wochenlang Kraft gegeben hatte. Und dann lag das Ziel, auf das sie hingefiebert hatte, plötzlich in der Vergangenheit. Und hinter allem, was mit „letzte“ zusammenhängt, steht in der Regel ein Punkt und kein Komma.
Aber was mit dem Leben anfangen, wenn der letzte Wunsch erfüllt wurde? Warten? Keine Option. „Besonders, wenn man zwei Kinder hat, für die man da sein möchte, so lange es geht, kann man sich ja nicht einfach irgendwann zurücklehnen und auf das Ende warten.“ Und so ganz genau könne ihr ja ohnehin keiner sagen, wie viel Zeit sie noch hat.
Die Erinnerung an den Urlaub in Schottland ist für Barbara M. inzwischen zu einem Ansporn geworden, es noch einmal zu schaffen. Noch einmal etwas fitter werden, noch einmal etwas erleben. Und das Arrangement mit dem Tod hat ja schließlich schon einmal geklappt.
Ein Fernsehteam der ZDF-Sendereihe 37 Grad begleitete Barbara auf ihrer Schottland-Reise. Die Sendung wird heute um 22.15 Uhr ausgestrahlt.
Spendenkonto für die Stiftung „Ein letzter Wunsch“: IBAN: DE34 2008 0000 0960 0905 01