Teil 2: Lurup präsentiert sich schnörkellos mit Einzelhäusern und Kleingärten. Schenefeld punktet mit einer modernen Shoppingmeile.
Stünde nicht das gelbe Ortsschild am Straßenrand, würde man den Wechsel von Hamburg nach Schleswig-Holstein gar nicht bemerken. Denn selten in der Hansestadt verläuft der Übergang so nahtlos wie zwischen Lurup und Schenefeld. Doch wirkt der Stadtteil zersiedelt: Einen eigentlichen Kern hat Lurup nicht zu bieten.
Bei der Eingemeindung im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes von 1937 umfasste Lurup nur rund 2500 Einwohner, die zumeist in Gartenkolonien oder genossenschaftlichen Siedlungen wohnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg zogen durch Bombenangriffe obdachlose Hamburger und Flüchtlinge hinzu. Nach und nach wurden schmucklose Großsiedlungen wie Elbgaustraße, Flüsseviertel oder Lüdersring gebaut.
Im Kontrast bieten Straßenzüge mit Ein- und Zweifamilienhäusern und viel Grün bürgerliche Wohnqualität. Namen wie Kükenstieg, Ziegenpfad, Schierlingsweg, Binsenort oder Geranienweg sagen eine Menge über lokalen Charme. Kleingartenvereine runden das Bild ab. Nachbarschaftshilfe, sagen viele Luruper, wird traditionell großgeschrieben. Und Schnacks übern Gartenzaun gehören dazu – und bis vor Kurzem vielfach auch noch eine HSV-Flagge vor dem Eigenheim. Wahrscheinlich ist diese Sympathiebekundung nirgendwo in Hamburg so konzentriert wie hier.
Trotz fehlenden Stadtteilkerns können sich die gut 35.000 Einwohner über mangelnde Angebote nicht beklagen. Entlang der Luruper Hauptstraße bieten zahlreiche Einzelhändler Waren und Dienstleistungen an. Hinzu kommen das Einkaufszentrum Elbgaustraße und der modernisierte Eckhoffplatz. Was früher ein Schandfleck war, kann sich heute durchaus sehen lassen. Wer früher in das weit größere Schenefelder Einkaufszentrum direkt hinter der Stadtgrenze fuhr, kann heute bequem vor Ort bleiben. „Dadurch ist Kaufkraft nach Lurup zurückgekehrt“, weiß der Altonaer CDU-Kommunalpolitiker Sven Hielscher.
Er ist Stammgast bei Kai Eberhardt in der Grillkate an der Luruper Hauptstraße. Das kleine Häuschen, just renoviert, bietet Hausmannskost vom Feinsten. Hähnchen, Haxen und Schnitzel sind in vieler Luruper Munde. Das nicht üppige Restaurantangebot vor Ort rundet ein Steakhaus ein paar Meter weiter stadtauswärts ab.
Hier kehrt als Stammgast Norbert Linse ein. Der Fensterputzer und Tausendsassa ist in Lurup tief verwurzelt. Er wohnt direkt an der Luruper Hauptstraße, kennt praktisch jeden und alles. „Schickimickis kommen in Lurup nicht an Land“, weiß er. Dafür gibt’s noch einige Eckkneipen traditionellen Stils. Ein gutes Beispiel ist das Holsten-Eck ebenfalls an der Hauptstraße. Der Name der Pinte sagt alles. Schnörkellos und unkompliziert – das passt zum Stadtteil.
Ebenso wie eine besonders aktive Bürgerbeteiligung. Im Luruper Forum treffen sich regelmäßig am letzten Mittwoch im Monat um 19 Uhr Vertreter von Vereinen und sozialen Einrichtungen sowie Geschäftsleute im Stadtteilhaus Böverstland. Einige Beispiele für das kulturelle Angebot: eine ökomenische Kantorei, Chor und Orchester des Goethe-Gymnasiums, ein Lesecafé, Theatergruppen oder eine engagierte Geschichtswerkstatt. Im SV Lurup von 1923 sind rund 2000 Mitglieder in 26 Abteilungen aktiv. Ein Teil der Sportstätten wird demnächst in den Volkspark verlegt. In der Nähe ist zudem ein neues Technologiezentrum geplant.
Die Luruper fühlen sich wohl in ihrem Quartier. Ein Problem ist die Verkehrsanbindung an die Innenstadt. Natürlich fahren Busse, doch ist der Weg zur nächsten U- oder S-Bahn-Station weit. Die Parteien diskutieren über einen schienengebundenen Nahverkehr. Während die SPD in Richtung U-Bahn tendiert, plädiert die CDU mehrheitlich für eine Straßenbahn. Doch wird sich weder das eine noch das andere zügig umsetzen lassen. Einziger Trost: Nebenan in Schenefeld ist die Verkehrsanbindung noch schlechter. Unabhängig davon ist der Tenor im Stadtteil grundsätzlich einheitlich – und positiv: Lurup hat Zukunft.