Altstadt. Mit hohem technischen Aufwand fotografiert Holger Schulze vom Turm der Kirche St. Nikolai. Beeindruckendes Ergebnis im Internet.

Am Anfang stand ein Aufstieg in luftige Höhen: Im Auftrag des Otto-Konzerns erklomm der Fotograf Holger Schulze, 48, vor einigen Wochen das Gerüst an der Kirche St. Nikolai. Dort, in 120 Meter Höhe, entstand nach einem aufwendigen Vormittag in mühsamer Kleinarbeit das bisher größte Foto der Stadt Hamburg. Und nicht nur das: Zugleich ist die Panorama-Aufnahme das größte Gigapixel Deutschlands.

Schulze ist spezialisiert auf solche sogenannten Gigapixel-Bilder. In Dresden und London machte er bereits ähnliche Fotos, mit dem London-Bild schaffte Schulze es sogar ins Guinnessbuch der Weltrekorde.

Ein Ausschnitt aus dem Gigapixel-Foto
Ein Ausschnitt aus dem Gigapixel-Foto © Holger Schulze | Holger Schulze

Rund 40 Gigapixel-Fotografen gibt es weltweit. Mit dem Begriff Gigapixelfotos werden hochauflösende Stadtpanoramen verbunden, die man online bis ins Kleinste heranzoomen kann. Das Prinzip: Bei den Aufnahmen, die sehr komplex sind, werden zunächst mit einer speziellen, teuren Roboterkamera Tausende von digitalen Einzelbildern erstellt und später neu, digital komprimiert zusammengesetzt. Zum besseren Verständnis: Das Hamburg-Foto hat eine Größe von 100 Gigapixel, das entspricht 6500 Fotos mit einer herkömmlichen 16-Megapixel-Spiegelreflexkamera. Insgesamt drückte der Aufnahme­roboter dabei rund 54.000-mal auf den virtuellen Auslöseknopf. Aufgrund der hohen Auflösung ist das Bild auch nach mehrmaligem Hineinzoomen noch gestochen scharf.

Holger Schulze benutzte bei der Arbeit eine digitale Cannon Spiegelreflexkamera, die von einem Computer unterstützt wurde
Holger Schulze benutzte bei der Arbeit eine digitale Cannon Spiegelreflexkamera, die von einem Computer unterstützt wurde © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

Es ist ein herrlicher Tag im Hochsommer, als Fotograf Holger Schulze seinen luftigen Arbeitsplatz erklimmt. Um kurz vor neun beweist er mitten auf dem Gerüst der Nikolai-Kirche Nerven. Mit Kennerblick peilt er die Lage, prüft, ob die Rahmenbedingungen passen. „Eigentlich merkwürdig“, sagt der Fotograf aus Dresden gelassen, „so hoch war ich beruflich noch nie auf einem Turm im Einsatz.“ Es ist ein strahlender Tag, blauer Himmel, Sonnenschein. Der Blick reicht weit über die Dächer.

Die Kamera wird von einem ausgeklügelten Computerprogramm gesteuert

An einem Stativ bringt Holger Schulz mit einem Mitarbeiter die Roboterkamera an, die am Gerüst außen befestigt wird. Auf einem Laptop verfolgt er jedes Detail der Aktion, dann gibt er den Startschuss: Die Kamera, ausgestattet mit einem 400 Millimeter-Objektiv, Blende 11, Lichtstärke 5,6, schwenkt, gelenkt durch ein Computerprogramm, über Hamburg. Unablässig klickt der Auslöser, nach 20 Minuten ist die erste Ecke der Stadt im „Kasten“: 3000 Bilder. An jeder Ecke wird die Kamera montiert, nach gut anderthalb Stunden hat Schulze, der mehr als 30 Jahre Berufserfahrung vorweisen kann, insgesamt rund 11.000 Bilder von Hamburg gemacht, Hochformat, 360 Grad, ein Rundumblick der Stadt.

Die Datenschutzproblematik sei mit den entsprechenden Behörden und Juristen geklärt, versichert Schulze. „Vor einem Jahr begannen die Vorbereitungen zu dem Projekt“, erzählt der Fotograf. „Gut einsehbare Wohnungen und Szenen sowie alle Gesichter, wurden natürlich retuschiert“, versichert er.

Faszinierend: Die Nachbearbeitung dauerte mehr als einen Monat, einschließlich der Auswertung und digitalen, komprimierten Neuzusammensetzung des Bildes.

Alleine das Kopieren, Sichten, Sortieren und die Auswahl der Bilder dauerte aufgrund der Datenmenge drei Tage. Die Originalbild-Datei ist 297 Gigabyte groß und konnte nur dank eines aufgerüsteten Computers bearbeitet werden. Würde man die Aufnahme in Fotoqualität ausdrucken, wäre das Foto 16 Meter lang und acht Meter hoch.

Ab sofort kann das größte Hamburg-Foto der Welt auf der Seite www.hamburg-von-oben.de in Ruhe angeschaut werden.