Hamburg. Ein Jahr vor den Spielen liegen Hamburgs Sportler gut im Rennen. In Rio wären sie auch Botschafter der Bewerbung für 2024.

Olympia – es gibt keinen Tag, an dem Artem Harutyunyan nicht daran denken würde. Vor zwei Wochen erst hat sich der Boxer vom T.H.-Eilbeck in Hamburg den Traum von der Teilnahme an den Spielen in Rio erfüllt – und kann es so recht immer noch nicht glauben. „Die Menschen um mich herum freuen sich fast mehr als ich selbst“, erzählt der Halbweltergewichtler, „es ist ein unglaubliches Gefühl, das geschafft zu haben, noch dazu in der Heimatstadt.“ Schon jetzt informiere er sich täglich über das Wetter in Rio.

Olympia – es gibt keinen Tag, an dem Olaf Scholz nicht daran denken würde. Am 29. November stimmen Hamburgs Bürger darüber ab, ob sich die Stadt für die Spiele 2024 bewerben soll. Und der Erste Bürgermeister ist zuversichtlich: „Der Enthusiasmus in Hamburg wird immer größer“, sagte Scholz, „die Menschen wollen die Gelegenheit ergreifen, die Bekanntheit der Stadt in der Welt zu steigern, aber sie wollen auch die Begeisterung der Jugend der Welt, die olympische Bewegung vor Ort spüren.“

Beide Aussagen sind einer Veranstaltung des Teams Hamburg entnommen, die am Donnerstag im Aida-Entertainment-Haus hoch über St. Pauli stattfand. Und sie zeigen eins: Man kann in dieser Stadt derzeit unmöglich über die Sommerspiele 2016 in Rio reden, seien es die Olympischen (5. bis 21. August) oder die Paralympischen (7. bis 18. September), ohne auf die eigenen Ambitionen als Gastgeber für 2024 zu sprechen zu kommen.

Team Hamburg stellt sich vor

Artem Harutyunyan hat sich bereits für die Olympischen Spiele in Rio qualifiziert
Artem Harutyunyan hat sich bereits für die Olympischen Spiele in Rio qualifiziert © WITTERS | ValeriaWitters
Martyna Trajdos will sich über die WM in Kasachstan für die Spiele in Rio qualifizieren
Martyna Trajdos will sich über die WM in Kasachstan für die Spiele in Rio qualifizieren © WITTERS | ValeriaWitters
Beachvolleyballerin Laura Ludwig und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf der Pressekonferenz zum Stand der Qualifikationen für die Olympischen Sommerspiele in Rio des Team Hamburg
Beachvolleyballerin Laura Ludwig und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) auf der Pressekonferenz zum Stand der Qualifikationen für die Olympischen Sommerspiele in Rio des Team Hamburg © dpa | Daniel Reinhardt
Olaf Scholz kündigte an, ebenfalls in Rio vor Ort zu sein
Olaf Scholz kündigte an, ebenfalls in Rio vor Ort zu sein © dpa | Daniel Reinhardt
Cord Wöhlke (Inhaber Budnikowsky) sprach über die mögliche Bewerbung der Stadt von einer Chance für Hamburg
Cord Wöhlke (Inhaber Budnikowsky) sprach über die mögliche Bewerbung der Stadt von einer Chance für Hamburg © WITTERS | ValeriaWitters
Die Talkrunde v.l. Moderatorin Katja Kraus (Jung von Matt Sports), Gesche Schünemann (Rollstuhlbasketball), Laura Ludwig (Beachvolleyball), Olaf Scholz (Erster Bürgermeister von Hamburg), Martyna Trajdos (Judo), Artem Harutyunyan (Boxen), Hansjörg Kunze (Aida), Cord Wöhlke (Budnikowsky)
Die Talkrunde v.l. Moderatorin Katja Kraus (Jung von Matt Sports), Gesche Schünemann (Rollstuhlbasketball), Laura Ludwig (Beachvolleyball), Olaf Scholz (Erster Bürgermeister von Hamburg), Martyna Trajdos (Judo), Artem Harutyunyan (Boxen), Hansjörg Kunze (Aida), Cord Wöhlke (Budnikowsky) © WITTERS | ValeriaWitters
Der Boxer Artem Harutyunyan (r) bekommt zu seinem 25. Geburtstag von Hamburgs Erstem Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD), einen Kuchen überreicht
Der Boxer Artem Harutyunyan (r) bekommt zu seinem 25. Geburtstag von Hamburgs Erstem Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD), einen Kuchen überreicht © dpa | Daniel Reinhardt
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Mehr als 40 Hamburger könnten beim weltgrößten Sportereignis in Brasilien aktiv dabei sein. Und ob sie nun wollen oder nicht: Sie wären dann auch Botschafter der Bewerbung ihrer Stadt. Aber natürlich wollen sie. Schon allein weil vom Interesse am Thema Olympia in Hamburg auch etwas für sie abfällt. „Es ist ein großer Hype in Hamburg entstanden“, hat die Beachvolleyball-Europameisterin Laura Ludwig bei einem ihrer seltenen Heimataufenthalte festgestellt.

Ludwig, 29, kann es einschätzen. Rio wären nach Peking 2008 und London 2012 ihre dritten Olympischen Spiele, und es ist, nach Monaten voller Zweifel und Rückschläge, inzwischen sehr wahrscheinlich, dass sie und ihre Partnerin Kira Walkenhorst, 24, dort auch aufschlagen. Dank dem Sieg beim Grand-Slam-Turnier in Yokohama (Japan) und dem EM-Gewinn in Klagenfurt (Österreich) hat sich das HSV-Duo in der Qualifikation einen komfortablen Vorsprung auf die nationale Konkurrenz erarbeitet. Abgerechnet wird aber erst im Juni kommenden Jahres.

Olaf Scholz: Olympia spielt jeden Tag eine Rolle

Ähnlich aussichtsreich liegt Martyna Trajdos im Rennen. Die Judoka vom Eimsbütteler TV hat sich durch ihren EM-Sieg im Rahmen der Europaspiele in Baku (Aserbaidschan) wohl schon entscheidend von ihren Konkurrentinnen in der Klasse bis 63 Kilogramm abgesetzt. Die zweijährige Qualifikationsphase hat bereits im Mai 2014 begonnen. „Seither ist meine Wettkampf-planung auf die Olympischen Spiele ausgerichtet“, sagt Trajdos, 26.

Bislang hat aus Hamburg nur Harutyunyan, der am Donnerstag 25 Jahre alt wurde und von Scholz eine Geburtstagstorte in Form eines Boxrings überreicht bekam, einen persönlichen Startplatz erkämpft. Außerdem können die Hockeytorhüterinnen Kristina Reynolds, 31, und Yvonne Frank, 35, die Reise nach Rio bereits einplanen.

Für viele andere wird es ein Wettlauf gegen die Zeit und gegen harte Konkurrenz. Die 49er-Segler Erik Heil, 26, und Thomas Plößel, 27, etwa konnten sich bereits auf sicherem Kurs nach Rio wähnen. Durch den EM-Sieg der Kieler Justus Schmidt/Max Boehme sind die entthronten Titelverteidiger vom NRV Hamburg in der nationalen Ausscheidung um den einen Startplatz in ihrer Bootsklasse plötzlich ins Hintertreffen geraten.

Insgesamt aber sieht Ingrid Unkelbach die Sportler der Stadt auf einem guten Weg. „Die Hamburger sind fit, wir sind vor allem in unseren Schwerpunktsportarten Beachvolleyball, Hockey, Schwimmen und Rudern supergut aufgestellt“, sagte die Leiterin des Olympiastützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein. Sie geht davon aus, dass es mehr Hamburger nach Rio schaffen als noch nach London, weil auch andere Disziplinen „aufgewacht“ seien.

Unkelbach glaubt zu spüren, dass die Unterstützung für den Sport in der Stadt durch die Olympiabewerbung gestiegen ist. Auf die Förderung des Teams Hamburg aber – 450 Euro pro Monat in der höchsten Stufe – bleiben die meisten Hamburger Olympia-Anwärter angewiesen. „Ohne dieses Geld wäre es schwer“, sagt Trajdos. Wenn sie ihren russischen Judo-Kolleginnen erzähle, mit wie wenig Geld sie über die Runden kommen müsse – „die lachen mich aus“.