Zehntausende feierten bei der 35. Christopher-Street-Day-Parade in Hamburg - dieses Jahr unter dem Motto „Akzeptanz ist schulreif“.

Ob Lack und Leder, Feenflügel oder Täubchen im Haar: Mit lauter Musik und schrillen, bunten Kostümen haben Tausende am Sonnabend bei der 35. Christopher-Street-Day-Parade in Hamburg für mehr Gleichberechtigung demonstriert. Unter dem Motto „Akzeptanz ist schulreif“ forderten die Teilnehmer unter anderem im Schulunterricht eine bessere Aufklärung über sexuelle Vielfalt. Um zwölf Uhr startete der Zug in der Langen Reihe. Rund 15.000 Teilnehmer machten bei der großen „Pride Parade“ der LGBT-Community mit. „Seit dem Jahr 2000 bin ich immer dabei und erlebe, wie sie immer mehr Menschen anzieht, ob als Zuschauer oder Teilnehmer“, sagt Stefan Mielchen, der erste Vorsitzender des Vereins „Hamburg Pride“. Dieses Jahr waren in der gesamten Stadt mehr Regenbogenflaggen als in den Jahren zuvor zu sehen, sogar auf drei von den fünf Hamburger Hauptkirchen wehten sie.

Mit einem Countdown und viel Glitzerkonfetti starteten die Teilnehmer durch die Innenstadt bis zum Jungfernstieg. Meterhohe Hüte, schillernde Röcke oder Nietenkostüme mit Plastikhörnern waren die Hauptblickfänger: Verkleidungen wie beim brasilianischem Karneval bis hin zu Drag Queens. Die Regenbogenfarben schmückten das Haar, Gesichter und ganze Körper. „Cool, mein Lehrer ist schwul!“, stand auf den knallblauen T-Shirts des Vereins schwule Lehrer Hamburg. Unter dem Wummern lauter Bässe setzten sich die mit goldenen Fransen behangenen Umzugswagen langsam in Bewegung - bewundert von rund 150.000 Schaulustigen. „Genau wie alle anderen haben auch wir das Recht auf Liebe und hier präsentieren wir uns als Einheit“, so Betty Boje, die als Transvestitin in Shows auftritt.

Mit dem diesjährigen Motto „Akzeptanz ist schulreif: Sexuelle Vielfalt auf den Stundenplan“ wolle man erreichen, die Vielfalt von Lebensformen und sexuellen Identitäten zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Bildungspläne in Deutschland zu machen, sagte Mielchen.

„Das Motto ist super“, meinte die kunterbunt geschminkte Hamburger Travestiekünstlerin Olivia Jones bei der Parade. Gleichgeschlechtliche Liebe sei etwas ganz normales und das müsse man Kindern auch sagen, „ehe sie 'schwul' als Schimpfwort hören“.

Politische Unterstützung erhält „Hamburg Pride“ von der SPD, den Grünen und der Piraten-Partei, die mit jeweils einem Zug an der Parade durch die Innenstadt teilnahmen. „Die Gleichheit und Gleichberechtigung jeglicher Lebensgemeinschaften ist bei uns im Parteitag fest veranker“, heißt es von Thomas Michel, stellvertretender Landesvorsitzende der Piraten. Es sei das fünfte Mal, dass sie den CSD aktiv unterstützen, bisher immer mit positiver Erfahrung.

„Akzeptanz ist schulreif: Sexuelle Vielfalt auf den Stundenplan“

Vorwürfe, die im Zusammenhang des Antrags im Studierendenparlament der Uni Hamburg vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten nach weiteren Zuschüssen für die Teilnahme an der Parade aufkamen, dass der CSD kommerzielle Ziele verfolge, lehnt Vorstandsvorsitzender von „Hamburg Pride“ Stefan Mielchen ab. „Wir sind als eingetragener Verein überhaupt nicht befähigt, Profit zu machen. Alle unserer Mitarbeiter sind ehrenamtlich, aber allein mit Ehrenamtlichen ist es nicht möglich eine so große Veranstaltung zu organisieren. Mit den Gebühren für die Züge decken wir die Kosten der Agentur, welche uns hilft, den CSD zu organisieren“, sagt Mielchen. Er betont auch, dass es neben dem Anstieg an Zügen auch immer mehr Fußgruppen dabei sind, für die keine Gebühren anfallen. Dass es bei den Ständen des Straßenfests profitorientierte Kleinunternehmer gibt, sei für ihn selbstverständlich.

Mit dem diesjährigen Motto des CSD „Akzeptanz ist schulreif: Sexuelle Vielfalt auf den Stundenplan“ zielt der Verein darauf ab, in der frühen Entwicklung von Jugendlichen für Aufklärung zu sorgen. Zwar gäbe es schon erste Ansätze, Schüler durch Seminare zu erreichen, diese reichen jedoch bei weitem nicht aus, wie Carina Feige vom Aufklärungsprojekt „Soorum“ sagt. „Generell bekommen wir ein sehr positives Feedback, von den Schülern sowieso und von den meisten Eltern“, ergänzt Feige. Kritiker des Projekts würden ihnen vorwerfen, dass sie durch die Aufklärungsinitative sexuellen Kindesmissbrauch verüben würden.

Auch Florian Binder und Benjamin Ehlers, beide Lehrer, die sich vor ihren Schülern geoutet haben, sind überzeugt, dass Schüler weitaus offener dem Thema gegenüberstehen, als so manche Eltern es gern hätten. „Mir war es wichtig, mich vor ihnen zu outen um einen offenen Akzeptanzraum zu schaffen“, sagt Ehlers. Beide Lehrer sind Mitglieder im Verein „Schwule Lehrer Hamburg“. „Ob im Religions-, Französisch- oder Mathematikunterricht. Das Thema sollte nicht als Thema für ein gesamtes Halbjahr behandelt werden, sondern immer wieder angesprochen werden“, ist Florian Binder überzeugt.

Weiter Verkehrbehinderungen in der Stadt - auch am Montag

Bis Montag um 6:30 Uhr ist der Jungfernstieg ab der Großen Bleichen in Richtung Ballindamm voll gesperrt. Auch die Linienbusse sowie die Busse des Ersatzverkehrs der U1 müssen eine Umleitung fahren", teilte die Hamburger Hochbahn am Mittwoch mit. Dafür werde der U-Bahn-Betrieb verstärkt.

Der Umleitungsweg für den U1-Ersatzverkehr zwischen den Haltestellen Kellinghusenstraße und Jungfernstieg führt ab der Haltestelle Hallerstraße über die Haltestelle Schlump und endet an der Sternschanze. Die Hochbahn empfiehlt Fahrgästen, die die Innenstadt erreichen möchten, ab Schlump mit der U2 bis Gänsemarkt oder Jungfernstieg oder mit der U3 bis Rathaus zu fahren. Alternativ könne die S1 Richtung Jungfernstieg genutzt werden. Die regulären Bus-Linien – unter anderem M4, M5, 109, 112 – umfahren die Haltestelle Jungfernstieg im genannten Zeitraum ebenfalls. "Die Fahrgäste sollten auf die Durchsagen in den Fahrzeugen und die Beschilderung vor Ort achten", so die Hochbahn.