Hamburg. Grund könnte sein, dass sich Kinder zu viel mit Tablet, Smartphone und Co. beschäftigen. Logopädenverband schätzt die Lage anders ein.
In keinem anderen Bundesland nehmen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren so viel Sprachtherapie in Anspruch wie in Hamburg. Die niedergelassenen Ärzte in Hamburg geben statistisch 143 Rezepte von jeweils neun Therapiesitzungen auf 1.000 Kinder und Jugendliche aus, teilt die Techniker Krankenkasse (TK) unter Berufung auf die aktuelle Heilmittelstatistik des GKV-Spitzenverbandes mit. Der Wert der Verordnungen lag 2014 bei knapp neun Millionen Euro, im Vergleich zu 2009 ein Anstieg um 73 Prozent. Damit liegt Hamburg 25 Prozent über dem Bundesdurchschnitt, gefolgt von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.
Grund hierfür könnte das veränderte Freizeitverhalten sein, so die TK. Playstation, Smartphone, Tablet und Fernsehen seien häufige Freizeitbeschäftigungen. Direkte Gespräche und Spiele blieben dagegen häufig auf der Strecke. Dies wirke sich negativ auf die altersgerechte Sprachentwicklung der Kinder aus.
Logopädenverband: Schlussfolgerung greift zu kurz
Katrin Laue, die Hamburger Landesvorsitzende des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie (dbl), rät jedoch, die Zahlen und die Kausalzusammenhänge mit Vorsicht zu betrachten. "Unter den Begriff Sprachtherapie fallen eine Vielzahl von Krankheiten und Auffälligkeiten, von denen viele vollkommen umgebungsunabhängig auftreten. Aussagekräftig wären die Zahlen nur, wenn sie auch inhaltlich aufgeschlüsselt wären." Die Schlussfolgerung, zu viel Beschäftigung mit Smartphone, Tablets und Co. führe zu mehr Sprachtherapie, greife zu kurz.
Eine Tendenz zu vermehrter Sprachtherapie bei Kindern unter 15 Jahren sieht Laue nicht. Im Gegenteil: "Seit einiger Zeit stellen wir fest, dass vermehrt verschriebene Therapien nicht mehr angetreten werden, oft aus Zeitgründen, weil die meisten Kinder in einer Ganztagsschule sind und dort bis 16 Uhr betreut werden."