Hamburg. Bis Juli schon mehr schwere Feuer als im gesamten Vorjahr. Der Grund: Dachsanierungen. Feuerkasse gibt 8,9 Millionen Euro mehr aus.
Die Feuerwehr sieht sich deutlich mehr Großbränden in Hamburg gegenüber. „Wir hatten bis zur Jahresmitte bereits mehr Großfeuer im Stadtgebiet als im gesamten Vorjahr“, sagte Oberbranddirektor Klaus Maurer dem Abendblatt. Bereits 21-mal mussten die Beamten zu schweren Bränden ausrücken, von Januar bis Dezember 2014 nur 18 mal.
Dabei brennt es besonders häufig auf Hamburgs Dächern. Mittlerweile ist jeder dritte Großbrand, zu dem die Feuerwehr ausrückt, ein Dachstuhlbrand. Die Hamburger Feuerkasse schlägt Alarm: Schon 2014 gab sie mit 22 Millionen Euro über die Hälfte mehr für Schäden durch Brände an Wohngebäuden aus als im Jahr zuvor. Und in diesem Jahr verzeichnet sie bereits mehrere Großbrände mit Schäden in Millionenhöhe.
Jeder dritte Brand durch technischen Defekt ausgelöst
Wo liegen die Ursachen für die extreme Zunahme? „Jeder dritte Brand wird durch einen technischen Defekt ausgelöst. Und den gibt es überall, wo Strom fließt. Also auch im Keller und auf den Dachböden“, sagt Thorsten Grams, der Sprecher der Hamburger Feuerwehr. Offenbar spielt auch das Thema „wachsende Stadt“ und der damit einhergehende Ausbau von Dachgeschossen in Hamburg eine entscheidende Rolle beim Ausbruch von Großbränden. Und die Tatsache, dass immer mehr Menschen immer mehr Dinge in Kellern und zunehmend auch auf ihren Dachböden horten.
„Mehr Wohnraum, mehr Menschen, mehr Fehlverhalten!“ bringt es Thorsten Grams auf den Punkt. Nicht selten würden Dachgeschosse bis zum Bersten vollgestopft, so seine Erfahrung. Mit dem Ergebnis, dass die Feuerwehrleute in der Enge Mühe haben, Wasser in das brennende Gut zu führen. Oftmals lässt sich die Brandlast nur noch von außen bekämpfen.
Am Eppendorfer Baum implodierte eine Halogenleuchte
Spektakuläre Beispiele für Großbrände gibt es genügend: Das neue Jahr war vier Minuten alt, als eine Silvesterrakete in der Georg-Wilhelm-Straße in Wilhelmsburg einen Dachstuhl in Brand setzte und für das erste Großfeuer sorgte. Zwei Tage später folgte der nächste große Dachstuhlbrand am Eppendorfer Baum, ausgelöst durch einen technischen Defekt, sprich: eine implodierte Halogenleuchte. Das ausgebaute Dachgeschoss mit angrenzendem Abstellraum brannte aus.
Die Hälfte der Bewohner des gesamten Altbaus, dessen Sanierung noch einige Monate andauern wird, konnte bis heute nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Im März ging das Bahrenfelder Forsthaus in Flammen auf, und im Mai brannte das ausgebaute Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses an der Ecke Thadenstraße/Schmidt-Rottluff-Weg auf St. Pauli. Auslöser waren Dacharbeiten.
Anstieg der Kosten bei der Feuerkasse um 65 Prozent
Mit Besorgnis verfolgt die Hamburger Feuerkasse das wachsende Schadensausmaß, insbesondere bei den Bränden in Wohngebäuden. „Die Aufwendungen für Großschäden sind 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 8,9 Millionen Euro gestiegen. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 65 Prozent“, sagt Christoph Prang, Sprecher der Feuerkasse, bei der rund 200.000 Hamburger Privatleute ihre Häuser versichert haben.
Die Ursachen für die Feuerschäden reichten von technischen Defekten über Fehlverhalten bis zur Brandstiftung, so der Versicherer. Aus gutem Grund warne die Feuerwehr, Keller und Dachböden nicht zu voll zu stellen und dort keine leicht entzündbaren Materialien aufzubewahren. Dazu zählten nicht nur Farben, Lacke und Verdünnungsmittel. „Auch Kleidungsstücke, Altpapier und ausrangierte Möbel sind ein gefährlicher Nährboden für Feuer“, sagt Grams.
Vielerorts dienten auch die Zugänge und Gemeinschaftsräume wie der Trockenboden als Sperrmülldepot. Kommt es zum Brand, findet das Feuer reichlich Nahrung, und die Feuerwehrleute kommen nur schwer an den Brandherd heran. „Das kostet uns wertvolle Zeit, verlängert die Brandbekämpfung und erhöht das Schadensausmaß“, betont der Feuerwehrmann.
Rauchmelder auch in Dachgeschossen installieren
Feuerkasse und Feuerwehr raten Mietern und Eigentümern, selbst für mehr Sicherheit zu sorgen. „Dazu zählt das regelmäßige Entrümpeln“, betont Grams. Umsichtiges Verhalten trage zum Schutz vor Bränden bei: Halogenlampen etwa, die über 200 Grad heiß werden, hätten im Keller und auf Dachböden nichts zu suchen. Selbst ein simpler Tipp wie nach dem Föhnen immer den Stecker zu ziehen, damit sich nichts entzünden kann, habe schon manchen Brand verhindert. Unsachgemäßer Umgang bei Dacharbeiten gilt als weiterer Hauptauslöser von Dachstuhlbränden.
Wie kann man der Brandgefahr noch begegnen? „Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, Rauchwarnmelder in Dachgeschossen zu installieren. Im Idealfall werden sie per Funk mit den Rauchwarnmeldern in Treppenhäusern vernetzt“, sagt Grams. Seit Rauchwarnmelder in Wohnungen und Häusern Pflicht sind, ging die Anzahl der Feuertoten rapide zurück: Im Jahr 2000 wurden 29 Brandopfer gezählt. Als die flächendeckende Einführung von Rauchmeldern 2009 in Hamburg begann, waren es noch 17. Im Jahr 2010 – dem Beginn der Rauchmelderpflicht – wurden zehn Feuertote beklagt, voriges Jahr waren es neun.
Mehr Fehlalarme durch schlecht gewartetete Rauchmelder
Andererseits schnellte die Anzahl der Fehlalarme durch schlecht gewartete Rauchmelder nach oben: Rund 3000 solcher Einsätze registriert die Feuerwehr mittlerweile pro Jahr – ein Aufwand, den sie für die Sicherheit der Bewohner in Kauf nimmt und deshalb nicht berechnet. Gleichwohl empfiehlt die Feuerwehr, Rauchmelder gerade jetzt vor den Ferien zu warten (siehe rechts). Übrigens: Wenn Gewerbetreibende einen Fehlalarm auslösen, weil ihre Rauchmelder falsch auslösen, wird es für sie richtig teuer: Ein Feuerwehreinsatz schlägt schnell mit deutlich mehr als 700 Euro zu Buche.