Bremerhaven. Die Deutsche See versendet nun auch in Hamburg ihre Ware online. Zudem plant sie die größte Sushi-Manufaktur Europas.

Weißer Kittel, Netz über die Haare, Schutzfolie um die Schuhe. Dazu am besten noch ein Mundschutz. Bei der Deutschen See in Bremerhaven kommt niemand ohne diese etwas ungewöhnliche Verkleidung in die Produktion. Denn bei der Verarbeitung von Fisch ist die höchste Hygienestufe gerade gut genug. Als erstes blickt der Gast auf Lachshäppchen in unzähligen Varianten sowie Heilbutt, Kabeljau, Zander und andere Fischsorten, die von den Deutschen besonders gerne gegessen werden. Die fangfrischen Fische werden immer nachts beim bundesweit größten Verarbeiter Deutsche See – mit Eis gekühlt – angeliefert. „Danach verarbeiten wir sie portionsgerecht“, sagt Heiko Frisch, der die Produktion in dem Werk in Bremerhaven leitet. Die Neuheit: Hamburger Kunden können ab sofort frischen Fisch auch online bestellen. Per Knopfdruck von zu Hause aus über shop.deutschesee.de.

Innerhalb von 24 Stunden soll die Order geliefert werden. Der Mindestbestellwert liegt bei 39 Euro. Die Deutsche See hat dafür extra eine Tochterfirma für Hamburg mit aktuell sieben Mitarbeitern gegründet. „Wir brauchen Menschen, die wie ein Start-up denken“, sagt Deutsche-See-Miteigentümer Egbert Miebach, der den jungen Gründern viel Freiheit bei ihren Ideen lässt. Der Fisch wird von Bremerhaven nach Hamburg gebracht und von dort mit kleinen Elektrofahrzeugen zu den Kunden transportiert.

In Berlin und anderen großen deutschen Städten läuft der Online-Service bereits. Der Vorteil dieser eigenen Logistikkette: Man ist nicht von Streiks wie derzeit bei der Deutschen Post betroffen, kann die Frische des Fisches garantieren. „Die Gesamtkundenzahl in den bisher aufgeschalteten Niederlassungen ist knapp im fünfstelligen Bereich“, sagt Dominik Hensel, Chef des neuen Unternehmens, das noch Mitarbeiter sucht. Für Hamburg hatten sich bereits im Vorfeld mehrere Hundert Kunden registrieren lassen. Eigentümer Miebach lehnt sich zufrieden zurück: „Das ist schon mal ein guter Anfang“.

Er und sein Geschäftspartner Peter Dill haben die Deutsche See 1998 gekauft. Seither fahren die beiden nahezu jeden Tag von ihrem Wohnort Hamburg nach Bremerhaven und zurück. Auch Geschäftsführer Hartwig Retzlaff pendelt. Zuvor gehörte die Deutsche See über Jahrzehnte zum Konsumgüterkonzern Unilever. Doch das niederländische Unternehmen hat offensichtlich nie wirklich erkannt, welche Perle es besaß. „Gulag“ nannten einige Manager in der deutschen Unilever-Zentrale das Bremerhavener Unternehmen. Investiert wurde kaum. Statt Fisch wurde auch Wild und anderes Fleisch angeboten – sogar Torten gehörten zum Sortiment. Die Deutsche See war ein Gemischtwarenladen. Die Mitarbeiter fühlten sich ungeliebt.

Als Miebach und Dill das Ruder übernahmen, änderte sich die Stimmung unter den Beschäftigten schlagartig. Die zwei Hamburger investierten kräftig, die Zahl der Mitarbeiter stieg von 1200 auf aktuell 1700. Das Geschäft floriert auch heute noch, das Unternehmen ist mittlerweile zum Marktführer in Deutschland aufgestiegen. „Vieles ist damals schiefgelaufen“, erinnert sich Miebach. Doch mit der Vergangenheit will er sich nicht zu lange befassen. Die Deutsche See hat in diesem Jahr bereits 70 neue Beschäftigte eingestellt. Der Umsatz klettert von Jahr zu Jahr – zuletzt auf 375 Millionen Euro. Die Fische für das Unternehmen sind zertifiziert, etwa mit dem MSC-Siegel, das für einen nachhaltigen Fang steht.

Zertifizierter Lachs wird in Bremerhaven zum Beispiel im Zwei-Schicht-Betrieb in Maschinen gelegt, die automatisch dafür sorgen, dass zwei gleichgroße Stücke in durchsichtigen Folien zusammen eingepackt und verschweißt werden. Die Maschine erkennt die verschiedenen Gewichte der Fischstücke. An einer anderen Produktionsstätte wird frischer Heilbutt für den Einzelhandel und für Sterneköche per Hand portioniert. Auf Kundenwunsch befreien die Mitarbeiter die ganzen Fische sogar von Schuppen.

Handarbeit spielt in der Fischmanufaktur ohnehin eine große Rolle. Nicht nur für die grobe Verarbeitung von Fisch ist die Deutsche See bekannt. Auch Feinkostspezialitäten hat das Unternehmen im Sortiment. In diesem Bereich kauften die Bremerhavener unter anderem im Jahr 2003 die Hamburger Marke Beek. Insgesamt 70.000 Tonnen Meerestiere verlassen die Bremerhavener Fischproduktion jedes Jahr. Und die Nachfrage nach den Produkten aus dem Norden ist groß.

Heiko Frisch arbeitete bereits bei der Deutschen See, als diese noch zu Unilever gehörte. Der Chef der Produktion stellt unter anderem sicher, dass im Werk die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Zander, Heilbutt und Co. werden bei der Ankunft in Bremerhaven streng kontrolliert und dann weiter verarbeitet. Tiefkühltruhen gibt es in dem Gebäude nicht, Fische werden unter Eis gelegt und dann an die mehr als 35.000 Kunden oder eine der 20 regionalen Niederlassungen des Unternehmens versandt. 300 Lastwagen, deren Fahrer alle fest angestellt sind, transportieren den Fisch in jede Ecke der Bundesrepublik.

Das Unternehmen plant in Bremerhaven eine Millionen-Investition

In einer kleinen Manufaktur der Deutschen See werden auch Wraps und Sushi abgewogen und verpackt. Und genau in diesem Segment planen die Norddeutschen ihren nächsten Coup. „Wir wollen die größte Sushi-Manufaktur in Europa bauen“, sagt Frisch. Mehrere Millionen Euro will die Deutsche See investieren. Derzeit arbeiten in dem Bereich rund 100 Beschäftigte. Die Zahl soll deutlich steigen. Auch dort soll alles von Hand zubereitet werden. Vor allem Frauen findet man bei dieser filigranen Aufgabe. Ohnehin überwiegt in der gesamten Produktion der Anteil der weiblichen Beschäftigten. Das Personal stammt aus insgesamt 54 Ländern.

Für Festivitäten bietet die Manufaktur übrigens auch Fingerfood: Stäbchen mit Lachs, Heilbutt und anderen Fischspezialitäten. Während auf vielen Empfängen das Essen auf kleinen Tellern serviert wird, kann der Gast die angebotenen Köstlichkeiten so ganz unkompliziert aus der Hand essen.

Sushi, Onlinebestellungen, Fingerfood: Die Ideenschmiede in Bremerhaven tüftelt weiter an Innovationen. Das Ziel: weiter in der Erfolgsspur bleiben.