Hamburg. Joop van den Ende gibt die Mehrheit des Musical-Unternehmens Stage an Finanzinvestor ab. Die Auswirkungen sind ungewiss.

Er holte Musicals wie den „König der Löwen“ nach Hamburg, „Das Phantom der Oper“, „Rocky“, „Das Wunder von Bern“, „Liebe stirbt nie“ und andere weltweit gefeierte Shows. Der Niederländer Joop van den Ende hat damit die Elbmetropole zur deutschen Musicalhochburg gemacht. Hamburg hat es dem Engagement von van den Ende zu verdanken, dass fast täglich zahlreiche Touristen in die Stadt kommen, um eines der Musicals zu sehen. Jetzt zieht sich der Holländer teilweise aus seinem Unternehmen zurück. Er verkaufte 60 Prozent seiner Anteile an der Stage Entertainment an die Investmentfirma CVC Capital Partners. Nur noch 40 Prozent bleiben in seinem Besitz. Ein Preis wurde nicht genannt. Seine beiden Kinder wollten die Nachfolge nicht antreten. „Meine Tochter ist TV-Produzentin mit eigener Firma, und mein Sohn ist Dance-Produzent und DJ“, sagt er.

Mit dem Verkauf der Mehrheit verliert der 73-Jährige an Einfluss in der von ihm vor 17 Jahren in Hamburg gegründeten Stage Holding. Zuvor hatte er sich von seinem TV-Unternehmen Endemol getrennt. CVC gehört mit 20 Büros in aller Welt und mehr als 300 Mitarbeitern zu den weltweit führenden Investmentfonds. Das Unternehmen hat Investments in unterschiedlichen Sparten getätigt und damit seit seiner Gründung Gesamtverkäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar getätigt. Die Firma, die sich ansonsten auf den Erwerb von Wirtschafts- und Unterhaltungsunternehmen konzen­triert, steigt jetzt offenbar erstmals in die Musicalbranche ein. Daneben gibt es unter anderem Beteiligungen an der Formel 1 und dem britischen Unternehmen Merlin Entertainment. In Hamburg betreibt Merlin zum Beispiel das Dungeon und in Soltau den dortigen Freizeitpark.

Joop van den Ende bleibt der Stage verbunden

Die rund 1700 Mitarbeiter des Musical-Unternehmens, das inzwischen Stage Entertainment heißt, wurden von dem Verkauf per Videobotschaft informiert. Allein in Hamburg arbeiten mehr als 1000 Beschäftigte für die Stage Entertainment. „Meine Leidenschaft für Theater und insbesondere für das Musical ist nach wie vor groß. Doch angesichts meines Alters muss ich realistisch sein, und ich möchte das von mir geplante Wachstum nicht allein realisieren,“ sagt der Niederländer. Joop van Ende will der Stage Entertainment in den kommenden Jahren aber persönlich und als Anteilseigner eng verbunden bleiben.

„In meiner Funktion als Co-Chairman des Aufsichtsrats, der die Spielplangestaltung, die Entwicklung neuer Titel und die Strategie des Unternehmens verantwortet, werde ich mich auf die kreative Entwicklung eigener neuer Titel für nationale und internationale Märkte fokussieren“, erklärte er am Freitag.

Der teilweise Rückzug von Joop van den Ende könnte auch Auswirkungen auf den Musicalstandort Hamburg haben. Ob der Plan, in der Hansestadt ein fünftes Musicaltheater zu etablieren, angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse noch verwirklicht werden kann, muss sich noch zeigen. Investmentfirmen wie CVC engagieren sich im Schnitt zehn Jahre lang in einem Unternehmen – mit dem Ziel, beim Verkauf der Beteiligung hohe Gewinne zu erzielen. Möglicherweise könnte deshalb von einer weiteren, millionenschweren Investition in der Stadt Abstand genommen werden.

„Wir sehen das generelle Wachstumspotenzial im Live Entertainment und sind beeindruckt von der starken Position und der Bedeutung von Stage Entertainment im Musicalmarkt“, sagte Ivo Lurvink, einer der Partner bei CVC. Über Investitionen sprach er aber nicht. Das Unternehmen ist in acht verschiedenen Ländern aktiv. Die Stage Entertainment ist profitabel. Laut Uschi Neuß, Chefin der deutschen Firmentocher, betrug der Umsatz 2014 299 Millionen Euro.

„Mit seinen Produktionen erreicht das Unternehmen ein Millionenpublikum, das in den kommenden Jahren noch stark wachsen wird, vor allem durch Ausweitung der Aktivitäten in neuen Märkten“, so Lurvink. „In den kommenden fünf Jahren können wir mit CVC von heute zehn Millionen Besuchern pro Jahr auf dann 20 Millionen wachsen“, ist sich van den Ende sicher. Unabhängige Untersuchungen belegten nach seinen Worten vielversprechende Wachstumsmöglichkeiten mit dem neuen Mehrheitseigner im weltweiten Live Entertainment Markt „und insbesondere für Musicals in verschiedenen Ländern Kontinentaleuropas, England und Nordamerika, aber auch in neuen Märkten wie Asien und Südamerika“, so van den Ende.

Hamburg hatte zu Beginn des Musical-Booms in der Stadt nicht immer ein gutes Händchen. Zweimal mussten Musicals in den späten 90er-Jahren und Anfang des neuen Jahrtausends Insolvenz anmelden. In dieser Zeit tauchte der Name van den Ende in der Stadt erstmals auf. Der Niederländer übernahm die Spielstätte im Hafen, in der einige vermögende Hamburger das Musical Buddy Holly etabliert hatten. Von da an expandierte der Musicalexperte stetig. Erst jüngst hat er mit dem Stück „Das Wunder von Bern“ sein viertes Haus direkt neben der ersten Spielstätte im Hafen eröffnet.