Hamburg. Protestzug von Altona nach Winterhude. Streik im Norden wird ausgeweitet. Abendblatt.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Der Streik bei der Deutschen Post betrifft immer mehr Standorte der Brief- und Paketzustellung in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Am Donnerstag weitete die Gewerkschaft Ver.di den bundesweiten Ausstand in Norddeutschland weiter aus. Insgesamt 3750 Post-Mitarbeiter beteiligen sich Ver.di zufolge nun an den Streikaktivitäten, 1410 davon in Hamburg. Damit sei die Zahl der Streikenden in der zweiten Woche des unbefristeten Arbeitskampfes bereits um mehr als 1000 Beteiligte gestiegen, wie Ver.di-Sprecher Thomas Ebeling dem Abendblatt mitteilte.

„In den nächsten Tagen werden definitiv noch mehr Teilnehmer dazu kommen“, so Ebeling. „Wir gehen bis Ende der Woche von mehr als 4000 aus.“ Als vorläufiger Höhepunkt der Streikkundgebungen in Norddeutschland gingen am Freitag eine Demonstration in Hamburg geplant. Mehr als 1000 Streikende zogen in einem kilometerlangen Protestzug vom Diebsteich in Altona bis zur CDU-Zentrale in Winterhudel. Bereits am Donnerstag nahmen in Kiel Gewerkschaftsangaben zufolge rund 800 Post-Mitarbeiter an einer Kundgebung teil.

Gewerkschaft fordert Haustarif

In Hamburg sind inzwischen in allen Bezirken außer in Eimsbüttel Standorte für die Brief- und Paketzustellung vom Post-Streik betroffen: Altona (Altona, Othmarschen, Bahrenfeld), Mitte (St. Pauli, Finkenwerder, Wilhelmsburg, Billstedt), Wandsbek (Wandsbek, Rahlstedt, Poppenbüttel, Volksdorf, Marienthal, Jenfeld, Tonndorf, Eilbek), Nord (Uhlenhorst, Barmbek-Süd), Harburg (Harburg, Neugraben), Bergedorf (Bergedorf, Allermöhe). Zudem weitete Ver.di den Streik bereits am Mittwoch auf das norddeutsche Verteilerzentrum Hamburg-Allermöhe aus, das Infopost – dazu zählen auch Kataloge und Werbeprospekte – sowie Pressesendungen abfertigt. Auch das Paketzentrum Allermöhe wird bestreikt, ebenso wie die Briefzentren Altona und Moorburg sowie die Geschäftspostannahmestelle in Altona.

Hauptstreitpunkt im Tarifkonflikt bei der Post ist die Ausgründung von 49 regionalen Paketgesellschaften. Ver.di will erreichen, dass deren mehr als 6000 Boten nicht nach den niedrigeren Tarifen der Logistikbranche bezahlt werden, sondern wieder nach dem Haustarif der Post. Die Lohneinbußen betragen laut Ver.di rund 30 Prozent im Jahr, weil Urlaubs- und Weihnachtsgeld wegfielen. Langjährig Beschäftigte hätten sogar noch höhere Verluste, da es weniger Anhebungsstufen nach der Zahl der Dienstjahre gestaffelt gebe.

Bundesweit beteiligen sich an dem Streik Angaben der Deutschen Post zufolge etwa 22.800 Mitarbeiter. Das Unternehmen erwartete am Donnerstag, dass dennoch 76 Prozent aller Briefe und 62 Prozent aller Pakete pünktlich zugestellt würden.

Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Wer haftet für verspätete Sendungen?

Das Risiko trägt der Absender, teilt die Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) mit. Die Post hat in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Streiks als Haftungsrisiko ausgeschlossen. „Erreichen beispielsweise Kündigungsschreiben die Telefonanbieter oder Energieversorger zu spät, trägt der Verbraucher den finanziellen Schaden“, sagt vzhh-Juristin Julia Rehberg. Gut überlegen sollten sich Kunden auch die Bestellung von verderblichen Produkten wie Lebensmittel über die Post. Denn für vergammeltes Obst, Gemüse oder Käse gibt es keine Entschädigung.

Wie kann man Fristen einhalten?

„Wer eine wichtige Terminsache hat, sollte auf Mitbewerber der Post ausweichen“, sagt Rehberg. Wenn eine Kündigung auch ohne Originalunterschrift akzeptiert wird, kann diese auch per Fax mit Übermittlungsprotokoll versendet werden. Eine E-Mail reiche hingegen nicht, denn viele Gerichte erkennen sie nicht als Beweis an – selbst wenn eine Lese- oder Zugangsbestätigung nachgewiesen wird.

Was passiert bei Retouren?

Wer seine Onlinebestellung zurückgeben will, kann laut Gesetz innerhalb von 14 Tagen den Kaufvertrag widerrufen und die Produkte zurückschicken. Die Widerrufsfrist wird eingehalten, wenn die Retoure innerhalb des Zeitraums abgeschickt wurde – zum Beweis den Einlieferungsbeleg aufbewahren!

Profitiert die Post-Konkurrenz?

Laut dem Zusammenschluss der Post-Mitbewerber ja. Walther Otremba, Chef des Bundesverbandes Briefdienste, sprach in der „Bild“ von einer „besseren Auftragslage“. Beispielsweise meldet auch der Hamburger Versender Hermes eine erhöhte Nachfrage nach seiner Dienstleistung. „Wir spüren das im Privatbereich“, sagte ein Unternehmenssprecher dem Abendblatt. Die Tochter der Otto Group verzeichnet bereits ein erhöhtes Aufkommen an Paketen und registriert auch im geschäftlichen Bereich verstärktes Interesse. „Von Versendern, die bisher nur auf DHL gesetzt haben, erhalten wir vermehrt Anfragen“, sagte der Sprecher. So würde nun geprüft, ob die Niederlassungen vor Ort auch ein höheres Aufkommen bewältigen können. Schnell könnten dann 100.000 Pakete pro Tag zusätzlich transportiert werden – ein Plus von zehn Prozent zum normalen Transportvolumen.

(schrö/HA)