Hamburg . Bei der Aktionswoche Alkohol in Hamburg geht es um den richtigen Umgang mit Bier, Wein & Co. Experten bieten Hilfe für Abhängige.

„Ein bisschen Alkohol kann doch nicht schädlich sein.“ Es dürfte auch an diesem weit verbreiteten Mythos liegen, dass der Konsum von Bier, Wein und Spirituosen gesellschaftlich akzeptierter ist als etwa das Rauchen. Dass Alkohol ebenso abhängig machen kann wie Nikotin und andere Suchtmittel wüssten die meisten Menschen zwar, heißt es in einem Informationsblatt der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). „Aber wie hoch die gesundheitlichen Risiken beim Konsum von Alkohol wirklich sind, wird häufig verdrängt.“

In Wahrheit sind auch kleine Mengen Alkohol nicht per se harmlos. Vielmehr gilt Alkoholkonsum bis zu einer gewissen Dosis als „risikoarm“: Bei Frauen liegt diese Schwelle bei 12 Gramm, Männer sollten nicht mehr als 24 Gramm Alkohol pro Tag trinken – das entspricht etwa 0,3 bzw. 0,5 Liter Bier oder einem Achtel bzw. einem Viertel Liter Wein.

„Wenn man sich daran hält, liegt das Risiko, bedingt durch Alkohol zu erkranken, bei unter einem Prozent“, erläutert Prof. Jens Reimer, Leiter des Bereichs Suchtmedizin und abhängiges Verhalten am Uniklinikum Eppendorf. Die Mehrheit der Deutschen hält sich daran. Etwa zehn Millionen Menschen hierzulande konsumierten jedoch gesundheitlich bedenkliche Mengen Alkohol, berichtete die DHS in ihrem „Jahrbuch Sucht 2015“.

Ein regelmäßiger und erhöhter Alkoholkonsum kann das Gehirn und viele weitere Organe schädigen, zu Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen führen und das Krebsrisiko erhöhen. Solche Auswirkungen sind auch in Hamburg ein Problem, wie aktuelle Zahlen der Krankenkasse Barmer GEK belegen. Demnach musste die Barmer für ihre Hamburger Versicherten im vergangenen Jahr 2,1 Millionen Euro für Krankenhausbehandlung nach Alkoholmissbrauch aufwenden. 767 Barmer-Patienten wurden nach übermäßigem Trinken in eine Hamburger Klinik gebracht, das sind zwei pro Tag. Sie blieben im Durchschnitt 10,8 Tage. Die meisten Fälle von Alkoholmissbrauch sind in der Altersgruppe zwischen 45 und 54 Jahren zu finden.

„Aktionswoche Alkohol“ vom 13. bis 21. Juni.

Aufklären wollen Mediziner und Suchthelfer bei der „Aktionswoche Alkohol“ vom 13. bis 21. Juni. Unter dem Motto „Alkohol? Weniger ist besser!“ werden in Hamburg 43 Veranstaltungen stattfinden, organisiert von Beratungsstellen und Fachkliniken.

„Häufig hilft es bereits, sich über den eigenen Konsum Gedanken zu machen, um sein Trinkverhalten zu ändern“, sagt Dieter Adamski, Vorsitzender der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen. Deshalb gibt es etliche Veranstaltungen, die sich mit Prävention beschäftigen und unter anderem an Kinder und Eltern richten, an Schwangere und an Senioren.

Eingeladen sind aber auch Alkoholabhängige und ihre Angehörigen, die weitergehende Unterstützung benötigen. „Es gibt in Hamburg ein sehr gutes Suchthilfesystem“, sagt Jens Reimer. Dazu zählen etwa die Anonymen Alkoholiker. Etwa 125 Gruppen gibt mittlerweile in der Hansestadt (Kontaktstelle: Tel. 271 33 53, täglich 10-13 Uhr und 18-21 Uhr). Die in den USA entstandene weltweite Gemeinschaft feiert in diesem Monat ihr 80-jähriges Bestehen. „Wir sind bedingungslos füreinander da“, berichtet ein Hamburger Mitglied. Religion, Herkunft, Alter, all das spiele keine Rolle. Wichtig sei nur der Wunsch, dem Alkohol zu entsagen.

Der 73-Jährige sagt, er sei seit nunmehr 30 Jahren trocken. Davor habe er sogar an Selbstmord gedacht. „Ich versuchte damals krampfhaft, meine Sucht zu verbergen“, erzählt er. „Ich log meine Frau an, ich erfand Gründe für das Trinken.“ Eine Hamburger AA-Gruppe sei seine Rettung gewesen. „Es hatte eine befreiende Wirkung, in einem Kreis zu sitzen, in dem ich meine Sorgen und Ängste nicht mehr verstecken musste. Und ich traf dort auf Leute, die mir glaubhaft vorlebten, dass es auch ohne Alkohol geht.“

Viele Betroffene hätten Hemmungen, sich an einen Arzt oder an eine Suchtberatung zu wenden, sagt Jens Reimer. Als Zwischenschritt könne es hilfreich sein, einen Selbsttest im Internet zu machen, etwa auf der Plattform www.kenn-dein-limit.de. Wer danach Anlaufstellen in Hamburg sucht, findet einen Überblick auf der Seite: www.hamburg.de/drogenberatung-suchthilfe. Alle Termine der Aktionswoche Alkohol in Hamburg stehen auf: www.aktionswoche-hamburg.de.


Für die folgenden Veranstaltungen ist keine Anmeldung nötig:

15. Juni: „Alkohol – kann denn Trinken Sünde sein?“ Infoabend für Eltern, Hamburg-Haus Eimsbüttel, Doormannsweg 12, 19-21 Uhr. Veranstalter: Bezirksamt Eimsbüttel, Suchtberatung Kö 16a und SuchtPräventionsZentrum.

16. Juni: „Alkohol im Job – Fürsorge und Begrenzung“, Workshop, STZ Beratungsstelle Hummel, Am Hehsel 40, 16-18 Uhr.

17. Juni: „Wege aus der Sucht: Nie wieder Alkohol?“, Infoveranstaltung mit Suchtberatern und Therapeuten, Lukas Suchthilfezentrum Hamburg-West, Luruper Hauptstraße 138, 17.30-19 Uhr; „Weniger ist besser. Wie sag ich’s meinem Kinde?“, Infoabend für Eltern, Gemeindesaal der Christuskirche Wandsbek, Schloßstr. 78, 20 Uhr. Veranstalter: Viva Wandsbek und Jugendhilfe e. V.

20. Juni: „Behandlung von Menschen mit Alkoholabhängigkeit und psychischen Begleiterkrankungen“, Infostand der Schön Klinik Hamburg Eilbek, Billstedter Marktplatz, 13-18 Uhr.

21. Juni: „Alkohol? Weniger ist besser!“, Abschlussgottesdienst mit Sonntagspredigt, Krypta der Hauptkirche St. Michaelis zu Hamburg (Barrierefreier Zugang), Englische Planke 1, 18 Uhr.