Hamburg. Mansour Mamaghani verkauft Musikanlagen jenseits des Vorstellbaren. Zum Beratungsgespräch fliegt er auch mal in die Karibik.

Haben Sie das Kribbeln auf der Haut gespürt?“ Langsam gehen die Leuchten in dem Kinovorführraum wieder an. Mansour Mamaghani hält eine Fernbedienung in der Hand und lächelt fein. Seine Frage ist rhetorisch. Er weiß natürlich, dass sein Besucher tief beeindruckt in der weichen Couch sitzt, noch ganz betört davon, wie Robbie Williams’ Interpretation des Songs „My Way“ klingt, wenn man nur die entsprechende Musikanlage zur Verfügung hat.

Eher beiläufig zählt Mansour Mamaghani die einzigartigen technischen Details des gut 300.000 Euro teuren Heimkinosystems auf. Sein freundlich-zurückhaltendes Wesen und seine weiche, angenehme Stimme passen zu dem, was er seinen Kunden in seinem Geschäft an der Alsterkrugchaussee verkauft: High-End-Musikanlagen. Von außen sieht das Gebäude unauffällig aus. Auch im Inneren fehlt es an Glamour. Dabei schlägt sein teuerstes Angebot mit 550.000 Euro zu Buche.

Man würde Mansour Mamaghani allerdings Unrecht tun, ihn lediglich als einen Verkäufer zu beschreiben. „Ich versuche zu ermöglichen, was die Kunden sich wünschen“, sagt er. „Jeder Mensch hat eine eigene Vorstellung davon, wie Musik klingen soll.“ Manche mögen es pur wie bei einem Livekonzert. Andere möchten in eine Oper versetzt werden. Das versucht er im Gespräch mit seinen finanzstarken Kunden herauszufinden.

Um dem Militärdienst unter den Mullahs zu entgehen, verließ er mit 17 den Iran

Es ist ein Geschäft, in dem vor allem eines zählt: Diskretion. Namen mag Mansour Mamaghani deshalb nicht nennen. Aber es wird klar, dass führende Bankmanager, Yachtbesitzer, millionenschwere Unternehmer genauso zu seinen Kunden zählen wie berühmte Sportler. Und sie alle legen großen Wert darauf, dass ihre Privatsphäre geschützt bleibt. Koste es, was es wolle.

Da kommt es schon einmal vor, dass Mamaghani mit dem Privatjet auf das Anwesen eines seiner Kunden in die Karibik geflogen wird, um sich vor Ort die Räumlichkeiten anzuschauen. „Da kann ich meine Kunden am besten beraten, was für eine Anlage für diesen Raum die richtige ist.“ Es geht um Reflexion und darum, dass Gegenstände möglichst keine eigenen Schwingungen haben, die den optimalen Klang von Musik beeinträchtigen können.

Oft arbeitet Mansour Mamaghani mit Architekten und Fachhändlern zusammen. „Wenn ein Kunde sich ein Haus baut, dann bin ich bei der Gestaltung des Musik- oder Kinozimmers bei Bedarf eingebunden.“ Denn was nützt die teuerste Anlage, wenn am Ende der Raum nicht gut genug isoliert ist.

Um Mansour Mamaghani zu verstehen, muss man seine Lebensgeschichte kennen. 1966 wurde er in Teheran geboren. Seine Eltern waren wohlhabend, der Vater handelte erfolgreich mit Fernsehgeräten, Videorekordern und Musikanlagen. Damals herrschte Mohammad Reza Shah Pahlavi; der Iran galt als weltoffen und westlich orientiert. Dass Frauen an Universitäten studierten, war eine Selbstverständlichkeit.

Mansour Mamaghani besuchte die Realschule und das Gymnasium. „Jede freie Minute verbrachte ich in der Firma meines Vaters, weil Elektronik mich von früh an faszinierte.“ Die Mittelschicht im Iran war eher klein. Aber Bildung und Weltoffenheit galten viel in seiner Familie und unter den Freunden des Vaters. Daher war früh schon klar: Mansour Mamaghani würde in Europa studieren.

„Ich machte eine Europareise, bevor es zum Studium gehen sollte.“ Doch die politischen Umstände beschleunigten seinen Abschied von Teheran. Der Schah hatte wegen anhaltender Proteste gegen seine Politik am 16. Januar 1979 den Iran verlassen. Die Islamische Revolution sorgte für andere Machtverhältnisse. Mansour Mamaghani wanderte als 17-Jähriger aus. „Zunächst lebte ich bei Freunden unserer Familie in Schweden und England.“

So schön die neue Freiheit gewesen sei, so deutlich sei ihm in jenen Jahren „die Bedeutung meiner Familie“ bewusst geworden, erinnert er sich. Das Heimweh nach ihnen plagte den jungen Mann und sollte sein weiteres Leben prägen. Immer wenn Mansour Mama­ghani von seiner Ehefrau, seiner Tochter Natalie oder seinem Sohn Lorenzo erzählt, leuchten seine Augen. Dann wird der Ton seiner Stimme noch etwas weicher.

„Als ich 1984 nach Hamburg zog, sprach ich kein Wort Deutsch.“ Um das Fachabitur zu machen, ist die deutsche Sprache jedoch eine unabdingbare Voraussetzung. Ein halbes Jahr besucht er drei Sprachschulen gleichzeitig: das Goethe-Institut vormittags, die Sprachschule Colon am Nachmittag und am Abend die Volkshochschule. „Ich habe jeden Tag gesessen, um Deutsch zu lernen.“

1986 legt Mansour Mamaghani in Farmsen das Fachabitur ab. Zu dieser Zeit lebt er allein in einer kleinen Wohnung und weiß, dass er in Deutschland bleiben will. Drei Jahre lernt er Radio- und Fernsehtechniker, bastelt in der Freizeit an Lautsprechern und Musikanlagen herum. „Ich wollte sie besser machen“, erzählt er. Den Plan, sich selbstständig zu machen, hat er zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefasst.

Sein Vater reist oft nach Deutschland. In jenen Jahren wird das Verhältnis zwischen Vater und Sohn noch enger. „Aus meinem Vater wurde nach und nach ein väterlicher Freund“, erzählt Mansour Mamaghani. Einmal fliegen sie zusammen nach Seoul, und während der Verhandlungen fragt ihn sein Vater um Rat. „Er hat mich wohl schon als seinen Nachfolger gesehen, weil ich so dachte wie er.“

Es geht um Respekt, einen Wert, der für den 48-Jährigen auch heute noch zentral ist und in der Welt seiner Familie über allem steht. „Ich habe meinen Vater nie geduzt, aber auch nicht gesiezt“, sagt Mansour Mamaghani. „Es gibt im Persischen – anders als im Deutschen – eine dritte Form der Anrede, die den besonderen Respekt gegenüber dieser Person zum Ausdruck bringt.“ Auch seine Mutter würde er nie duzen.

Gegenüber seinen eigenen Kindern scheint Mansour Mamaghani nachsichtiger. „Ich möchte nicht, dass sie mich siezen“, sagt er lachend, fügt aber nach einer kleinen Pause hinzu: Er wünsche sich allerdings, sie verhielten sich anderen gegenüber so, wie sie selbst behandelt werden wollten.

Nach dem Fachabitur und der Ausbildung bei Radio Stahn in Alsterdorf fängt Mansour Mamaghani bei einem Unternehmen an zu arbeiten, das High-End-Geräte vertreibt. „Eigentlich wollte ich noch studieren, musste aber warten.“ Doch dann kommt es nicht dazu, weil er in dem Unternehmen rasch vorankommt. Als Werkstattleiter fängt er an, arbeitet später in unterschiedlichen Abteilungen und ist oft in den USA bei den Herstellern der Geräte unterwegs.

Vier bis fünf Stunden Schlaf reichen ihm, und Ideen sammelt er beim Joggen

Mamaghani lernt viel in jenen Jahren und ist dankbar für die Möglichkeiten, die sich ihm bieten. Die Kontakte, die sich ergeben, sind Gold wert. „1999 war ich soweit“, erzählt er. Der Vater stellt das Startkapital in siebenstelliger Höhe zur Verfügung, und Mansour Mamaghani gründet sein Unternehmen Audio Reference. Fortan wird er sich dem Verkauf teurer, aber hochwertiger Musikanlagen verschreiben.

An den Wänden eines seiner Vorführräume in der Alsterkrugchaussee sind in regelmäßigen Abständen Elemente an der Wand angebracht, mit denen erreicht werden kann, dass nichts den Hörgenuss beeinträchtigt. Ein klein wenig erinnern sie an moderne Konzertsäle. Auch dort nutzt man sie, um eine möglichst perfekte Akustik zu erreichen.

Mansour Mamaghani selbst hat keine spezielle musikalische Vorliebe. „Es kommt auf meine Stimmung an, ob ich etwas Klassisches höre oder doch etwas Lautes.“ Manchmal, wenn der Tag anstrengend war, zieht er sich in einen seiner Vorführräume zurück, um einfach nur Musik zu hören. „Ärzte haben längst herausgefunden, dass Musik hören hilft, Stress abzubauen.“ Er wisse von dem einen oder anderen Spitzenmanager, der diese Methode ganz bewusst einsetzt.

Neben der Musik hilft Mansour Mamaghani der Sport, sich zu regenerieren. „Im Gegensatz zu meiner Frau komme ich mit vier, fünf Stunden Schlaf aus und gehe deshalb am Wochenende im Alstertal laufen“, erzählt er. „Dabei kommen mir Ideen, oder ich finde Lösungen für Alltagsprobleme.“

In seinem Büro steht ein Rennrad, und an der Wand hängen die Medaillen unterschiedlicher Cyclassics-Rennen. „Ein Hobby, das ich mit meinem Sohn teile“, sagt Mansour Mamaghani und fügt hinzu: „Noch kann ich mit meinem Jungen mithalten – weil ich das bessere Rad habe.“