Hamburg . Haben die Meteorologen ausreichend vor Unwetter “Zoran“ gewarnt? Die Kommunikation funktioniert aus mehreren Gründen schlecht.
Ein Toter, mehrere Verletzte, Schäden in Millionenhöhe – das ist die verheerende Bilanz des heftigen Unwetters, das am Dienstagabend über Hamburg und den Norden gezogen ist. Besonders hart getroffen wurde Mecklenburg. In dem kleinen Städtchen Bützow und in Teilen von Schwerin hinterließ das Sturmtief schwere Verwüstungen. Am Tag danach stellt sich die Frage: Hätte man besser vorbereitet sein können?
Schon den ganzen Tag hatte der Wetterdienst vor dem Tiefausläufer „Zoran“ gewarnt und Gewitter, Hagel und auch Orkanböen angekündigt. Trotzdem wurden viele Menschen offenbar überrascht.
„Die Kommunikation ist eins der größten Probleme im Kastrastrophenschutz“, sagt Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klima-Kommunikation in Hamburg. Die Frage lautet: Wie kommen die Unwetterwarnungen bei den Menschen an? Denn dadurch, dass man sich über viele unterschiedliche Quellen über Wettervorhersagen informieren kann, wird die Lage unübersichtlicher. Gerade Smartphone-Apps zeigten häufig Unwetterwarnungen, auch wenn es sich nur um leichte Wetterverschlechterungen handele. „Das wird dann irgendwann nicht mehr ernst genommen.“
Allerdings gab es am Dienstag noch ein anderes Problem. Zwar hatten die Meteorologen das heranziehende Unwetter, das sich im Übergang einer Warmfront in eine Kaltfront entwickelte hatte, auf ihren Monitoren heranziehen sehen. Ob sich daraus ein Tornado wie in Bützow und in Rampe bei Schwerin entwickelt, konnten sie nicht vorhersagen.
„Wir können nur warnen, wenn ein Augenzeuge etwas gesehen hat und es an uns meldet“, sagt Andreas Friedrich, Tornado-Experte beim Deutschen Wetterdienst in Frankfurt. Experten wie er können dann die Linie berechnen, in der der Wirbelsturm weiterzieht und mit einer Vorwarnzeit von etwa 13 Minuten die Region informieren. „Das hatten wir am Dienstag leider nicht“, sagte Friedrich.
Anders als in den USA gebe es in Deutschland nämlich noch nicht viele ehrenamtliche Tornado-Melder, die etwa über das Online-Portal skywarn.de organisiert sind. Wenn sie irgendwo einen Tornado sichten geben sie die Warnung über einen Handy-Befehl weiter, der dann bei den angeschlossen Wetter-Instituten einläuft und direkt in die Unwetterwarnung verarbeitet werden kann. Laut Friedrich gibt es in Deutschland nur etwa 100 Skywarner. „Die Meldekette klappt nur bei etwas einer Handvoll Fälle im Jahr.“ Nach seinen Angaben gibt es in Deutschland etwa 20 bis 60 Tornados im Jahr. Hamburg wurde zuletzt 2006 von einem getroffen.
Tornados sind Wirbelstürme, die bei großen Temperaturunterschieden über dem Festland entstehen. Konstellationen dafür sind große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in verschiedenen Höhen. Unter der Wolke steigt Warmluft nach oben. In diesem Gefüge entsteht eine rotierende Bewegung in der eigentlichen Wolke, die nach unten herauswächst und dann wie ein Rüssel aussieht. Dieser kann einen Durchmesser von mehr als einem Kilometer und Windgeschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern pro Stunde erreichen. Der Unterdruck im Zentrum des Tornados erzeugt einen Sog, hebt Hausdächer an und reißt alles in die Höhe – von Sand bis hin zu Autos.
Die Wetterexperten sind sich einig, dass Extremwetter-Phänomene wie am Dienstag vermehrt auftreten werden. „Gerade im Frühjahr ist die Wahrscheinlichkeit hoch, weil dann Luftmassen mit großen Temperaturunterschieden aufeinandertreten“, sagt Frank Böttcher. Für die nächsten Tage sagen die Meteorologen übrigens keine Unwetter voraus.