Hamburg. Der Designer und Juror bei “Germany's Next Topmodel“ kehrte an den Ort zurück, wo seine Weltkarriere begann.

Wolfgang Joop ist gut drauf. Das ist nicht immer so, wenn er Interviews gibt, aber der Blick über Hamburg von der Dachterrasse des The George Hotels, die er sich für das Gespräch gewünscht hatte, gefällt ihm. Er habe „überhaupt keine Berührungsängste“ mit der Stadt, die er 1991 verließ. Im Gegenteil: „Zurückzukommen bedeutet mir viel“, sagt Joop, 70, der am Dienstag zur Eröffnung seines neuen Stores „Wunderkind“ an der ABC-Straße in die Stadt kam. „Hamburg war eigentlich meine große Liebe.“

Er glaube an den Erfolg seiner Mode in einer Stadt, über deren Bewohnerinnen und ihren Stil er vor einiger Zeit noch gelästert hatte. Die wohlhabenden Hanseatin sei „halb Frau, halb Pferd“, trüge Steppjacke und Möhrenjeans. „Ich glaube, der Hamburgerin fehlte dieses ein bisschen Irritierende, was sie bei Wunderkind bekommt“, sagt Joop jetzt. Und, versöhnlich: „Ich kann ja zum Glück auch blaue Blazer.“

Das Ausrufezeichen hinter seinem (Firmen-)Namen Joop! hat er durch den Verkauf seinen Modeimperiums im Jahr 2001 abgelegt, die damit verbundene Attitüde längst nicht. Wolfgang Joop, ein Modedesigner, der neben Jil Sander und Karl Lagerfeld durch seine Kreationen in den Neunzigern der deutschen Mode weltweite Aufmerksamkeit und Bedeutung verschaffte, ist auch – oder gerade mit – 70 Jahren eine Erscheinung: gebräunt, die Haare im Surfer-Look verwuschelt, Halstuch, gerade Haltung, die preußische Erziehung eben. Aber er gibt sich locker, erzählt einen Klein-Erna-Witz und lässt sich auch von dem Regen nicht stören, der irgendwann auf die Dachterrasse fällt.

Der Kaffee wird kalt, Joop erzählt. Von seinem Buch „Dresscode“, in dem er die Kleidungs-Stile modischer Ikonen wie It-Girl Alexa Chung oder Herzogin Kate bespricht. „Dieses Buch zu Ende gebracht zu haben, ist etwas, was mich wirklich befriedigt“, sagt Joop, dessen Vater Journalist war. „Früher sagte meine Mutter immer: ,Halt mal den Mund, Papa schreibt einen Artikel.‘ Da war die Stimmung gleich im Keller.“

1971 kam Joop von Braunschweig nach Hamburg. „Ich wollte eigentlich Medizin studieren, aber mein Notendurchschnitt war zu schlecht. Als ich dann angefangen habe, zu zeichnen, sagte mein Vater, wenn überhaupt, dann könne ich Volksschulzeichenlehrer werden. Da hätte ich mich an der Schiefertafel erhängt“, sagt Joop, der in Hamburg vor allem die „echte St. Pauli-Szene“ schätzte: „So etwas wie das Erotik-Theater Salambo gab es nirgendwo sonst auf der Welt.“ Der junge Joop kam mit der Modewelt in Kontakt, auch durch Jil Sander. „Hamburg war das Epizentrum des Chics.“

2003 gründete Joop sein persönlich-geprägtes Label „Wunderkind“. „Ich wusste, dass das, was ich noch zu sagen habe, niemand in Deutschland machen kann. Das musste ich schon selbst tun.“ Mit seiner Mode sei es wie mit einer Sucht: „Ich muss immer beim nächsten Mal etwas anders machen. Es geht mir dabei nicht um Stoffe und Schnitte, sondern darum, zu zeigen, wie ich meine Zeit empfinde.“ Ja, das lauge auch schon aus, sagt der 70-Jährige, der sich mit einem Tänzer vergleicht. „Irgendwann bluten die Füße, aber wenn die Musik spielt, geht es immer weiter.“