Die Hansestadt lag in weiten Teilen in Schutt und Asche. Der Zerstörungswert bei Wohnungen betrug rund acht Milliarden D-Mark.

Die Zerstörungen durch die Bombenangriffe auf Hamburg während des Zweiten Weltkrieges sind für den heutigen Betrachter kaum vorstellbar. Auch wenn die Operation Gomorrha bereits im Sommer 1943 stattfand, so reichte in den darauffolgenden Jahren die wirtschaftliche Kraft des Nazireichs nicht mehr, die Schäden nicht einmal im Ansatz zu beseitigen.

„Mit längerer Kriegsdauer nahmen die Totalschäden immer mehr zu, die Verschärfung des Krieges und die Änderung der Kriegstechnik wirkten sich aus“, schreibt Arthur Dähn. Der Mitarbeiter der Baubehörde listete nach dem Krieg akribisch die an der Hamburger Bausubstanz entstandenen Schäden auf. Vor allem die systematisch ausgeführten Bombardements hatten „zu einer Zerstörung ganzer Wohngebiete, ganzer Stadtteile, der Hälfte von Hamburg“ geführt. Leichte und mittlere Schäden gab es nur noch an den Rändern der Wohngebiete.

In „einem Feuersturm ohnegleichen“ sei die Hälfte Hamburgs in Schutt und Asche versunken, notierte Dähn. „55.000 Menschen ließen ihr Leben.“ Mit den Menschen gingen „Hoffnungen, Güter, unersetzliche persönliche Werte, Bauwerke, Kunst- und Kulturschätze“ unter. „Das Ergebnis dieser Zerstörung waren kilometerweise Trümmergebiete, aus denen nur vereinzelt einige verschonte Gebäude her­ausragten.“

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Wie groß die Zerstörungen in Hamburg zur Stunde null waren, wird auch durch eine Aufstellung von Hartmut Hohlbein deutlich. Demnach wurden zwischen Mai 1945 und April 1947 drei Millionen Kubikmeter Schutt, 182 Millionen Ziegelsteine und fast 30.000 Tonnen Baueisen geborgen.

Insgesamt hinterließ der Krieg den Hamburgern eine Trümmermenge von rund 43 Millionen Tonnen, wobei in dieser Zahl der Hafen nicht berücksichtigt ist. Lediglich in dem fast vier Mal so großen Berlin war mit rund 70 Millionen Tonnen die Trümmermenge größer als in der Hansestadt. „Mit der in Hamburg angefallenen Trümmermenge hätte man die Außenalster nicht nur zuschütten, sondern hätte sie sogar 23 Meter hoch auffüllen können“, schreibt Hohlbein.

Hamburg wurde zum größten Teil durch Brandbomben zerstört. Während die Angriffe sich in den ersten Kriegsjahren in Grenzen hielten, traten die größten Zerstörungen in den Tagen zwischen dem 23. und 28. Juli 1943 ein. „Mehrere Hundert Flugzeuge warfen bei Großangriffen bei Tag und Nacht in ungeahntem Ausmaß Brand- und Sprengbomben auf unsere Stadt, sodass allein in diesen drei Tagen 263.000 Wohnungen zerstört wurden.“

Stunde Null für Hamburg

Generalmajor Alwin Wolz (salutierend) übergibt die Stadt an den britischen General Douglas Spurling (weißes Koppel).
Generalmajor Alwin Wolz (salutierend) übergibt die Stadt an den britischen General Douglas Spurling (weißes Koppel). © ullstein bild | ullstein bild
Einheiten der britischen 7. Panzerdivision (General Lyne) rücken in Hamburg ein
Einheiten der britischen 7. Panzerdivision (General Lyne) rücken in Hamburg ein © INTERFOTO | interfoto
Kapitulation Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg Dokumente Aufruf an die Hamburger
Kapitulation Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg Dokumente Aufruf an die Hamburger © Zeutschel Omniscan 11
Otto von Laun - Offizier, Anwalt, D - Parlamentär bei den Verhandlungen zur Übergabe Hamburgs an die Briten Porträt
Otto von Laun - Offizier, Anwalt, D - Parlamentär bei den Verhandlungen zur Übergabe Hamburgs an die Briten Porträt © ullstein bild | ullstein bild
Kapitulation Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg Dokumente Briefumschlag Schreiben Lyne
Kapitulation Hamburgs nach dem zweiten Weltkrieg Dokumente Briefumschlag Schreiben Lyne © Staatsarchiv Hamburg
Bekanntmachung des Polizeipräsidenten zur Kapitulation Hamburgs
Bekanntmachung des Polizeipräsidenten zur Kapitulation Hamburgs © Staatsarchiv Hamburg
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Über mehrere Tage wurde die Stadt „von Rauchwolken verdunkelt und vom Aschenregen überrieselt“. Am stärksten betroffen war der östlich der Alster gelegene Teil Hamburgs – dort, wo vor allem Arbeiter lebten. Eines der wesentlichen Ziele der britischen Luftangriffe war es, die Moral der Menschen und ihre Verbundenheit mit dem Naziregime zu erschüttern.

Otto Rudolf von Laun, einer der drei Männer, die Ende April 1945 die Kapitulation Hamburgs und damit seine Rettung vor totaler Zerstörung einfädelten, schrieb in seinen Erinnerungen: „Das Bemerkenswerte an diesen Luftangriffen auf Hamburg war übrigens – im Gegensatz zu Angriffen auf andere Städte – die Absicht, die angeblich Churchill gehabt haben soll: die Arbeiterviertel durch starke Angriffe in Brand zu setzen, damit möglichst viele Menschen umkamen.“

Die englische Kriegsführung habe auf einen Arbeiteraufstand gehofft, der zum Rückgang der Kriegsführung führen sollte. „Man hat also ganz bewusst reine Zivilprojekte angegriffen, …, nämlich Arbeiter-Wohnviertel.“ Die Zahl der Opfer war verheerend. „Auf den Straßen lagen damals nach den Angriffen Tausende von Leichen, Zivilisten, auf einer Länge von 1,20 Meter bis 1,50 zusammengeschrumpft durch die entsetzliche Hitze, in der sie verkohlt waren“, schrieb von Laun.

Fliehen konnten die Menschen nicht. „Die englische Luftwaffe hatte nämlich hauptsächlich mit Brandbomben angegriffen, die kreisförmig abgeworfen wurden, sodass sich der Brand konzentrisch von außen nach innen fraß. Die in einem solchen Brandzirkel gefangenen Menschen konnten nicht mehr heraus.“

Wie oben schon geschrieben, ging vor allem Hamburgs Osten unter. „Es sind dieses die Stadt- und Ortsteile Barmbek, Uhlenhorst, Eilbek, Hamm, Hammerbrook, Horn, Wandsbek, Borgfelde, Hohenfelde, St. Georg“, schrieb Dähn. Schwer zerstört wurden zudem Teile der Innenstadt, Eimsbüttel, St. Pauli, Eppendorf, Altona, Harburg und der Hafen. Blankenese sei nicht getroffen worden, ergänzt von Laun. „Dort fielen nur die RAF-Flugblätter: ‚Blankenese wollen wir schonen, dort wollen wir später wohnen!‘“

Um den Umfang der Zerstörungen zu verstehen, lohnt ein Vergleich mit anderen deutschen Städten. „Von den Städten der Bundesrepublik hat Hamburg mit 52,7 Prozent zerstörtem Wohnungsbestand einen Anteil, der weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, und mit einem Wohnungsausfall von 295.980 Wohnungen den größten Wohnungsverlust aller Städte des Bundesgebietes“, so Dähn. Das in Hamburg zerstörte Wohnungsvolumen am Ende des Krieges entsprach „dem Gesamtwohnungsbestand der Städte Nürnberg, Augsburg, Ludwigshafen, Würzburg und Regensburg zusammen“.

Da vor allem Wohnbauten zerstört wurden, verloren rund eine Million Menschen ihr Dach über dem Kopf. Zugleich wurde der wirtschaftlichen Kraft der Hansestadt ein schwerer Schlag versetzt. „Vergleichen wir die Schäden an Wohnungen und Wohngebäuden miteinander, so führt dieses zu der Feststellung, dass mit 52,9 Prozent Wohnungsausfall verhältnismäßig mehr Wohnungen als Wohngebäude zerstört wurden, denn der Verlust an Wohngebäuden betrug ‚nur‘ 32,2 Prozent“, schrieb Dähn.

Die Zahlen über die Zerstörungen zeigen, „dass überwiegend Wohngebäude mit vielen Wohnungen, also insbesondere die Großwohnanlagen, zerstört wurden“. Dagegen war die Zahl der zerstörten Kleinhäuser sowohl absolut als auch relativ weit geringer. „Die Angriffe haben sich zur Hauptsache auf die dicht bevölkerten Wohngebiete im städtischen Bereich Hamburgs konzentriert, während im nichtstädtischen Bereich (Randgebiete, Außenbezirke, ländliche Gebiete) die Zerstörung verhältnismäßig gering war.“

Erschwerend kommt hinzu, dass zur Stunde null 49,2 Prozent der Wohnungen total zerstört waren. Lediglich elf Prozent der Wohnungen konnten, weil sie weniger schwer beschädigt waren, noch als notdürftige Unterkunft genutzt werden. Bei Sprengbomben gab es große Schäden vor allem an den Einschlagstellen, beschrieb Dähn die Situation. Wenn ein Gebäude durch eine Brandbombe getroffen wurde, brannte es zumeist aus. „Da Hamburg überwiegend durch Brand zerstört wurde, war das typische Schadensbild die ausgebrannte Ruine.“

Beim Abriss der Ruinen achteten die Verantwortlichen der Stadt darauf, dass nach 1918 geschaffene Gebäude erhalten blieben. „In dieser Zeit entstanden die großen derzeit modernen Wohngebiete Jarrestadt, Hamm, Barmbek-Nord, Dulsberg, Horn mit etwa 33.700 Wohnungen“, so Dähn. Von diesen „Neubauwohnungen“ waren rund 25.900 durch Brand zerstört worden. Allerdings blieben das Mauerwerk der Außenwände und die Treppenhäuser ganz oder teilweise erhalten und eigneten sich so zum Wiederaufbau.

295.000 Wohnungen waren in Hamburg komplett zerstört

Dähn und seine Mitarbeiter haben später einmal versucht, die Zerstörungen in finanzielle Werte zu fassen. „Nimmt man an, dass die Zerstörungen der anderen Baugruppen etwa den Zerstörungen im Wohnungsbau entsprechen, so lässt sich der Gesamtzerstörungswert nach dem Baukostenstand 1952 wie folgt ermitteln: 295.000 zerstörte Wohnungen mit einem durchschnittlichen Bauwert von 12.000 D-Mark je Wohnung ergeben Gesamtkosten von 3,54 Milliarden D-Mark.“

Hinzu komme, dass etwa 150.000 Wohnungen mittel und leicht beschädigt wurden und dass der Instandsetzungswert durchschnittlich mit 2000 D-Mark angesetzt werden müsse. Das ergebe 300 Millionen D-Mark, sodass der Wert der zerstörten Wohnungen insgesamt einen Wert von 3,84 Milliarden D-Mark ergeben habe. Den Zerstörungswert aller Bauwerke der anderen Baugruppen setzte Arthur Dähn mit dem gleichen Wert an, was eine Summe von 7,68 Milliarden D-Mark ergab.

Zu diesen Kosten seien noch die Kosten für die Baureifmachung von Grundstücken gekommen, sodass sich die Gesamtbaukosten, die sich aus der Zerstörung ergaben, auf etwa acht Milliarden D-Mark belaufen. „Das bedeutet bei Vollbeschäftigung der Hamburger Bauarbeiterschaft eine Bauleistung von 25 Jahren“, rechnete Dähn aus.

Kurz nach Kriegsende entpuppten sich die Aufräumungsarbeiten schwieriger als zunächst gedacht. „Es musste geklärt werden, wo mit den Arbeiten begonnen werden sollte, wo die unvorstellbar großen Mengen an Bauschutt bleiben sollten, die es zu beseitigen galt“, schrieb Hartmut Hohlbein. Man diskutierte ernsthaft die Frage, ob der Schutt auf Schiffe verladen und im Meer versenkt werden sollte.

Doch die Trümmer waren für den Wiederaufbau zu wertvoll, um sie irgendwo im Meer abzuladen. „Man benutzte sie dann, um einige der Fleete in Hamburg sowie einen Streifen neben dem Alsterdamm an der Binnenalster zuzuschütten.“ Für die Aufräumungsarbeiten auf öffentlichem Grund und Boden wurde sogar ein eigenes Aufräumungsamt geschaffen.

Zunächst ging es darum, die Hauptstraßen der Innenstadt und anschließend die wichtigsten Ausfallstraßen zu räumen. „Begonnen wurde in der Ferdinandstraße und in der Bergstraße“, so Hohlbein. „Danach ging die Arbeit voran in Richtung Mönckebergstraße und zum Alten Wall und dann in verschiedene andere Bereiche der Innenstadt.“ Anschließend wurden der Glockengießerwall und die Lange Reihe sowie die Straßen in Richtung Wandsbek und Altona von Schutt befreit. Die Räumung der Ferdinandstraße ermöglichte es, dass die Straßenbahnen mit den Nummern 16, 18 und 22 wieder den Rathausmarkt anfahren konnten.

Allerdings mangelte es an dem richtigen Gerät, die Trümmer zu beseitigen, an Baumaterial und an ausreichend Arbeitskräften. Da half es auch nicht, dass das alliierte Hauptquartier am 18. Mai 1945 beschloss, alle über 50-jährigen Kriegsgefangenen zu entlassen. Zudem wurde in Hamburg die Forderung laut, die Briten mögen doch auf die Sprengung von Bunkern verzichten, weil diese übergangsweise als Wohnraum genutzt werden könnten.