Hamburg. Auf der Hauptversammlung in Hamburg wird der Opfer der Germanwings-Katastrophe gedacht. Und es gibt Kritik an schwachen Zahlen.

Für den Lufthansa-Konzern war es kein Aktionärstreffen wie jedes andere. „Hätte diese Hauptversammlung vor sechs Wochen stattgefunden, so hätte ich ihnen in meiner Rückschau über ein turbulentes und schwieriges Jahr 2014 berichtet“, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor 1350 Anteilseignern im Congress Center Hamburg, „aber die Ereignisse des 24. März haben alles verändert, haben alles in eine andere Dimension gerückt.“ Mit einer Schweigeminute gedachten das Lufthansa-Management und die Aktionäre der Opfer des Germanwings-Unglücks.

Diese Tragödie werde „für immer Spuren in unserem Unternehmen hinterlassen“, so Spohr. In der Luftfahrt habe man stets aus Unglücken gelernt, und so werde auch die Lufthansa-Gruppe ihre Sicherheitsstrukturen weiterentwickeln. „Dies gilt unabhängig von Marke und Tarifvertrag, wobei wir schon heute über den gesetzlich vorgeschriebenen Standards liegen“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Unter anderem sei vorgesehen, die Auswahlverfahren sowie die Ausbildungs- und Trainingsprozesse der Piloten weiter anzugleichen, der Konzernsicherheitspilot berichte nun direkt an den Vorstand. Auch in der flugmedizinischen Abteilung gebe es Veränderungen. „Jeden Tag fliegen mehr als 300.000 Menschen mit den Airlines unserer Gruppe und vertrauen uns ihr Leben an“, so Spohr: „Vertrauen ist unser Geschäft.“

Doch nicht nur wegen des Germanwings-Unglücks seien die zurückliegenden zwölf Monate „nicht der Start gewesen, den ich mir gewünscht habe“. Der Kostendruck habe weiter zugenommen, außerdem hätten allein die bisher zwölf Pilotenstreiks seit April 2014 zusammen mehr als 320 Millionen Euro gekostet.

Am Mittwoch bot der Lufthansa-Vorstand der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) vor diesem Hintergrund eine Gesamtschlichtung aller offenen Tarifverträge an. Die Fluggesellschaft sei bereit, noch in dieser Woche mit der Auswahl eines Schlichters zu beginnen. Bisher hatte der Lufthansa-Vorstand die von den Piloten geforderte Gesamtschlichtung mit der Begründung abgelehnt, dass noch nicht über alle Tarifverträge verhandelt worden sei und die VC-Forderungen zu einigen Verträgen noch nicht bekannt seien. Zentraler Streitpunkt des Konflikts ist die Altersversorgung der Piloten. VC-Sprecher Markus Wahl wollte den Vorstoß des Arbeitgebers noch nicht bewerten: „Wir müssen abwarten, bis die Lufthansa uns das Angebot auch am Tariftisch vorlegt.“ Bis dahin könnten noch ein paar Tage vergehen.

Zwar hat sich im Jahr 2014 der operative Konzerngewinn von rund 700 Millionen auf etwa 950 Millionen Euro verbessert. Dazu steuerten aber die sogenannten Servicegesellschaften – nicht zuletzt die Hamburger Tochter Lufthansa Technik – ungefähr die Hälfte bei, und das Passagierfluggeschäft erzielte nur aufgrund der gesunkenen Treibstoffkosten und einer Verlängerung der Abschreibungsfrist auf die Flugzeuge eine Ertragssteigerung. Ohne diese Effekte hätte das Ergebnis der Airline-Sparte „deutlich unter dem Vorjahreswert“ gelegen, musste Spohr einräumen. Die Dividende fällt aus.

Mehrere Aktionärssprecher drückten denn auch ihre Unzufriedenheit über diese Ertragsschwäche aus. „Die Ergebnisse stimmen nicht“, sagte Markus Neumann, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Man müsse sich fragen, ob es nicht sinnvoll sei, zur Steigerung des Aktionärswerts den Lufthansa-Konzern aufzuspalten – mit den Fluggesellschaften in dem einen Unternehmen und den Servicegesellschaften in einer separaten Firma.

„Die Lufthansa steckt in einer Kosten- und Strategiefalle“, sagte Ingo Speich, Portfoliomanager bei dem Fondshaus Union Investment. Er regte an, dem Passagierfluggeschäft, das im Wettbewerbsvergleich zu teuer produziere, eine Schrumpfkur zu verordnen, anstatt dort immense Beträge zu investieren – bis 2025 stehen 272 fabrikneue Flugzeuge zu einem Listenpreis von rund 38 Milliarden Euro zur Auslieferung an. Spohr konterte: „Der Luftverkehr ist eine Wachstumsbranche“, daher sei eine Schrumpfkur fehl am Platz.

Schon 2014 soll es schwarze Zahlenim Geschäft mit Europa-Flügen geben

Stattdessen will der Konzernchef die Kernmarke Lufthansa zu einem absoluten Premiumanbieter machen und gleichzeitig das Billigsegment unter dem Markendach „Eurowings“ ausbauen. Es soll innerhalb weniger Jahre mit mehr als 100 Flugzeugen zur Nummer drei im europäischen Billigflugmarkt hinter Ryanair und EasyJet aufsteigen. Schon 2014 werde es gelingen, im dezentralen Europa-Verkehr – also bei Flügen abseits der Drehkreuze wie Frankfurt und München – wieder schwarze Zahlen zu schreiben, so Spohr. „Über viele Jahre waren sie tief rot, und zwar im dreistelligen Millionenbereich.“

Insgesamt erwartet der Vorstand für 2015 ein verbessertes Ergebnis. Der Lufthansa-Chef ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Kosten weiter sinken müssen. So wird das Sparprogramm „Score“ nun vom „7to1“-Programm abgelöst: „Damit wird die jährliche Steigerung unserer Effizienz um zwei bis drei Prozent zur Daueraufgabe.“