Hamburg. Jedes Jahr flössen Tausende Tonnen Öl und Chemie in die Nordsee, mahnt Greenpeace – und fordert härtere Strafen gegen Unternehmen.
Die Umweltorganisation Greenpeace hat härtere Strafen gegen Ölunternehmen für Verschmutzungen der Nordsee gefordert. Jährlich gelangten fast 8300 Tonnen Öl durch die Ölförderung in die Nordsee, teilte Greenpeace am Dienstag mit. Dazu gebe es jedes Jahr auf Plattformen Hunderte Unfälle mit Öl und Chemikalien.
Zugleich würden die zahlreichen Anlagen auf See kaum kontrolliert. Stattdessen seien die Betreiber angehalten, Unfälle selbst zu melden. Von mehreren Hundert offiziellen Unfällen pro Jahr würden nur wenige Dutzend bestraft, und das mit geringen Summen bis 30.000 Euro, hieß es.
Die Meeresbiologen und Greenpeace-Experten Christian Bussau und Jörg Feddern forderten strengere Strafen und mehr Kontrollen der rund 750 Anlagen der Energieversorger in der Nordsee. Die erlaubten Schadstoffeinleitungen müssten schrittweise auf Null gesenkt werden.
425 Unfälle im Jahr 2012
Die 8300 Tonnen Öl stammen aus dem sogenannten Produktionswasser der Ölbohrungen. Dieses ölhaltige Wasser entsteht bei der alltäglichen Förderung. Dazu komme Ballastwasser, erklärte Feddern: Meerwasser werde in die Ballasttanks der Plattformen gepumpt, wenn das Öl dort abtransportiert wird. Wird neues Öl gefördert, gelangt das ölhaltige Ballastwasser ins Meer.
Dazu kämen die Unfälle, 2012 waren dies dem Bericht zufolge 425 im Bereich des sogenannten OSPAR-Abkommens (Oslo-Paris-Übereinkunft) von 16 Staaten einschließlich der EU. Dabei flossen 121 Tonnen Öl ins Meer. „Das hört sich erstmal nicht viel an“, sagte Bussau. Er erinnerte aber an die Havarie des Schiffes „Pallas“ 1998 vor Amrum. 100 Tonnen Öl flossen ins Meer. „Dabei starben aber 16.000 Seevögel.“
Zudem würden die Ölförderanlagen erhebliche Mengen Abgase produzieren, heißt es in dem Bericht. Das seien 2012 rund 29,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid gewesen, sagte Feddern. „Das entspricht den Abgasen von zehn Millionen Autos.
Inzwischen seien viele Ölfelder in der Nordsee ausgebeutet, die Produktion werde aufwendiger. „Die Ölindustrie zieht Richtung Norden, Richtung Arktis“, warnte Feddern. Dort sei das Ökosystem noch empfindlicher.
Greenpeace: Haben nicht zum Boykott von Shell aufgerufen
20 Jahre nach der „Brent Spar“-Kampagne zog Bussau eine positive Bilanz. „Die „Brent Spar“ wäre die erste Plattform gewesen, die im Meer versenkt worden wäre. Diesen Präzedenzfall wollten wir verhindern.“ Am 30. April 1995 besetzten Greenpeace-Aktivisten die Plattform. „Die Bilder gingen damals um die Welt.“ Greenpeace habe damals gar nicht zum Boykott von Shell aufgerufen. „Das haben die Menschen selbst entschieden. Dieser Erfolg hat erstmals gezeigt, welche Macht der Verbraucher hat.“
Drei Jahre danach beschlossen die OSPAR-Vertragsstaaten ein generelles Versenkungsverbot für Ölplattformen im Nordatlantik. Seitdem seien 56 ausgediente Plattformen umweltgerecht an Land entsorgt worden, sagte Bussau. 32 weitere Plattformen würden in den kommenden zehn Jahren abgewrackt.