Hamburg. Mittlerweile stehen nur noch 20 Hektar an freien Gewerbeflächen zur Verfügung. Olympia-Planungen verschärfen Problem.

Der Hamburger Hafen befindet sich im Vergleich zu anderen Welthäfen mitten in der Stadt. Und diese besondere Lage könnte für die Wirtschaft langsam zum Problem werden. Denn das Gros der Flächen am Wasser ist bereits bebaut. Soll der Hafen weiterwachsen, fehlt dafür der Platz.

Wie der Senat nun auf eine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsfraktion einräumte, sind aktuell nur noch zwölf Flächen mit zusammen lediglich rund 20 Hektar im 7236 Hektar großen Hafen verfügbar. Für einen Welthafen, als den Hamburg sich sieht, ist das äußerst wenig. Das Angebot an Gewerbeflächen hat sich innerhalb von vier Jahren halbiert. Denn 2011 sprach die Hamburg Port Authority (HPA) noch von 40 Hektar. Und schon damals räumte sie ein, dass die Flächenreserven im Vergleich zu den Wettbewerbern eigentlich viel zu gering seien. Rotterdam hatte damals 200 Hektar zur Verfügung, Amsterdam sogar 343 Hektar. „So wird Hamburg im Handumdrehen hinter den Konkurrenzhäfen zurückbleiben“, kritisiert der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse.

Zumal es kein Konzept für weitere Flächen über die 20 Hektar hinaus gebe. Eigentlich gab es diese Planungen: So wollte die für die Hafenflächen zuständige HPA in diesem Jahr 40.000 Qua­dratmeter eines ehemaligen Raffineriegeländes in den Seehäfen in Harburg auf den Markt bringen. Doch das Vorhaben wurde unlängst gestoppt, wie übrigens andere Flächenumwandlungen auch. Denn seit Hamburg vom Deutschen Olympischen Sportbund als Kandidat für die Sommerspiele im Jahr 2024 ins Rennen geschickt wurde, muss die Flächenvergabe im Hafen völlig neu überdacht werden.

Hamburgs Olympia-Bewerbung verschärft die Flächenknappheit akut. Die Idee der Spiele am Wasser auf dem rund 78 Hektar umfassenden Kleinen Grasbrook mag Sportveranstalter und Stadtentwickler in Verzückungen versetzen. Für Hafenplaner bedeutet sie viel Arbeit. Denn sie müssen zunächst die dort ansässigen Umschlag- und Handelsbetriebe umsiedeln, bevor die Wettkampfstätten tatsächlich errichtet werden können. Doch wohin sollen die Unternehmen bei der aktuellen Flächenknappheit ziehen?

Dabei ist Olympia nicht mehr als ein Katalysator, der eine Entwicklung beschleunigt, die schon viele Jahre zurückreicht. Bereits Anfang des vergangenen Jahrzehnts haben Stadtentwickler für den sogenannten Sprung über die Elbe ein Alternativkonzept für die Nutzung der Hafenflächen des Kleinen Grasbrooks vorgesehen, mit Wohnbebauung. Damals gab es noch vehementen Widerstand von der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA), dem Hauptnutzer des Gebiets. Jetzt setzt der Senat auf ein anderes Gelände, nämlich auf Steinwerder. Dort könnte die HHLA ihre Geschäfte fortsetzen.

Hauptproblem: Der Bereich ist nicht frei. Direkt am Hansa-Terminal sitzt beispielsweise die Firma Buss, immerhin drittgrößter Umschlagbetrieb im Hafen. Rund 200 Menschen arbeiten am Hansa-Terminal, das mit dem Umschlag von Papier und Stückgutladung Gewinne macht. Buss will diese Flächen behalten und nicht an einen Konkurrenten wie die HHLA verlieren.

Ursprünglich verfügte die Buss-Gruppe über einen Mietvertrag bis zum Jahr 2028. Diesen Mietvertrag hat sich das Hafenunternehmen teuer von der Stadt abkaufen lassen, zu einer Zeit als man noch glaubte, dass das Hafenwachstum ungebremst weitergehe. Für das Hansa-Terminal wurde der Mietvertrag fortan kurzfristig verlängert. Zuletzt 2012 für vier Jahre. Noch im vergangenen Jahr hatte Wirtschafts­senator Frank Horch (parteilos) bei einem Besuch des Hansa-Terminals gesagt, dass er das Gelände zusammen mit Buss weiterentwickeln wolle. „Auf diese Zusage vertrauen wir und unsere Kunden auch“, sagt eine Buss-Sprecherin. Aber damals war die Olympia-Bewerbung noch nicht aktuell.

SPD und Grüne wollen nun den Travehafen zuschütten, um zusätzliche Flächen zu gewinnen. Aber auch dieses Hafenbecken ist in Nutzung: Robert Eckelmann hat hier seine schwimmenden Containertaxis untergebracht, Arnold Ritscher seine Pontons und Schuten für den Hafenausbau und Taucher Knoth seine Tauch- und Bergungsschiffe. Diesen Unternehmen hat die HPA trotz Anfrage keine Alternativen angeboten. Offenbar fehlen vergleichbare Ersatzflächen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zuschüttung des Hafenbeckens ein ähnlich schwerer Eingriff in die Elbe wäre wie die Elbvertiefung, und somit ein gesondertes Genehmigungsverfahren mit Berücksichtigung aller Umweltauswirkungen nach sich zöge. Bis zum Jahr 2024, wenn das Olympische Feuer in Hamburg entzündet werden soll, wäre das nicht zu schaffen.

Am vergangenen Freitag traf sich deshalb der Aufsichtsrat der HPA zu einer außerordentlichen Sitzung. Offiziell wurde kein Ergebnis kommuniziert. Nach Abendblatt-Informationen überlegt man nun eine Betriebsverlagerung der HHLA, ohne die Zuschüttung von Hafenbecken zu realisieren. Ein langwieriges Planfeststellungsverfahren könnte so vermieden werden und man wäre pünktlich zu Olympia fertig. Nachteil wäre, dass dann noch weniger Hafenflächen zur Verfügung stünden. Zur Lösung des Dilemmas hat HPA-Chef Jens Meier jetzt einen ganz anderen Plan. Er will den Automatisationsgrad im Hafen so erhöhen, dass die Produktivität steigt, auch wenn weniger Flächen zur Verfügung stehen. Ein ambitioniertes Projekt.