Hamburg. Was die Zuschauer dazu beitragen können, dass der 30. Hamburger Marathon am Sonntag ein gelungenes Jubiläum wird.

Einen Marathon aufzugeben, das wäre für Boris Bansemer nie infrage gekommen. Noch nicht einmal im vergangenen Sommer bei den Senioreneuropameisterschaften in Izmir. 50 Grad wurden seinerzeit im Zielbereich gemessen. „Man hatte das Gefühl, als würde der Asphalt unter den Schuhen schmelzen“, erinnerte sich Bansemer, 62. Trotzdem kämpfte sich der mehrfache Welt- und Europameister vom HSV über die 42,195 Kilometer. Am Ende blieb er in 3:29:25 zwar mehr als eine Stunde hinter seiner einstigen Bestzeit zurück. Doch der Lohn der Qualen war eine Bronzemedaille mit der Mannschaft in der Altersklasse 35.

Nicht alle würden am Sonntag derartige Strapazen auf sich nehmen, um es beim 30. Haspa-Marathon Hamburg ins Ziel zu schaffen. Bansemer bleiben sie in jedem Fall erspart: Er begnügt sich mit einem Kurzeinsatz für die Elbstaffel, ein Projekt mit drei prominent besetzten Viererteams, die für einen guten Zweck an den Start gehen. Temperaturen wie im Sommer an der türkischen Ägäisküste sind ohnedies nicht zu erwarten. Das Wetter scheint es auch im 30. Jahr gut zu meinen mit Hamburgs größtem Straßenfest. Vorausgesagt sind Temperaturen um 15 Grad, Regen soll erst in den frühen Nachmittagstunden fallen.

Beste Voraussetzungen also dafür, dass es möglichst viele der 19.500 zugelassenen Läuferinnen und Läufer auch ins Ziel an der Karolinenstraße schaffen. Die Zahl der Anmeldungen auf der Langstrecke entspricht einer Steigerung um mehr als 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (16.695) – die ausgebuchten Startplätze für die Staffel (6000) und den Zehntel-Schülerlauf am Sonnabend (7000) waren von vornherein begrenzt gewesen. „Dieser Zuwachs ist ein klein wenig sicher auch unserem Jubiläum geschuldet“, räumt Marathon-Chef Frank Thaleiser ein. Nachmeldungen für die Langstrecke werden sogar am Wochenende noch entgegengenommen.

Denn die Erfahrung lehrt, dass bei vielen früh Entschlossenen der Trainingsehrgeiz den Winter nicht überdauert. Die sogenannte Finisher-Quote, also der Anteil der gemeldeten Läufer, die tatsächlich den Marathon beenden, ist rückläufig. Stieg sie von 83,7 Prozent bei der Premiere vor 29 Jahren bis 1998 kontinuierlich auf die Rekordmarke von 89,1 Prozent an, geht es seitdem wellenförmig bergab mit der Statistik. Im vergangenen Jahr wurden 3837 gemeldete Läufer nicht im Ziel registriert. Damit lag die Quote von 77,0 Prozent aber immer noch deutlich über dem Tiefpunkt aus dem Jahr 2008 (68,4 Prozent).

Hier finden Sie eine Liste der gesperrten Straßen während des Hamburg-Marathons

Häufig sind es besonders frostige Winter, die die guten Marathonvorsätze über den Haufen werfen. Hat man es erst einmal an die Startlinie geschafft, wird allerdings die Hitze zur Gefahr. So gaben vor vier Jahren 8,7 Prozent der Marathonis das Rennen unterwegs auf. Seinerzeit hat der Deutsche Wetterdienst um 14.30 Uhr, als sich die letzten Läufer ins Ziel schleppten, 22,3 Grad gemessen. Noch wärmer war es 1996 (26,5 Grad), damals allerdings wurde der Anteil der Aussteiger noch nicht von den Zeitmessanlagen erfasst.

Kälte auf der Strecke hingegen ist kein Problem, im Gegenteil: Im vergangenen Jahr, beim mit einer Höchsttemperatur von 9,4 Grad zweitkältesten Hamburg-Marathon nach 1988 (7,1 Grad), kamen 12.858 der 13.312 angetretenen Läufer durch – eine Quote von 96,6 Prozent. Nur unwesentlich wärmer war es im Jahr 2000 (10,5 Grad), als mit 98,0 Prozent die bislang beste Quote registriert wurde.

Nicht in Daten messbar ist, welchen Einfluss die Zuschauer auf die Finisherzahlen haben. Er lässt sich aber gar nicht hoch genug einschätzen. Die Streckenführung in Hamburg erlaubt es dabei, seine Liebsten bis zu siebenmal anzufeuern. Der Veranstalter hat dazu einen speziellen Fahrplan ausgearbeitet.

So geht es nach dem Start an der Karolinenstraße mit der U-Bahn von Sternschanze oder Feldstraße aus zu den Landungsbrücken (Kilometer 12), von dort mit der S-Bahn zum Jungfernstieg (16,5), weiter zur Station Alte Wöhr (25), dann nach Ohlsdorf (31), zum Klosterstern (37,5) und schließlich über Hauptbahnhof zurück zum Start-Ziel-Bereich an den Messehallen.

Wer zu einer Staffel hält, kann dagegen die Wechselpunkte abfahren: vom Start mit der U-Bahn (Messehallen) oder zu Fuß zum Jungfernstieg, dann nach Alsterdorf zum Überseering, von dort 1,5 Kilometer zu Fuß zur Hindenburgstraße. Die Zonen gelten auch als die stimmungsvollsten des Marathons – neben der U-Bahn-Station Ohlsdorf und vor allem dem Eppendorfer Baum. Wer es als Läufer erst einmal in diesen heißesten aller „Hot Spots“ geschafft hat, wird sich von der Euphorie ins Ziel tragen lassen.