Hamburg . 250 Elektroflitzer aus Kalifornien wurden in Hamburg bereits verkauft. Im Süden der Stadt gibt es jetzt Gratisstrom.

Als Heidrun Lindtner und Gert Thies-Lembke am Dienstag morgen vor ihrem Hotel Lindtner in Heimfeld stehen und eine ganze Reihe Teslas vorfahren, freuen sich die Hoteliers über den Beginn einer ungewöhnlichen Kooperation: Auf dem Parkplatz für die Gäste sind gerade vier Ladesäulen für die Elektroflitzer aus Kalifornien installiert worden. „Damit sind wir das erste Hotel in Europa mit diesem Service“, sagt Heidrun Lindtner nicht ohne Stolz in der Stimme.

Die Ladesäulen werden sich auch bei der Belegung des Hotels bemerkbar machen, rechnen die Betreiber vor: „Wir werden etwa 2500 Übernachtungen im Jahr durch die neuen Tanksäulen generieren“, schätzt zumindest Geschäftsführer Thies-Lembke. Denn etliche Skandinavier auf der Reise in den Süden machen bei Lindtner Zwischenstation. Und in ihrer Heimat ist der Tesla längst keine Erscheinung mehr, bei der sich die Fußgänger verwundert die Augen reiben: In Norwegen hat die US-Marke bei den Zulassungen schon 2013 den VW Golf überholt, dank großzügiger Steuernachlässe.

Apropos überholen: Der Tesla könnte mit seinem klimaschonenden Elektromotor als Vernunftauto gelten, ist aber auch ein Spaßmobil. Der Tesla S ist die weltweit am schnellsten beschleunigende viertürige Limousine, die jemals gebaut wurde. Bei der Probefahrt mit dem Abendblatt gestern bewies Tesla-Deutschland-Chef Philipp Schröder, dass sich ein Besuch auf dem Dom nach diesem Erlebnis erübrigt: In der Achterbahn ist man auch nicht schneller. Die Gesichtszüge entgleiten, das Blut schießt irgendwo in den Hinterkopf, die Bäume am Straßenrand verschwimmen zum Schattenspiel.

Einige Hundert Kunden aus der Metropolregion gönnen sich dieses Fahrvergnügen bereits: „Seit der Eröffnung unseres Tesla-Geschäfts im Oktober des vergangenen Jahres in Hamburg haben wir hier 250 Fahrzeuge verkauft“, sagt Schröder. Nach Abendblatt-Informationen hatte Tesla aber mehr Verkäufe geplant. Bundesweit sind bisher 1500 Teslas zugelassen worden.

Weil in Deutschland nur die Kfz-Steuer für Elektrowagen entfällt und es darüber hinaus keine finanziellen Anreize für die Stromer gibt, läuft der Absatz hier eher schleppend. Auch in Norwegen steht die staatliche Förderung aktuell auf dem Prüfstand. Sie wird als Subvention für Wohlhabende kritisiert. Schließlich kostet ein Tesla mindestens 70.000 Euro. Derzeit haben die Kalifornier ohnehin nur die Limousine, das Model S, im Programm. Der Roadster ist als Neuwagen nicht mehr erhältlich. Die Ladestation am Hotel Lindtner bietet Tesla-Fahrern wie alle Aufladestandorte der Firma Strom gratis an. Ein solcher Supercharger lädt die Batterien in rund 20 Minuten zur Hälfte wieder auf. Mit voller Ladung schafft das Modell S eine Reichweite von rund 500 Kilometern.

Die Supercharger sind ansonsten an Autohöfen und Raststätten platziert und sollen den Kunden das Fahren längerer Strecken mit wenigen Stopps ermöglichen. In Deutschland erstreckt sich Teslas Ladenetz vom Norden bis nach München sowie von Düsseldorf nach Berlin und deckt auch die Nachbarländer ab, wie Holland, Dänemark, Österreich und die Schweiz. „So kommen Sie kostenlos bis in die Toskana“, wirbt Schröder für seine Marke.

Weltweit hat Tesla bereits mehr als 407 Supercharger installiert, in Europa sind es 141 Standorte. Zu Hause können Tesla-Fahrer das Auto an der roten Steckdose aufladen, die etwas mehr Energie liefert als ein herkömmliches Modell und unproblematisch zu installieren ist. Für eine Ladung bezahlt der Kunde dabei gut 20 Euro und kann dafür von Hamburg bis nach Amsterdam fahren. Vor allem in Deutschland bremsen derzeit allerdings die niedrigen Treibstoffpreise den schwachen Absatz von Elektro- und Hybridautos.

Billiger Kraftstoff bremst die Lust auf alternative Antriebe

Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer ermittelte in einer Studie, dass „billiges Benzin und Diesel den Wunsch nach mehr PS und mehr SUV fördert, sie lassen aber alternative Antriebe verkümmern“. Die deutschen Hersteller haben nach den Angaben 2014 im Inland zusammen 1,88 Millionen Autos abgesetzt – davon seien die 28 Modelle mit Hybrid, Plug-in-Hybrid oder reinem Elektroantrieb zusammen nur 8463 Mal verkauft worden.

Tesla konnte seine Verkäufe weltweit zuletzt allerdings kräftig steigern. Das Unternehmen meldete 10.030 ausgelieferte Fahrzeuge für das erste Quartal – ein Anstieg um 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings muss die Firma auch sehr ambitionierte Ziele erreichen. Im Gesamtjahr will Tesla-Chef Elon Musk 55.000 Wagen an die Kundschaft bringen.