Hamburg. Bei Blohm + Voss stehen die Kreuzfahrtschiffe Schlange, um für die neue Saison fit gemacht zu werden. Millionen-Aufträge.

Im Frühling, wenn die Tage länger werden und die Luft wärmer, dann startet in Europa die Kreuzfahrtsaison. Ein Unternehmen, das davon stark profitiert, ist Blohm+Voss. Denn etliche Kreuzfahrtreedereien schicken derzeit ihre fahrenden Schmuckstücke zur Hamburger Traditionswerft, um diese für die neue Saison fit zu machen. Wer das erleben will, muss derzeit nur an den Landungsbrücken auf die andere Seite schauen. Wöchentlich kommen derzeit neue Kreuzfahrtriesen, um sich von innen und außen aufhübschen zu lassen.

Ein besonderes Bild bietet sich den Elbspaziergängern in diesen Tagen: Gleich drei Luxusliner haben hintereinander festgemacht. Sie liegen in den Docks 10, 11 und 17, und werden dort zeitgleich repariert. Bis heute ist die „Azura“ der Reederei P&O Cruises/Carnival in Hamburg. Das 299 Meter lange Kreuzfahrtschiff hat eine neue Außenhautbeschichtung und eine Abgasentschwefelungsanlage bekommen, um die neuen Umweltvorschriften für Nord- und Ostsee einzuhalten. Zudem gab es Reparaturarbeiten an den Querstrahlrudern. Am Nachmittag wird die „Azura“ wieder ausdocken und Kurs Richtung Southampton nehmen. Am Sonntag soll sie von dort aus zu einer Kreuzfahrt Richtung Kanarische Inseln aufbrechen.

Ganz außen elbabwärts liegt die „Rotterdam“ im Dock. Auch das Flaggschiff der Holland America Line erhält einen neuen Anstrich und eine Abgasentschwefelungsanlage, um die Emissionsgrenzwerte der Europäischen Union einhalten zu können. Zum ersten Mal ist die vor zwei Jahren in Dienst gestellte „Europa 2“ der Hapag-Lloyd Kreuzfahrten im Dock. Neben Konservierungsarbeiten an der Außenhaut werden Antrieb und Stabilisatoren routinemäßig überprüft. Hinzu kommen Arbeiten im Gäste-und Restaurantbereich. Am 22. April wird die „Europa 2“ von der Werft zum Kreuzfahrtterminal in der Hafencity hinüberschippern, um dort Passagiere für eine neuntägige Kreuzfahrt entlang der Küste Europas aufzunehmen. Zum Auftragsvolumen für die drei Kreuzfahrtschiffe sagt Blohm + Voss nichts: Es sind sicher mehrere Millionen Euro.

Nicht nur Kreuzfahrtreedereien lassen derzeit ihre Schiffe in der Hamburger Werft fit machen. Auch viele Millionäre wollen das Erscheinungsbild ihrer Superyachten aufbessern, bevor sie die Prestigeobjekte in die Häfen von Nizza, Monaco oder Marbella verlegen. So ankert die 162 Meter lange „Eclipse“ des russischen Milliardärs Roman Abramowitsch seit Februar in einem der hinteren Docks bei Blohm + Voss für ein „Refitting“ , wie es unter Fachleuten heißt. Und Prinz Khaled al-Faisal aus Saudi-Arabien will seinen schwimmenden Traum aus 1001 Nacht, die „Golden Odyssey“, verkaufen und lässt sie dafür noch einmal auf Vordermann bringen. Der Verkaufsprospekt des Yachtmaklers Burgess gibt ausführlich Auskunft über die Ausstattung der sieben Suiten sowie des raumhohen Aquariums mit Korallenriff an Bord. Nicht nur das Interieur auch der Preis der 80 Meter langen „Golden Odyssey“ ist luxuriös: Sie kostet knapp 37,7 Millionen Euro.

„Blohm + Voss ist derzeit gut ausgelastet“, sagt ein Sprecher der Werft. „Drei Kreuzfahrtschiffe haben wir sehr selten zugleich im Dock.“ Jetzt mache sich der Vertrag bezahlt, den Blohm + Voss mit Carnival geschlossen habe. Im September hatte die Werft mit der US-Reedereigruppe, zu der neben Carnival, Aida und Cunard zahlreiche weitere Reedereien gehören, einen exklusiven Reparatur- und Service-Vertrag für die gesamte Flotte im nordeuropäischen Raum vereinbart. „Allerdings haben wir nicht nur Carnival-Schiffe bei uns“, so der Sprecher. „Kürzlich hatten wir ja auch die „Anthem of the Seas“ der Royal Caribbean International zu Gast. Und Hapag-Lloyd kommt mit seinen Schiffen auch zu uns.“

Neben dem Reparaturbetrieb mit 420 Mitarbeiten gibt es noch den Schiffs-Neubaubereich mit rund 700 Mitarbeitern in Hamburg. Diese bauen derzeit im Auftrag des ehemaligen Blohm + Voss-Eigners ThyssenKrupp vier neue Fregatten für die Deutsche Marine, von denen die zweite auf der Werft heute auf den Namen „Nordrhein-Westfalen“ getauft wird.

Weniger erfolgreich verläuft das eigene Neubaugeschäft mit Luxus-Yachten. Seit der Fertigstellung der „Eclipse“ im Juni 2009 wartet Blohm + Voss auf Neubauaufträge. Seit der Monaco Yacht Show im vergangenen Sommer gibt es die Absichtserklärung eines Kunden, den eine „BV80“ interessiert. Dabei handelt es sich um eine 80 Meter lange, technisch fertig konzipierte Yacht, welche die Werft in Kleinserie herstellen könnte. Die Kunden müssten nur noch über Gestaltung und Innenausbau entscheiden. Die Kosten liegen bei etwa 150 Millionen Euro. Einen festen Auftrag für den Neubau hat Blohm + Voss aber noch nicht. Der langjährige Werft-Chef Herbert Aly musste deshalb Ende Februar gehen. Sein Nachfolger, der Niederländer Fred van Beers, ist seit sechs Wochen im Amt. Er arbeitet sich ein, heißt es.