Hamburg. So haben rund 1500 Hamburger gewählt: Das sind die 191 Straßen, an denen die Polizei heute das Tempo der Autofahrer kontrolliert.

Der erste europaweite Blitz-Marathon hat am Donnerstagmorgen auch in Norddeutschland begonnen. Bis Mitternacht prüfen Polizisten an 191 Orten in Hamburg sowie 192 Stellen in Mecklenburg-Vorpommern die Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer. Schleswig-Holstein nimmt wegen des großen Polizeieinsatzes zum G7-Außenministertreffen in Lübeck nicht teil.

Kontrolliert wird vor allem an Unfallschwerpunkten sowie vor Kindergärten, Schulen und Altenheimen. Als Erziehungsmaßnahme sollen in diesem Jahr auch Kinder von zwei Hamburger Schulen mithelfen, Temposünder zu stoppen und zur Rede zu stellen.

Wo geblitzt wird, konnten die Bürger selbst mitbestimmen. Insgesamt 1052 Mails und 427 Anrufe mit Vorschlägen sind eingegangen, wie die Polizei mitteilte. In insgesamt 191 Straßen wird geblitzt.


Beim europaweiten Blitzmarathon im September vergangenen Jahres hatten Hamburger Bürger wesentlich mehr Straßen vorgeschlagen. An insgesamt 340 Kontrollstellen waren insgesamt 486 Polizisten im Einsatz. Letztlich wurden damals nur wenige Verkehrssünder ertappt.

Schulkinder sollen Raser mit anhalten

Die Hamburger Polizei setzt am Donnerstag noch auf eine andere Erziehungsmaßnahme: Schulkinder sollen sich an der Seite der Beamten an Geschwindigkeitsmessungen beteiligen, Raser mit anhalten und zur Rede stellen. "Grundschüler der Schule Furtweg in Eidelstedt und der Gorch-Fock-Schule in Blankenese werden zusammen mit Polizeibeamten Raser heranwinken und zur Rede stellen", sagte eine Polizeisprecherin. Dies diene der Sensibilisierung von Autofahrern insbesondere in Tempo-30-Zonen.

An der Grundschule Furtweg in Eidelstedt ist auch ab 9 Uhr die Auftaktveranstaltung zum Hamburger Blitzmarathon geplant. Hier informiert die Verkehrsaufsicht die Schüler über Vorsichtsmaßnahmen im Straßenverkehr.

ADAC warnt vor „Überwachungsstaat“ bei anderen Kontrollen

Der ADAC unterstützt die Aktion. „Man kann den Abzockevorwurf definitiv nicht machen“, sagte ADAC-Hansa-Sprecher Christian Hieff. Geschwindigkeitsüberschreitung sei kein Kavaliersdelikt und in Flächenländern die Unfallursache Nummer eins. Die Unfallstatistik für Hamburg zeige allerdings, dass überhöhte Geschwindigkeit in der Stadt nicht das große Problem sei. Die Hauptunfallursachen seien vielmehr Unaufmerksamkeit am Steuer, Fehler beim Abbiegen und Einfädeln und das Missachten roter Ampeln.

Eine komplette Überwachung des Autoverkehrs lehnt der ADAC hingegen ab. „Wir kommen langsam in den Überwachungsstaat hinein“, sagte Hieff mit Blick auf einen Modellversuch mit der sogenannten Section Control nahe Hannover. Dabei wird das Tempo eines Fahrzeugs beim Beginn und am Ende einer bestimmten Strecke gemessen und das Durchschnittstempo errechnet. Wer über dem Tempolimit liegt, muss zahlen.

„Die Durchschnittsgeschwindigkeit sagte nichts über mein Fahrverhalten aus“, sagte Hieff. Theoretisch könnte ein Motorradfahrer auf 200 km/h beschleunigen, dann eine Zigarettenpause einlegen, und so ganz im Limit die zweite Kontrollstelle passieren. Für sehr sinnvoll hält der ADAC die Ankündigung von stationären Blitzgeräten, wie an den Elbbrücken. Vor einigen Jahren seien die Geräte eine Zeit lang abgeschaltet worden, und die Zahl der Unfälle habe sich wieder erhöht.

Keine Kontrollen in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein verzichtet in diesem Jahr auf den Blitzmarathon. Wer über die Stadtgrenze nach Schleswig-Holstein fährt, hat mit keiner besonderen Tempokontrolle zu rechnen. Wegen des Außenministertreffens der G7-Staaten am Dienstag und Mittwoch in Lübeck hat die Polizei keine freien Kapazitäten. „Das ist organisatorisch gar nicht zu leisten“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. (dpa/ras)