Hamburg . Das Wachstum der Coffeeshops ist beendet. Auch Hamburger Ketten wie Campus Suite und Balzac bekommen Probleme.

Als die Brüder Frank und Leonard Stebisch vor elf Jahren ihre erste Campus Suite an der Universität Kiel eröffneten, da war die Welt der deutschen Coffeeshops noch in Ordnung. Die dortigen Studenten rissen sich förmlich um Kaffeespezialitäten wie Latte macchiato und Cappuccino, auch die vergleichsweise günstigen Pastagerichte und Snacks kamen bei der jungen Klientel gut an. Die Stebisch-Brüder machten folglich immer neue Kaffeebars vorwiegend in Norddeutschland und in Hamburg auf, allein in der Hansestadt prangt das Logo der Kette heute an 13 Standorten.

Doch die Zeiten der ungehemmten Expansion sind für Campus Suite erst einmal vorbei. Im vergangenen Jahr ist das Netz um sieben Kaffeebars auf 27 geschrumpft, der Umsatz des Betreibers 4-elements sank um 13,8 Prozent auf 12,5 Millionen Euro. Verschwunden sind einzelne Campus Suites unter anderem in Flensburg, Kiel, Hannover und Lübeck. Auch in Hamburg wurde ein kleines Bistro an der Osterfeldstraße geschlossen. Zudem ist die repräsentative Kaffeebar Am Kaiserkai in der HafenCity vorübergehend dicht, weil Bauarbeiten in der Umgebung den Publikumsverkehr einbrechen ließen.

Man habe sich konsequent von „nicht zu 100 Prozent wirtschaftlichen Stores“ getrennt, sagt Campus-Suite-Chef Frank Stebisch zur Bereinigung des Filialnetzes. Dabei habe es sich vor allem um kleine Einheiten mit kurzen Öffnungszeiten gehandelt. Die schwierige Lage führt der Unternehmer vor allem auf die wachsende Konkurrenz in der Branche zurück. „Da mittlerweile bei jedem Bäcker die klassischen Produkte angeboten werden und viele Firmen für ihre Mitarbeiter im Bereich Verpflegung etwas tun, also zum Beispiel hochwertige Kaffeeautomaten aufstellen, ist es wichtig, sich durch Produkte mit hohem Wiedererkennungswert abzuheben“, sagt Stebisch.

Eine große Herausforderung stellen aus Sicht des Campus-Suite-Chefs auch die steigenden Mieten in den Großstädten und immer höhere Personalkosten dar. „Für einen Coffeeshop mit niedrigen Preisen ist es in der Hamburger Innenstadt schwer, eine Fläche zu 50 Euro pro Quadratmeter und deutlich mehr zu finanzieren.“

So ähnlich wie bei Campus Suite sieht es auch in vielen anderen Coffeeshop-Ketten in Deutschland aus. Die Euphorie, die noch um die Jahrtausendwende geherrscht habe, sei längst vorbei, sagt Gastroexpertin Gretel Weiß, die auch Herausgeberin der Fachzeitschrift „Food-Service“ ist. „Früher wollten alle aufstrebenden Gastronomen Coffeeshops aufmachen.“ Heute würden stattdessen Gourmetburgerketten gegründet.

Nach Berechnungen von „Food-Service“ wuchs die Zahl der Kaffeebars im Jahr 2014 gerade einmal noch um ein Prozent auf 2184. In absoluten Zahlen kamen 19 neue Coffeeshops in Deutschland hinzu, wobei allein 15 davon auf das Konto des deutschen Marktführers McDonald’s gingen, der weitere McCafés in seine bestehenden Fastfood-Restaurants integrierte und nun laut „Food-Service“ insgesamt auf 862 Läden kommt.

Selbst der weltweit größte Coffeeshop-Betreiber Starbucks tut sich mit dem deutschen Markt schwer und baute unter dem Strich zwei seiner gut 160 Kaffeebars im vergangenen Jahr ab. Das schleppende Starbucks-Geschäft überrascht auf den ersten Blick, ist Deutschland im internationalen Vergleich doch keineswegs überversorgt mit Bars der Kette. So gibt es beispielsweise in Großbritannien mehr als 800 Starbucks-Geschäfte, selbst die Türkei hat die Bundesrepublik mit 226 Kaffeebars der Amerikaner längst überflügelt.

Als Hauptgrund für die harte Konkurrenz in Deutschland hat auch Expertin Weiß die Bäcker ausgemacht, die schon vor Jahren den Verkauf von Kaffeespezialitäten als lukratives Zusatzgeschäft entdeckten. Ob Dat Backhus, Kamps, der Schanzenbäcker oder Nur Hier: Alle großen Ketten in Hamburg haben neben Broten, Brötchen, Kuchen und kleinen Snacks mindestens auch einen Cappuccino im Angebot, oft kommen noch diverse ausgefallenere Spezialitäten wie Caramel oder Vanille macchiato hinzu.

Auf der Stelle tritt seit Jahren daher auch die Hamburger Coffeeshop-Kette Balzac. Der Starbucks-Klon legte zunächst ebenfalls ein stürmisches Wachstum hin, verleibte sich 2011 schließlich den Konkurrenten World Coffee ein. Von den damals 57 Kaffeebars sind mittlerweile aber nur 49 übrig geblieben. Im vergangenen Jahr ging unterm Strich ein Standort verloren, mehrere World Coffees wurden in Balzac-Bars umgewandelt, ohne dass das Unternehmen von seiner generellen Zweimarkenstrategie abgerückt wäre. Der Umsatz stieg 2014 immerhin leicht von 21,1 auf 22,2 Millionen Euro, wie aus dem „Food-Service“-Ranking hervorgeht. Eine Stellungnahme war von der Kette nicht zu erhalten.

Um sich von der Konkurrenz abzusetzen, besinnt man sich bei Balzac und bei anderen Spezialisten auf einen echten Klassiker: Filterkaffee. Das einst geschmähte Getränk wird in vielen Coffeeshops gerade wiederentdeckt und zum Trend erhoben. An sogenannten Brew-Stationen werden die Bohnen gemahlen und der Kaffee dann frisch aufgegossen. Experten schwärmen von ganz neuen Geschmacksprofilen, die sich deutlich vom einstigen Kännchen Kaffee unterscheiden, das vor allem eines war: bitter und stark.

Auch Campus Suite will vor allem mit hoher Qualität punkten. „Unsere Kaffeespezialitäten werden von ausgebildeten Baristi hergestellt und kommen nicht aus dem Automaten“, betont Geschäftsführer Frank Stebisch. Zudem erweitere man das Angebot im gesunden und veganen Bereich stetig.

Auf diese Weise will die Kette auch auf einen gemäßigten Wachstumskurs zurückkehren. Nach der Bereinigung des Filialnetzes sind sogar neue Geschäfte geplant. So soll im Mai unter anderem ein Coffeeshop auf dem Gelände der Asklepios Klinik in Harburg in Betrieb gehen. Auch die noch geschlossene Kaffeebar Am Kaiserkai wird wiedereröffnet – der zweite Anlauf für Campus Suite in der HafenCity.