Hamburg. Hamburgs Weiße Flotte startet wieder mit ihren Schiffstouren. Das Abendblatt stellt die Menschen hinter den Kulissen vor.

Maschinist Anastasios Papazoglou muss jeden Morgen zeitig aus den Federn. Sein Job bei der ATG Alster-Touristik GmbH startet um 5.30 Uhr, wenn die Touristen noch schlummern und die Alsterschiffe an der Pier liegen. Damit die 18 Schiffe, die „Alstersonne“, „Goldbek“ oder „Aue“ heißen, überhaupt starten können, geht der 40 Jahre alte gebürtige Grieche vorher an Bord. Immer trägt er Blaumann, und in der Tasche steckt eine Zange. Seine Aufgabe: „Ich prüfe jedes Schiff und sorge dafür, dass technisch alles in Ordnung ist“, sagt er.

Anastasios Papazoglou gehört zu jenen Mitarbeitern der Alster-Touristik, die hinter den Kulissen arbeiten, Öl- und Wasserstand messen, kleine Defekte reparieren und die Schiffe betanken. Gerade mal acht Liter Marinediesel werden pro Stunde verbraucht. Neben den Schiffsführern am Ruder sind es auch Maschinisten, Ticketverkäufer und Büroangestellte, die den laufenden Betrieb garantieren.

Für die Mitarbeiter des Unternehmens begann am 1. April die neue Saison. Während etliche von ihnen während der Wintermonate bei der Stadtreinigung, auf den Elbfähren oder als Zug- und Busfahrer arbeiteten, sind nun alle 50 Männer und Frauen wieder an Deck – oder in den Büros und am Ticketschalter. Jetzt heißt es wieder: Leinen los!

Jürgen Sawatzki sitzt in seinem Büro nicht weit vom Alsterufer entfernt und greift zum Telefonhörer. Der gelernte Schiffsführer arbeitet inzwischen als Betriebsaufsicht und ist für die Diensteinteilung der Kollegen zuständig. Häufig nimmt er auch Kundenanrufe entgegen und hilft beim Ticketverkauf. „Da gibt es schon lustige Sachen“, schmunzelt er. „Mal fragen die Leute, wo hier das Schiff nach Kopenhagen abfährt, und mal wundern sie sich, dass man von hier aus nicht die Nordsee sehen kann.“ So humorvoll kann es hinter den Kulissen der Alster-Touristik zugehen.

Die Mitarbeiter reagieren stets freundlich. Nicht selten sind sie so etwas wie kundige Stadtführer für Touristen. „Wir erklären ihnen auch, wie sie zum Michel und Hafen oder zur nächsten Toilette gelangen können“, sagt der 52-jährige Sawatzki. Vor allem von den 33 Schiffsführern der „Weißen Flotte“ werden überdurchschnittlich gute Regionalkenntnisse, Freundlichkeit und Entertainment-Fähigkeiten erwartet.

Die Alster-Kapitäne müssen im übrigen nicht nur das Revier kennen, sondern auch bereit und in der Lage sein, ins Wasser gefallene Sportler wie Stand-up-Paddler oder Segler aus der Alster zu hieven. „Jeder hilft jedem, wenn er in Not ist“, sagt ATG-Geschäftsführerin Gabriele Müller-Remer. Das sei selbstverständlich.

Die beiden Schiffsführer Nils Lübeck und Christoph Mahl, 26 und 27 Jahre alt, freuen sich auf die neue Saison. Erstmals startet die Flotte dieses Jahr von der Alster über die Elbe in die Bille. „Bei dieser Tour kann man den Wandel von der Industriekultur zur Schrebergartenromantik beobachten“, sagen die Schiffsführer. Christoph Mahl fuhr nach dem Schulabschluss zunächst auf Containerschiffen zur See. „Bis nach Neuseeland“, fügt er hinzu. Der Vorteil jetzt sei freilich: „Ich bin abends wieder zuhause.“

Gut 6600 Kilometer legt jeder Alster-Kapitän pro Jahr schätzungsweise zurück. „Es ist ein ruhiges, entspanntes Fahren“, sagt Nils Lübeck. Was nicht nur an den leisen Motoren der Schiffe liegt, die bis zu 100 Jahre lang auf dem Wasser unterwegs sein können. Selbst bei Sturm können die Alsterdampfer fahren. „Die Wellen werden höchstens 1,5 Meter hoch. Es macht doch Spaß, wenn es ein bisschen schaukelt“, meint Schiffsführer Mahl.

Welche Touren bei den Gästen besonders gefragt sind, weiß Betriebsleiter Stefan Mager, 49, am besten. Immerhin arbeitet er seit zehn Jahren in dieser Funktion. Am beliebtesten ist mit 150.000 Passagieren die einstündige Alsterrundfahrt, sagt Mager. Zu seinen Aufgaben gehört es unter anderem, Personalgespräche zu führen, Schiffspapiere zu überprüfen und das Beschwerdemanagement zu überwachen. „In diesem Bereich haben wir aber relativ wenig zu tun. Pro Jahr verzeichnen wir gerade mal zehn Beschwerden.“

Geschäftsführerin und Hadag-Vorstand Gabriele Müller-Remer ist stolz auf die Alstertouristik-Mitarbeiter. „Sie sind hochmotiviert, weltoffen und wollen den Gästen die Stadt mit ihren eigenen Augen zeigen.“

Gemeinsam werde es auch in der neuen Saison gelingen, dass rund 400.000 Passagiere Hamburg von der Wasserseite aus erleben können – und begeistert sind.