Hamburg. Mehr als ein Fünftel der Fehltage in Hamburg wurde im vergangenen Jahr mit psychischen Erkrankungen begründet.
Seelische Leiden sind nach einer Studie der DAK-Gesundheit der häufigste Grund für Krankschreibungen in Hamburg. Mehr als ein Fünftel (22,3 Prozent) der Fehltage wurde im vergangenen Jahr mit psychischen Erkrankungen begründet, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten DAK-Gesundheitsreport hervorgeht. Im Vergleich zu 2013 nahmen die Krankschreibungen in diesem Bereich unter den DAK-Versicherten um zehn Prozent zu. Seit dem Jahr 2000 verzeichnete die Krankenkasse einen Anstieg bei den psychischen Erkrankungen von 75 Prozent.
Der Krankenstand insgesamt sei 2014 in Hamburg leicht von 3,7 auf 3,5 Prozent gesunken und lag damit deutlich unter dem Durchschnittswert der Länder von 3,9 Prozent. Die Branchen mit dem höchsten Krankenstand waren Verkehr, Lagerei und Kurierdienste mit 4,5 Prozent, die öffentliche Verwaltung mit 4,3 und das Gesundheitswesen mit 4,2 Prozent. Am wenigsten krank waren die Beschäftigten im Bereich Bildung, Kultur und Medien mit 2,5 Prozent. Nach den psychischen Leiden meldeten sich die Hamburger am häufigsten wegen Problemen mit dem Muskel-Skelett-System und den Atemwegen krank.
Hirndoping nimmt zu
Um ihr psychisches Wohlbefinden zu verbessern, Ängste abzubauen oder ihre Leistungsfähigkeit zu steigern, haben nach dem DAK-Gesundheitsreport 150.000 Arbeitnehmer in Hamburg schon einmal verschreibungspflichtige Medikamente eingenommen. Damit sei das sogenannte Hirndoping in der Hansestadt stärker als im Bundesdurchschnitt verbreitet. Hintergrund seien die Anforderungen der modernen Arbeitswelt. Es komme weniger auf die körperliche als auf die geistige Leistungsfähigkeit an, erklärte die Landeschefin der DAK-Gesundheit, Regina Schulz. Sie warnte zugleich vor den Nebenwirkungen: „Wer sich immer wieder hochpusht, überfordert sich selbst und entwickelt möglicherweise am Ende eine Erschöpfungsdepression.“
Eingesetzt werden beruhigende Betablocker, Antidepressiva, Wachmacher und Pillen gegen das Hyperaktivitätssyndrom ADHS. Von 2011 bis 2013 sei die Zahl der Versicherten, denen vom Arzt Ritalin verordnet wurde, um 93 Prozent gestiegen. Die Verordnungsrate des Wachmachers Modafinil ging dem Report zufolge um mehr als 200 Prozent in die Höhe. Dabei seien 20 Prozent der Rezepte ohne nachvollziehbare Diagnose geblieben.
Männer greifen den Angaben zufolge häufiger zu leistungssteigernden Mitteln, Frauen eher zu stimmungsaufhellenden Medikamenten. In erster Linie sind es nicht Führungskräfte, die sich am Arbeitsplatz dopen. Vor allem Erwerbstätige mit einfachen Jobs und einem unsicheren Arbeitsverhältnis seien gefährdet. „Hirndoping ist mittlerweile beim Otto Normalverbraucher angekommen, um den Arbeitsalltag besser zu meistern. Das Klischee vom dopenden Top-Manager ist damit vom Tisch“, erklärte Schulz.
Die DAK-Gesundheit ist nach eigenen Angaben die drittgrößte deutsche Krankenversicherung. Sie hat in Hamburg rund 300.000 Mitglieder. Für die Analyse zum Krankenstand wurden die Daten von rund 76.000 erwerbstätigen Versicherten ausgewertet.