Die Zahl der Museumsbesuche steigt mit dem Einkommen, dem Bildungsgrad und dem Alter. Die Museen haben sich deutlich weiterentwickelt.

Kennen Sie das Chocoversum? Das Electrum? Oder das Prototype? Es sind drei von über 60 Museen in Hamburg, die jährlich von mehreren Millionen Gästen besucht werden. Statistisch müsste demnach jeder von uns mindestens zweimal pro Jahr in ein Hamburger Museum gehen. In der Realität sieht die Besucherverteilung jedoch ganz anders aus. Fast drei Viertel aller Bürger zählen derzeit nämlich zu den Nicht-Besuchern und geben an, nur alle paar Jahre oder sogar niemals in ein Museum zu gehen. Die Anzahl der Personen, die monatlich ein Museum besuchen, ist dementsprechend mit drei Prozent recht überschaubar. Wir Hamburger sind im bundesweiten Vergleich noch relativ regelmäßige Museumsgänger und liegen hier deutlich über dem Durchschnitt. Betrachtet man die Museumsgäste dann einmal genauer, sind insbesondere zwei Dinge auffällig: Erstens spielt die Sozidemografie eine entscheidende Rolle. Mit Alter, Bildung und Einkommen steigt die Besuchsfrequenz stark an und auch Frauen sind deutlich öfter in den Deichtorhallen, der Kunsthalle oder einem der anderen Museen anzutreffen als Männer. Zweitens gilt es, eine Eintrittshürde zu überwinden, denn wer sich schließlich entscheidet, ein Museum zu besuchen, der kommt in der Regel sehr zufrieden wieder nach Hause. So geben vier von fünf Besuchern an, dass der Eintritt sein Geld wert war.

Mein Zwischenfazit lautet daher: Wer in ein Museum geht, kommt auch wieder, doch die Eintrittshürde muss zuerst einmal deutlich gesenkt werden. Denn: Wer heute nicht erreicht wird, hat auch morgen wenig Interesse.

Wie können dieser aktuelle Zustand verändert und breitere Zielgruppen erreicht werden? Ansatzpunkte liefern die Motive der Nicht-Besucher. Diese nennen als Grund nicht etwa zu hohe Kosten, zu weite Entfernungen oder unpassende Öffnungszeiten, sondern mit über 80 Prozent: „Das Angebot ist nichts für mich“. Jetzt frage ich mich: Ist das wirklich so? Natürlich waren wohl für die Allermeisten von uns die ersten Museumsbesuche eher Pflicht als Freude. Ob mit der Schulklasse oder den Eltern, die Begeisterung war gering und die Langeweile groß. Die Exponate wurden hinter Glasscheiben und Absperrbändern präsentiert, die Erklärungen waren kleingedruckt und kaum verständlich und es gab ständig die Ermahnungen, ja nichts anzufassen und ruhig zu sein. Ich bin ganz ehrlich, für mich war ein Museumsbesuch früher meistens kein Spaß. Auch heute gibt es (leider) immer noch Museen, die ihre Besucher mit den Ausstellungsstücken alleine lassen und sich wenig aufgeschlossen zeigen.

Im Gegensatz dazu haben sich jedoch in den letzten Jahren zahlreiche Museen deutlich weiterentwickelt und Didaktik und Darstellungsform sind kaum noch vergleichbar mit denen der 1970er-, 80er- und 90er-Jahre. Ob durch professionelle Öffentlichkeitsarbeit, interaktive Vermittlungsformen oder zunehmende Besucherorientierung, viele Museen – auch in unserer Stadt – belehren nicht mehr, sondern bieten intelligente Unterhaltung. Audioguides beispielsweise sind mittlerweile fast schon zum Standard geworden. Diese treffen eine Vorauswahl, sodass kein Highlight verpasst wird, und bieten Möglichkeiten, Inhalte besser zu verstehen und Zusammenhänge zu erkennen. Bis zu 80 Prozent aller Besucher nutzen und schätzen solch ein Angebot. Touchscreens werden ebenfalls immer häufiger eingesetzt. Auf diesen sieht man beispielsweise den Künstler bei der Bearbeitung des Bildes oder hört einer Restauratorin zu, wie diese die Geschichte eines Kunstwerks durchgeht – von der Entstehung, über abgebrochene Ecken bis zur zukünftigen Entwicklung. Ab und an erhält der Besucher auch die Möglichkeit, zu einzelnen Ausstellungstücken Kommentare und Fragen zu hinterlassen, die andere lesen und beantworten. Auf der Facebook-Seite vieler Museen können Freunde zum gemeinsamen Besuch eingeladen, einzelne Ausstellungen oder das ganze Museum geliked und empfohlen werden. Darüber hinaus haben sich aber auch die Präsentation der Exponate, die Beratung und Betreuung durch das Personal und die Interaktion mit dem Gast deutlich verbessert.

Jetzt liegt es an jedem Einzelnen dieses wirklich lohnenswerte Angebot wieder einmal auszuprobieren. Die Erfahrung zeigt, wer es wagt, wird sehr wahrscheinlich begeistert sein. Dafür haben sich die Museen auch eine tolle Möglichkeit überlegt, die ich jedem nur empfehlen kann: die „Lange Nacht der Museen“. In Hamburg findet sie das nächste Mal am 18. April statt.

An dieser Stelle schreibt jeden Montag Prof. Ulrich Reinhardt von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen