Hamburg. Stiftungspräsident Jacobs: Hochschulausgaben zahlen sich für Hamburg aus. Airbus Group ist Vorbild in der Einbindung von Studenten.

Deutschland droht im weltweiten Standortwettbewerb zurückzufallen, wenn die Anstrengungen für die Qualifizierung junger Menschen nicht verstärkt werden. „In den USA investiert man gemessen an der Wirtschaftskraft doppelt so viel in Bildung wie in Deutschland. Ich glaube schon, dass das mindestens auf längere Sicht einen echten Unterschied macht“, sagt Johann Christian Jacobs, Präsident des Stiftungsrats der Jacobs Foundation.

Zwar hat die Stiftung, die die Anteilsmehrheit an der privaten Jacobs University Bremen hält, ihren Sitz in Zürich (siehe Beistück). Christian Jacobs aber lebt in Hamburg; er gehört als Partner der Rechtsanwaltskanzlei Huth Dietrich Hahn am Neuen Jungfernstieg an. „Welchen Stellenwert hat Bildung in Deutschland? Wollen wir diese weiter vorantreiben oder lieber in Projekte wie beispielsweise den Straßenbau investieren?“, fragt Jacobs. Diese Diskussion werde nicht geführt – und das in einem Staat, der darauf angewiesen sei, mit qualifizierten Arbeitsplätzen ein hohes Bruttoinlandsprodukt zu erwirtschaften.

Dabei lohnten sich Bildungsausgaben auch ganz direkt, wie eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) belege: Jeder Euro, den Hamburg in die Hochschulen investiert, trägt demnach mit 2,10 Euro zur Wertschöpfung in der Hansestadt bei. Die langfristige Wirkung von Ausbildung und Forschung, die später zu neuen Produkten und sogar zu neuen Unternehmen führt und die Versorgung bestehender Firmen mit Fachkräften sichert, wurde in der Studie dabei gar nicht betrachtet.

Angesichts der Sparzwänge der öffentlichen Haushalte steckt die Hochschulfinanzierung jedoch in einem Dilemma. „Bildung ist eine Kernaufgabe des Staates“, sagt Jacobs, „aber die Ausgaben für die staatlichen Hochschulen können mit den steigenden Studierendenzahlen nicht mithalten.“

Aktuell betreut an staatlichen Hochschulen ein Professor im Schnitt rund 60 Studenten. Zum Vergleich: An der Jacobs University liegt diese Quote bei eins zu 15. In den zurückliegenden 20 Jahren hat sich die Studentenzahl an privaten Hochschulen in Deutschland auf fast 160.000 verzehnfacht. 120 solcher Institutionen gibt es inzwischen, wobei jedoch nur zwei – die Jacobs University und die Universität Witten/Herdecke – ein umfassendes Fächerspektrum anbieten.

Während die privaten Hochschulen bundesweit einen Marktanteil von sieben Prozent haben, kommen die zwölf derartigen Einrichtungen in Hamburg auf einen deutlich höheren Anteil von 22 Prozent. Damit liegt Hamburg unter den Bundesländern mit Abstand an der Spitze.

Zwar erheben private Hochschulen hohe Studiengebühren; im Fall der Jacobs University sind es 20.000 Euro pro Jahr, während die jährlichen Ausgaben von Bund und Ländern je Studierenden an staatlichen Hochschulen rund 10.000 Euro betragen. Dennoch könne die private Alternative in einer Gesamtbetrachtung kostengünstiger sein, argumentiert Jacobs: Nur sieben Prozent der Studenten an Privathochschulen brechen ihr Studium ab und mehr als 90 Prozent schaffen den Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit, während an den staatlichen Hochschulen immerhin 20 Prozent der Studienanfänger abbrechen und lediglich 40 Prozent von ihnen in der vorgesehenen Zeit fertig werden.

„Aus meiner Sicht können private Universitäten wichtige Impulsgeber für staatliche Hochschulen sein, diese aber sicher nicht ersetzen“, sagt Jacobs – zumal auch die Privaten ihre Probleme mit dem Geld haben: Sowohl die Jacobs University als auch die Universität Witten/Herdecke gerieten zeitweise in Finanznot.

Christian Jacobs, dessen Vater im Jahr 1990 das Kaffee- und Schokoladenimperium Jacobs Suchard an den US-Lebensmittelkonzern Kraft Foods (heute: Mondelez) verkaufte, sieht aber auch die deutsche Unternehmenslandschaft in der Verantwortung, wenn es um die Bildung geht: „In der Wirtschaft macht man sich angesichts der demografischen Entwicklung zumeist keine Gedanken darüber, wie das Unternehmen künftig noch an qualifizierten Nachwuchs kommen soll.“ Er illustriert das an einem Beispiel: „Die Universität Hamburg hat 1700 Unternehmen und Stiftungen angeschrieben mit der Frage, ob sie Deutschlandstipendien von monatlich 300 Euro vergeben wollen. Nur 26 haben zugesagt.“ Aus seiner Sicht viel zu wenig.

Airbus verhalte sich vorbildhaft bei der Kooperation mit Hochschulen

Ohnehin gibt es bei der Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und den Universitäten in Deutschland nach Auffassung von Jacobs noch Nachholbedarf. Allerdings gebe es Ausnahmen: „Die Airbus Group hat Vorbildcharakter, wenn es um die Kooperation mit Hochschulen geht.“ Der Luft- und Raumfahrtkonzern habe erkannt, wie wichtig es ist, frühzeitig mit Studenten in Kontakt zu treten, sie für das Unternehmen zu interessieren und ihre Ideen schon während des Studiums zu nutzen.

„Deshalb lädt man Studenten dazu ein, sich mit für Airbus relevanten Fragestellungen auseinanderzusetzen und die Ergebnisse dem Unternehmen zu präsentieren“, sagt Jacobs und ergänzt. „Aus meiner Sicht ist dies ein exzellentes Beispiel für eine zielführende Kooperation zwischen Hochschulen und der Wirtschaft.“