Beste Stimmung bei der Party der Liberalen. Wahlkämpfer um Katja Suding profitieren offenbar in großem Maß von der Schwäche der CDU.
Hamburg . Bei der Hamburger FDP liegen Sieg oder Niederlage nur wenige Prozentpunkte auseinander. Es ist wenige Sekunden nach sechs, als klar wird, dass diese Bürgerschaftswahl für die Liberalen zu einem großen, lange unerwarteten Erfolg wird. In der Braugaststätte Altes Mädchen in den Schanzenhöfen brandet ohrenbetäubender Jubel auf, als die Wahlprognose über den riesigen Bildschirm flimmerte. Minutenlang skandieren die rund 550 Gäste immer wieder „Katja, Katja“. Die Spitzenkandidatin und FDP-Landesvorsitzende Katja Suding ist für diejenigen, die zur FDP-Wahlparty gekommen sind, ohne Frage die Frau des Abends.
Die 39-Jährige hatte zuvor freundliches Selbstbewusstsein ausgestrahlt, aber doch auch sehr konzentriert und recht kontrolliert gewirkt. Nun geht kurz ein Strahlen über ihr Gesicht. Suding, die Hände in den Taschen ihres blauen Hosenanzugs, plaudert noch kurz mit ihren Mitarbeitern und schlendert dann zur Bühne. Es gilt, Gelassenheit zu vermitteln. Eher beherrscht und betont sachlich als überschwänglich kommentiert sie ihren Erfolg und sagt zum ersten Mal die Sätze, die sie den ganzen Abend in den verschiedenen Fernsehstudios wiederholen wird. Sie sei stolz auf ihre Partei, das sei eine großartige Teamleistung gewesen, und sie habe stets daran geglaubt, dass sie es schaffen würden. Wenn die Bundespartei etwas von der Hamburger FDP lernen könne, dann dass man sehr vieles erreichen könne, wenn man wirklich kämpfe und sich nicht entmutigen lasse. Denn aus einer denkbar ungünstigen Ausgangslage habe es die Partei in einem zähen „Winter-Wahlkampf“ zurückgeschafft.
In der Tat: Noch im Dezember war die FDP in der Hansestadt politisch totgesagt. Umfrage um Umfrage sah die Liberalen bei zwei Prozent, scheinbar ohne Änderung in Sicht. Doch Anfang des Jahres zogen die Werte für die Partei plötzlich an, eine Erhebung sah sie bei vier Prozent, daraus wurden bald fünf und dann sechs Prozent.
In ihrem Wahlkampf hatte die FDP vor allem auf ihre Spitzenfrau Katja Suding gesetzt, die die Partei 2011 als noch weitgehend unbekannte Politikerin nach sieben Jahren zurück in die Bürgerschaft gebracht hatte. In den vergangenen Wochen wurde sie stark vom FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner und seinem Kieler Vize Wolfgang Kubicki unterstützt, die ein ums andere Mal nach Hamburg kamen, um für die liberale Sache zu werben – zuletzt beim gemeinsamen Wahlkampfabschluss am Freitag. Schließlich ging es für die Bundespartei darum, in Hamburg die Trendwende zu schaffen und erstmals seit dem Wahldebakel im Bund bei einer Landtagswahl wieder über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen. So waren die Wahllokale gestern kaum eine halbe Stunde geschlossen, als ein ausgesprochen gut aufgelegter Lindner davon sprach, die Hamburger hätten bei dieser Wahl „eine Richtungsweisung gegeben“, dass die FDP in der deutschen Politik einen Platz habe.
Eine erste Analyse der Wählerwanderungen ergab am Abend, dass die FDP in großem Maße vor allem von der Schwäche der CDU profitiert hat. Zahlreiche CDU-Anhänger machten ihr Kreuz bei den Liberalen, wohl um eine rot-grüne Koalition zu verhindern.
Einer Regierungszusammenarbeit mit der FDP hatte Bürgermeister Olaf Scholz allerdings schon in der Woche vor der Wahl eine klare Absage erteilt. Deren Wahlkampf war ihm insgesamt zu unseriös. Eingängige Slogans („Startup Hamburg“, „Bildung ist unser Jugendwort des Jahres“) blieben inhaltlich vage, konkrete Forderungen suchte man zumindest auf den vielen Plakaten vergebens. Die zeigten dafür die attraktive Spitzenkandidatin in Bildern, die eher an Modefotografie erinnerten. Ein Kameraschwenk über ihre Beine in der „Tagesschau“ brachte sie ins Gespräch. Schließlich ließ sich Suding zusammen mit zwei Parteifreundinnen im People-Magazin „Gala“ als „Drei Engel für Lindner“ abbilden. Da lehnte Scholz, dem Ernsthaftigkeit in der Politik über alles geht, Koalitionsangebote der Liberalen dankend ab.
Das hält Suding und Lindner nicht davon ab, am Wahlabend weiter um die SPD zu werben. „Für die Aufgaben, die in Hamburg anstehen, ist die FDP besser geeignet als die Grünen“, lässt der FDP-Parteichef wissen. Mit den Liberalen seien die Übereinstimmungen viel größer, findet auch Suding.
Auch wenn es nichts würde mit der Regierungsbeteiligung: Im „Alten Mädchen“ wird an diesem Abend ausgelassen weitergefeiert – besonders als Lindner in den Schanzenhöfen vorbeischaut. „Wir haben ein starkes Mandat, das hätte man uns vor ein paar Wochen noch nicht zugetraut“, sagt die FDP-Bildungsexpertin Anna von Treuenfels. „Uns ist ein großes Comeback gelungen“, freut sich der Abgeordnete Robert Bläsing. Er verrät, dass viele der Gäste bei der Wahlparty importiert waren: „Die Bundespartei hat uns kräftig geholfen, es sind sogar Busladungen mit Unterstützern hierhergekommen.“