Am 19. August soll im Operettenhaus die letzte Vorführung des Musicals über die Bühne gehen. Bis dahin möchte man noch die Schwelle von einer Million Zuschauer überschreiten.
Hamburg. Knapp zwei Jahre haben die Hamburger bislang mit Rocky gefiebert und gelitten, dem „Italian Stallion“ und Boxer aus der Unterschicht, der unverhofft die Chance seines Lebens bekommt und um die Weltmeisterschaft kämpfen darf – jetzt steht fest, dass der zähe Faustkämpfer zumindest in Hamburg vorerst bis auf weiteres aus dem Ring steigt.
Am 19. August soll im Operettenhaus die letzte Vorführung des Musicals über die Bühne gehen. Das bestätigte Holger Kersting, PR-Manager bei Stage Entertainment, gegenüber dem Abendblatt. Man sei sehr zufrieden mit der Resonanz, so Kersting, „die Laufzeit eines Musicals sagt sowieso nicht unbedingt etwas darüber aus, ob es erfolgreich ist oder nicht.“
Darüber, wie viele Besucher „Rocky“ bislang hatte, will Stage Entertainment derzeit übrigens nichts sagen. Man sei aber optimistisch, dass bis zum letzten Vorhang im August die Schwelle von einer Million Zuschauern überschritten werden könnte. Was eine durchaus respektable Zahl wäre – überhaupt hat die Eigenproduktion so oder so Musicalgeschichte geschrieben: als erste deutsche Produktion, die am Broadway gezeigt wurde.
In New York lief „Rocky“ zwischen März und August 2014 insgesamt 200 Mal. Verhältnismäßig kurz also, was in Hamburg freilich nie für lange Gesichter sorgte. Der Markt in New York sei umkämpft, da sei eine kürzere Spieldauer bisweilen üblich, so Kersting. Dem Vernehmen nach scheint im Sommer nach dann zweieinhalb Jahren auch in Hamburg ein Sättigungsgrad beim Publikum erreicht. Anders als etwa bei den Evergreens „Der König der Löwen“ oder „Cats“, die beide Hamburgs Ruf als Musical-Stadt begründeten und jeweils Spieldauern von über zehn Jahren haben. Eine derartige Erfolgsgeschichte wird „Rocky“ in Hamburg zumindest also nicht – anderswo wird es voraussichtlich nach dem Hamburg-Ende weitergehen.
Fortsetzung vielleicht in Stuttgart
Eine Fortsetzung könnte die „Rocky“-Show nämlich in Stuttgart finden – was nicht ganz die New-York-Liga ist, aber besser als nichts. Bestätigen wollte Stage Entertainment die angedachte schwäbische Zukunft noch nicht – man sei mit einem potenziellen Nachfolge-Ort in Verhandlungen, unterschrieben sei jedoch noch nichts. Gleiches gilt für ein mögliches Nachfolge-Musical auf der Reeperbahn. In Frage kämen derzeit drei Produktionen, heißt es.
Eine davon soll Gerüchten zufolge die „Phantom-der-Oper“-Fortsetzung „Love Never Dies“ von Andrew Loyd Webber sein. Für Hamburg wäre dieses Musical Insidern zufolge dann besonders interessant, wenn es in einer völlig neuen Fassung gezeigt werde. Das Musical erzählt die Geschichte des Phantoms weiter – Webber konnte seinen Freund, den Autor Frederick Forsythe, für das Sequel gewinnen. Forsyth verlegte die Handlung nach Coney Island.
Christine Daaé reist nach den dramatsichen Ereignissen von Paris nach New York, um dort Theater zu spielen. Ihr Ehemann Raoul und Sohn Gustave begleiten sie, und irgendwie ist auch das Phantom der Oper nach Amerika gekommen – das gibt wieder ein emotionales Kuddelmuddel, dessen Höhepunkt das Aufeinandertreffen zwischen Gustave und dem Phantom ist, seinem leiblichen Vater.
Einem Musical wird nichts geschenkt - auch nicht in Hamburg
Das klingt nach einer süffigen Handlung, die in Hamburg viele Musical-Fans ins Operettenhaus locken könnte. Bislang war „Love Never Dies“ in London, Wien, Kopenhagen und Australien zu sehen. Am längsten lief die Show mit anderthalb Jahren in London – dennoch gilt das Stück als Erfolgsstoff. Selbiges gilt im Zweifel auch für „Rocky“. Das Musical fußt bekanntlich auf der sehr erfolgreichen Kino-Reihe mit Sylvester Stallone und ist sowohl Sportlerdrama als auch Liebesgeschichte. Ein Umstand, dem die verschiedenen PR-Kampagnen und Werbeplakate Rechnung trugen. Zunächst war auf letzteren Rocky in Kämpferpose zu sehen, dann zusätzlich Adrian , die Frau des tapferen Recken.
Weshalb also schon im Laufe der bisherigen Aufführungsgeschichte deutlich zu sehen war, dass einem, Musicalstadt hin oder her, auch in Hamburg nichts geschenkt wird: Die Veranstalter mussten sich in den vergangenen zwei Jahren verschiedene Strategien überlegen, um den Saal voll zu machen. „Das Interesse wird jetzt noch mal wachsen“, so Stage-Manager Kersting, „das ist der Erfahrung nach so, wenn ein Musical-Finale ansteht.“