„Viel zu kompliziert“, schimpfen die Kritiker über das Hamburger Wahlrecht. „Man hat mehr Einfluss“, sagen die Befürworter. Die Zahl der ungültigen Stimmen ist jedenfalls gestiegen
Eine gute Nachricht gleich vorweg: Bei der Bürgerschaftswahl am 15.Februar wird es für die Wähler deutlich übersichtlicher als vor vier Jahren. Das liegt aber nicht am Wahlrecht – das ist unverändert –, sondern an der Trennung von Bürgerschafts- und Bezirkswahl. Und so ist der Packen mit den Wahlzetteln nur halb so dick. Und es sind nur zehn Stimmen statt 20, die jeder Wähler vergeben kann.
Gleichwohl ist das 2009 beschlossene Wahlrecht hoch umstritten. Die Befürworter loben die weitreichenden Einflussmöglichkeiten der Wähler, die Gegner halten es für zu kompliziert. Einige Daten der Wahl 2011 scheinen ihnen recht zu geben: Die Zahl der ungültigen Stimmen war mit drei Prozent sehr hoch. Bei den vier Wahlen zuvor pendelte die Quote der ungültigen Stimmen zwischen 0,8 und 1,3 Prozent. Die Anhänger hoffen nun auf einen Lern- und Gewöhnungseffekt bei den Wählern. Sollte dieser ausbleiben, dürfte das die Debatte um eine erneute Wahlrechtsreform befeuern.
Einen negativen Trend gibt es auch bei der Wahlbeteiligung. 2011 sank sie auf einen Tiefstand von 57,3 Prozent. Damit setzte sich ein langjähriger Trend fort. 2001 gingen noch 71 Prozent an die Urnen, 2004 waren es 68,7 und 2008 noch 63,5 Prozent. Bei den Briefwählern zeichnet sich zumindest kein negativer Trend ab: Bis vergangenen Donnerstag hatten 170.427 Hamburger bereits per Brief gewählt. 2011 waren es insgesamt 254.000.
Neu ist diesmal, dass auch die 16- und 17-Jährigen wählen dürfen. Damit steigt die Zahl der Wahlberechtigten von 1.254.638 auf 1.306.976. Davon sind 27.128 erst 16 oder 17 Jahre alt. Insgesamt sind es 70.143 Hamburger, die zum ersten Mal an einer Bürgerschaftswahl teilnehmen dürfen. Die Frauen sind in Hamburg in der Überzahl: 686.088 Wahlberechtigte sind weiblich, nur 620.888 sind Männer. All diese Zahlen wurden mit Stichtag 4.Januar 2015 erhoben.
Dass viele das Wahlrecht eher skeptisch betrachten, hängt sicherlich auch mit zwei sperrigen Begriffen zusammen: Panaschieren und Kumulieren. Man könnte das mit Mischen und Anhäufen übersetzen, was in Zusammenhang mit einer Wahl natürlich auch nicht unbedingt selbsterklärend ist. Der Vorteil des Panaschierens ist, dass man eben nicht nur eine Partei oder eine Person wählen kann, sondern mehrere. Wer also zum Beispiel die CDU und die FDP unterstützen möchte, könnte drei Stimmen der CDU und zwei der FDP geben. Und wenn jemand Rot-Grün möchte, kann er seine fünf Stimmen auf diese beiden Parteien aufteilen.
Kumulieren oder Anhäufen bedeutet nichts anderes, als dass man mehrere Stimmen einer Partei oder Person geben kann. Das gilt für die Kandidaten auf einer der Landeslisten genauso wie für die auf den Wahlkreislisten. Und ist gar nicht so kompliziert, wie es sich zunächst anhört.