Hamburger Olympiastarter erinnern sich: Ruderer Thomas Lange, 50, gewann 1988 in Seoul und 1992 in Barcelona Gold im Einer
Gelegentlich werde ich gefragt, ob ich meine Arztpraxis in Bad Schwartau dem Training zu dieser Jahreszeit vorziehe. Natürlich ist es angenehm, meine Patienten in warmen Räumlichkeiten zu begrüßen. Doch das Training als Ruderer hat mir auch bei Minusgraden nichts ausgemacht. Schließlich war das Ziel mit den Olympischen Spielen der größte sportliche Wettbewerb, den es gibt. Meine erste Teilnahme sollte 1984 in Los Angeles im Doppelzweier stattfinden. Mit meinem Partner Uwe Heppner hatte ich mich bereits qualifiziert, doch der Boykott der Ostblockstaaten verhinderte meine Teilnahme als Mitglied des Olympiakaders der DDR.
Erst vier Jahre später, als ich die Qualifikation im Einer schaffte, ging es für mich nach Seoul. Dort gewann ich die Goldmedaille, unter anderem gegen den für die BRD startenden Peter-Michael Kolbe – mein wohl größter sportlicher Triumph! Noch im Herbst habe ich Kolbe getroffen, über die Spiele von Seoul sprechen wir bei solchen Begegnungen aber nicht. Doch vergessen werde ich diese Momente nie, zu bewegend war es, als ich mit meinem Boot die Ziellinie passierte. Die Spiele 1988 habe ich sicherlich am intensivsten erlebt, alles war neu und aufregend. Auch wenn sich der Kontakt zu den Sportlern aus dem Westen als schwierig gestaltete, genoss ich die Atmosphäre im olympischen Dorf. Da die Ruderstrecke nur rund 30 Minuten Fahrtzeit von Seoul entfernt war, lebten wir Ruderer mit den anderen Athleten im Hauptdorf und wurden nicht an anderer Stelle untergebracht.
So war es dagegen leider in Barcelona 1992. Die Ruderwettkämpfe fanden im rund 120 Kilometer entfernten See Estany de Banyoles statt, daher gab es dort ein eigenes Dorf für uns Ruderer. Doch nur Ruderer unter sich, das kann schwierig werden, und der Austausch mit Olympiateilnehmern anderer Sportarten wird leider verhindert. Dennoch waren diese Spiele für mich mit dem erneuten Gewinn der Goldmedaille im Einer sehr erfolgreich.
Mein Start in Atlanta 1996 hat mich am meisten Nerven gekostet. Ich arbeitete in den Jahren zuvor bereits als Arzt und hatte nicht mehr die Zeit, mich langfristig vorzubereiten. Das Wetter in Atlanta war teilweise extrem, an zwei Tagen herrschten bei hoher Luftfeuchtigkeit Temperaturen um 36 Grad Celsius. Dazu kam das Internationale Olympische Komitee auf die irre Idee, allen Einer-Ruderern eine Kamera am Boot zu befestigen. Mein Boot wurde mit einem Gewicht von 14 Kilogramm extrem leicht angefertigt, wodurch das Zusatzgewicht der Kamera von einem Kilogramm schon ein Ärgernis war – und eine völlig falsche Entscheidung vom Komitee. Aufgrund dieser Unwägbarkeiten war der Gewinn der Bronzemedaille ein Erfolg.
Am meisten genoss ich das Leben im olympischen Dorf in Atlanta – das beste, das ich in meiner Karriere erlebt habe. Sehr weitläufige Grünanlagen wurden ergänzt durch die zentrale Lage. Mit anderen Athleten habe ich mir viele Wettkämpfe angeguckt und zusammen gegessen, es war eine tolle Zeit. Nach dem dritten Platz in Atlanta beendete ich meine Karriere.