Der Innensenator sowie Schulsenator Rabe beantworten im Rathaus rund 150 Schülern kritische Fragen zur Hamburger Olympiabewerbung. Die Schüler hatten sich auf die Fragerunde gründlich vorbereitet.
Hamburg. 150 Medienvertreter bei einer Pressekonferenz im Rathaus – so etwas hatte Michael Neumann noch nie erlebt. Dabei ist es der Hamburger Innensenator (SPD) eigentlich gewohnt, zu prekären Themen kritische Fragen beantworten zu müssen. Doch an diesem Montag war alles anders. Gemeinsam mit Schulsenator Ties Rabe hatte Neumann die Schülerredaktionen der Stadt in den Kaisersaal des Rathauses geladen, um den Nachwuchsjournalisten das Hamburger Olympiakonzept zu präsentieren. „Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen aufgeregt bin“, sagte Neumann. Er wusste wohl auch, warum. Denn nachdem der Senator den Schülern in rund 20 Minuten auf fünf Powerpointfolien alle Vorzüge einer möglichen Hamburger Olympiabewerbung beschrieben hatte, folgte ein 45-minütiges Feuerwerk aus kritischen Nachfragen.
„Wie will die Stadt verhindern, dass die Kosten nicht explodieren und die Stadt ein zweites Elbphilharmonie-Desaster erlebt?“, wollte Johannes Hummelmeier vom Gymnasium Bondenwald in Niendorf wissen. Der 17-Jährige, der für den schuleigenen Sender Gymbo-TV arbeitet, hatte damit direkt die Frage gestellt, die Neumann schon mehrfach „schlaflose Nächte“ bereitet habe. „Wir werden die Kosten vor der Volksbefragung transparent vorlegen. Wir werden aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und müssen vor der Bewerbung alles ernsthaft berechnen, damit wir so etwas wie bei der Elbphilharmonie nie wieder erleben“, sagte Neumann. Zufrieden gaben sich die Schüler mit dieser Antwort aber nicht.
Sie wollten genau wissen, wie hoch die Kosten ausfallen werden und was mit dem Geld passiert, das die Stadt Hamburg bei einem Zuschlag für die Spiele 2024 oder 2028 durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) erhalten würde. Vor allem aber wollten sie wissen, ob die Schulen von Olympischen Spielen in Hamburg profitieren würden. „Müssten andere Schulbauprojekte zurückstecken, wenn Olympia nach Hamburg kommt?“, fragte Marlene vom Gymnasium Blankenese für ihre Schülerzeitung „GymBlatt“. Neumann erklärte, dass der Senat bereits jetzt 250 Millionen Euro für die Schulsportstätten investiere und für die Olympischen Spiele keine neuen Schulden gemacht werden sollen. Von dem Geld aus dem IOC würden stattdessen Sporthallen gebaut und renoviert, von denen auch die Schulen in den kommenden 50 Jahren profitieren würden, sagt Neumann.
Nicht nur die Schüler hatten sich auf die Fragerunde gründlich vorbereitet, auch der Senator wusste mit seinen Antworten zu gefallen. Auch wenn die Jungredaktionen wie die StübiTime der Stadtteilschule Stübenhofer Weg aus Kirchdorf Süd oder die Druckfrisch der Stadtteilschule Meiendorf nicht locker ließen und die beiden Senatoren mit unangenehmen Fragen löcherten. „Sie waren super konzentriert, sehr gut vorbereitet und haben genau die richtigen Fragen gestellt“, sagte Schulsenator Rabe hinterher. Ob der Flughafen und der Hauptbahnhof den Besucheransturm auf die Stadt bewältigen könne? Ob man bei so vielen Menschen die Sicherheit gewährleisten könne? Was man mit einem Stadion für 70.000 Besucher nach den Spielen machen wolle? Und ob es nicht wichtiger wäre, das Geld für den Wohnungsbau und die Unterbringung von Flüchtlingen zu investieren? Die neunjährige Kübra von der Rudolf-Roß-Grundschule in der Neustadt fragte ebenso wie der 13-jährige Sebastian vom Christianeum in Othmarschen.
Zwei Schülerinnen wollen wissen, ob es für Olympia extra Tage schulfrei gibt
Ausgestattet mit Kameras, Smartphones und iPads dokumentierten die Schüler die Antworten der Senatoren. Neumann bekam kaum Zeit zum Durchatmen, verstand es aber, mit sachlichen Argumenten für das Hamburger Olympiakonzept zu werben. Mit einem Behilfsbahnhof am Veddeler Damm wolle man den Hauptbahnhof entlasten. Mit einem erhöhten Polizeiaufgebot werde man die Sicherheit erhöhen, ohne die Bewegungsfreiheit der Bürger einzuschränken. Das Olympiastadion könne man zu einer 20.000 Zuschauer fassenden Leichtathletikarena zurückbauen. Und von den steigenden Arbeitsplätzen würden auch die ärmeren Menschen in der Stadt profitieren.
Die Schüler waren zufrieden mit Neumanns Antworten. „Ich bin für Olympia, habe aber meine Bedenken, wenn es um Großveranstaltungen geht“, sagte Johannes Hummelmeier, der eine der Eingangsfragen gestellt hatte, hinterher. Und auch Neumann fand nach anfänglicher Nervosität Gefallen an der Neugier der Schüler. „Das war eine Herausforderung, die Schüler haben sehr unbedarft gefragt. Mir hat das richtig Spaß gemacht“, sagte Neumann, der in diesen Wochen vielerorts für Sommerspiele in Hamburg wirbt.
Noch am Sonntagnachmittag besuchte Neumann die Hamburg Freezers bei ihrer Unterstützungsaktion für Olympia. Am Montagmorgen empfing der Sportsenator Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschuss im Bundestag, in der Europa Passage. Am Mittwoch erklärt er um 18 Uhr im Unilever-Haus in der HafenCity bei der ersten von drei Bürgerwerkstätten Interessierten Hamburgern die Olympiapläne. Und am Freitag geht es beim Neujahrsempfang des ETV natürlich auch um dieses Thema. „Die Arbeit ist schon enorm“, sagt Neumann. In jedem Fall sorgt sie dafür, dass er sogar die kniffligsten Fragen beantworten kann. Wie viele Goldmedaillen bei Olympia vergeben werden, will ein Schüler wissen. Neumann antwortet schnell und richtig. Nur bei einer Frage muss er passen. Elisa und Greta, beide neun, von der Grundschule Schulkamp in Nienstedten fragen synchron, ob sie bei Olympia denn extra Tage schulfrei bekommen würden? Ties Rabe muss in die Bresche springen. „Wir haben in Hamburg derzeit zu viel Unterrichtsausfall, aber es wäre natürlich toll, wenn ihr alle hingehen könnt“, sagt Rabe.
Neumann hat am Ende noch zwei Ideen, wie man das Problem lösen könnte. 1. Die Sommerferien ein paar Tage verschieben. 2. Mitmachen. „Dann seid ihr auf jeden Fall dabei.“