Hamburg. Die Hamburger Schulbehörde zeigt kein Interesse an dem Leitfaden für Lehrer im Umgang mit Rechtsextremismus, den der Autor mitentwickelt hatte. In Hessen wird der Leitfaden seit Jahren eingesetzt.

War es Unhöflichkeit oder lediglich ein Kommunikationsproblem? Jedenfalls hat eine Auseinandersetzung zwischen der Hamburger Schulbehörde und dem hessischen Pädagogen und Publizisten Geert Platner ein unrühmliches Ende genommen.

Stein des Anstoßes: Die Schulbehörde hatte Unterrichtsmaterial gegen Rechtsextremismus, das unter der Schirmherrschaft von Ralph Giordano erstellt und über Spenden finanziert worden war, zwar entgegengenommen, aber dann wochenlang ignoriert. Wie berichtet, waren der Behörde Anfang November 120 Exemplare von „Schule mit Courage – Rechtsextremismus als pädagogische Herausforderung“ übergeben worden. Publizist, Lehrer und Mitautor Geert Platner, der seit 1982 mit Giordano zusammengearbeitet hatte, war dafür eigens nach Hamburg gereist. Die Kosten für sich und ein kleines Team beteiligter Studenten hatte er selbst übernommen.

Entgegengenommen wurden die Bücher von Andreas Kuschnereit, dem Leiter des zuständigen Informationszentrums in der Schulbehörde, der sie nach einer kurzen Überprüfung den 118 weiterführenden Schulen in Hamburg zeitnah übergeben wollte. Er ist gleichzeitig Mitglied im Bertini Verein, der den nach einem Roman Giordanos benannten Preis an engagierte Schüler verleiht. „Schon deswegen hätte er ein Interesse an der Verteilung unserer Bücher haben müssen“, sagt Platner. Tatsächlich hatte sich der Bertini Verein an der Finanzierung der Bücher beteiligt. Doch Kuschnereit habe sämtliche Mails und Anrufe, in denen er sich nach dem Stand der Dinge erkundigt habe, nicht beantwortet, so Platners Vorwurf.

Anfang Januar schrieb Platner eine Mail an Schulsenator Ties Rabe (SPD). In der Antwort bedauerte die Leiterin des Senatorenbüros die „Missverständnisse und Kommunikationsprobleme“ und versprach Aufklärung. Da Lehramtsstudenten an der Universität Kassel Interesse an den in Hamburg offenbar verschmähten Exemplaren zeigten, forderte Platner das Geschenk im Wert von 1500 Euro jedoch zurück. Daraufhin bekam er eine knappe Mail aus der Schulbehörde – mit der Frage, an welche Adresse die Sendung denn geschickt werden solle.

Nun fragt sich Platner, was der Grund für die Zurückweisung der Bücher sein könnte. Der Leitfaden für Lehrer im Umgang mit Rechtsextremismus wurde vom hessischen Kultusministerium in Kooperation mit Ralph Giordano und 14 Autoren entwickelt und wird in Hessen seit Jahren eingesetzt. Jetzt ist sogar eine Neuauflage geplant. „Gerade vor dem Hintergrund von Pegida ist Aufklärung doch wichtiger denn je“, sagt der Pädagoge.

Dem Abendblatt gegenüber nennt die Schulbehörde als Ursache für die Verzögerung „Abklärungsbedarf wegen eines Begleitschreibens“, das Platner im Namen von Giordano übergeben habe. „Ich hatte einige Änderungswünsche und wollte diese mit Ralph Giordano abstimmen“, so Kuschnereit. Das sei ihm jedoch wegen des schweren Sturzes, an dessen Folgen der jüdische Publizist später starb, nicht mehr möglich gewesen. Diese Begründung habe er in einem Telefonat auch Platner gegenüber erwähnt. Es sei ihm „unerklärlich“, dass dieser sich daran nicht erinnern könne.

Als sich das Abendblatt im Dezember bei der Behörde nach den Büchern erkundigt hatte, war von dieser Begründung allerdings noch keine Rede. Damals hatte Kuschnereit die Verzögerung bedauert und angekündigt, die Bücher nach der Trauerfeier für Ralph Giordano zu verteilen. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.