Im Umweltausschuss der Bürgerschaft verständigen sich SPD, CDU, Grüne und FDP auf die Stärkung der Fluglärmschutzbeauftragten und einen zweiten Anlauf zur Verlängerung der Landeanflüge.
Hamburg. Der Konsens zur Bekämpfung des Fluglärms ist wieder hergestellt. Die Parteien einigten sich jetzt im Umweltausschuss der Bürgerschaft auf ein gemeinsames Vorgehen. Der im Frühjahr 2014 beschlossene und zwischenzeitlich gescheiterte Zehn-Punkte-Plan wurde als 16-Punkte-Plan neu aufgelegt und um eine wesentliche Komponente erweitert: Die Funktion der Fluglärmschutzbeauftragten soll erheblich aufgewertet und mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden.
Hamburg wird als erstes Bundesland ein eigenes Gesetz erarbeiten, das die Fluglärmschutzbeauftragte mit verbrieften Auftrag versieht. Bisher ist Gudrun Pieroh-Joußen nur auf Dienstanweisung tätig und nach eigenem Bekunden häufig auf „Goodwill“ angewiesen. Jetzt soll sie einen gesetzlichen Auftrag bekommen und bei der Einhaltung der Bahnbenutzungsregeln und den Ausnahmegenehmigungen für Nachtflüge stärkere Kontroll- und Mitspracherechte bekommen. Auch der Streit um die Landeanflüge in Hamburgs Nordosten ist beigelegt. Der Senat soll einen neuen Anlauf zu ihrer Verlängerung starten.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel lobte den Schulterschluss: „Trotz Wahlkampf ist uns ein breiter überparteilicher Konsens gelungen. Die Fluglärmschutzbeauftragte wird bundesweit einmalig gestärkt, sie wird mit einem eigenen Büro auch am Flughafen präsent sein. Weitere Verschärfungen bei der Gebühren-, Bußgeld- und Genehmigungspraxis werden helfen, die Zahl später und lauter Flieger zu minimieren. Mehrerlöse sollen in den Lärmschutz fließen. Die Umsetzung wird viel Arbeit bedeuten, aber die Akzeptanz unseres Stadtflughafens stärken.“
Der CDU-Abgeordnete Dennis Thering sprach von einer „großen Chance. Diesmal muss der Senat aber für eine schnelle Umsetzung der Beschlüsse sorgen.“ Er warf den Behörden und der Deutschen Flugsicherung „Verschleppung“ vor und mahnte eine strikte und transparent nachzuvollziehende Einhaltung der Bahnbenutzungsregeln an. In Hamburg starten und landen die Flugzeuge grundsätzlich in vier Richtungen, wobei die innerstädtische Bahn Richtung Alsterdorf/Hamm praktisch kaum, die Bahn Richtung Norderstedt/Hasloh/Quickborn das Gros der Lärmlast zu tragen hat. Die meisten Landeanflüge treffen Langenhorn und in der Verlängerung Poppenbüttel und die Walddörfer.
„Beschwerden über Fluglärm dramatisch angestiegen“
Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Anjes Tjarks, sprach von einem „klaren Signal an alle Beteiligten“, sich intensiver um Lärmreduzierung zu bemühen. „Die Beschwerden über Fluglärm sind in den letzten drei Jahren dramatisch angestiegen. Eine spürbare Entlastung wird nicht von heute auf morgen erreicht werden können. Umso wichtiger ist aber die Stärkung der Fluglärmschutzbeauftragten und ihrer Ausstattung mit besseren Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten.“ Das zielt auf Nachtflüge und Ausnahmengenehmigungen für die künfitg der Gebührenrahmen von bis zu 3000 Euro ausgeschöpft werden soll.
Die Landentgelte, die bisher nur für fast gänzlich ausrangierte Flugzeugtypen massiv angehoben wurden, sollen 2016 wieder auf den Prüfstand kommen mit der klaren Maßgabe, auch für viel geflogene laute Modelle die Gebührenschraube anzuziehen. „Es muss mehr Anreize für die Airlines geben, ihre Flotten leiser zu machen“, sagte Tjarks.
Der Streit um die längeren Landeanflüge über Hamburgs Nordosten wurde beigelegt. In Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden soll der Senat jetzt einen neuen Anlauf unternehmen, den Anflugkorridor von derzeit 7 auf dann 10 Nautische Meilen (NM) zu verlängern. Der erste Anlauf vom Frühjahr 2014 war im Herbst am Nein der Fluglärmschutzkommission gescheitert und hatte auch bei den Bürgermeistern im Umland (Stormarn) vorwiegend Besorgnisse ausgelöst.
Neu ist jetzt der ausdrückliche Auftrag, mit den Gemeinden Ahrensburg, Bargteheide, Großhansdorf, Jersbek und Ammersbek gemeinsam über eine Verteilung des Fluglärms zu sprechen, der über Schleswig-Holsteiner Gebiet zu hören ist. Es geht also nicht um eine Verschiebung von Fluglärm nach Stormarn, sondern um eine gerechte Verteilung des Lärms innerhalb des ohnehin betroffenen Gebietes.
Auch die Landesregierung in Kiel soll eingeschaltet werden, um eine „Draufsicht“ auf den Lärm zu bekommen und nicht in kleinteiligen Streitereien stecken zu bleiben. Nach Aussage Pieroh-Joußens würde die Verlängerung der Anflüge auf 10 NM zwar Bargteheide, Großhansdorf und Jersbek mehr Flüge zumuten, was aber aufgrund der großen Flughöhe für diese drei Gemeinden weniger belastend wäre als die derzeitige Fluglärmlage gut doppelt so großen Ahrensburg. Sie gab damit der Argumentation der Bürgerinitiative Alstertal Walddörfer Ahrensburg (BAW) recht, die vor wenigen Wochen damit noch weitgehend allein da gestanden hatte. BAW-Sprecher Martin Mosel äußerte sich „bedingt zufrieden. Er habe sich doch etwas konkretere Formulierungen erhofft“, sagte er.