Mehr als 268.000 registrierte Nutzer haben sich knapp 2,2 Millionen Mal von 1650 Räder an 131 Stationen ausgeliehen. Große Übersicht: Erstmals wird auch der Hamburger Süden angeschlossen.

Hamburg. Man sieht sie rund ums Rathaus, auf der Mönckebergstraße, am Hauptbahnhof, an der Alster, im Hafen und im Uni-Viertel – die roten StadtRäder sind aus Hamburgs Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Zahlen belegen das: Mehr als 268.000 registrierte Nutzer haben sich allein in diesem Jahr bislang knapp 2,2 Millionen Mal eines der 1650 Räder an 131 Stationen ausgeliehen. Mit einer solchen Entwicklung hat bei der Vorstellung der robusten roten Flitzer mit dem charakteristisch geschwungenen Gepäckträger 2009 kaum jemand gerechnet.

Jetzt wird die Erfolgsgeschichte des Leihfahrradsystems weiter ausgebaut: 40 neue Stationen mit weiteren 500 Fahrrädern sollen 2015 hinzukommen, kündigte Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) am Dienstag an. Erstmals wird dabei auch der Hamburger Süden mit bedacht: Stadtteile wie Harburg, Heimfeld und Wilstorf werden mit allein zehn bis zwölf Stationen erstmals an das System angeschlossen – und damit eine seit Jahren erhobene Forderung des Bezirks Harburg erfüllt. Auch Bahrenfeld und Barmbek-Nord werden gestärkt. „Unser Leihfahrradsystem ist das erfolgreichste in Deutschland“, sagte Horch. Den Sprung über die Süderelbe nach Harburg bezeichnete er als „weiteren Meilenstein in der Förderung des Radverkehrs in Hamburg“.

Eigentlich waren 100 Stationen gewünscht

Eigentlich hatten sich die Lokalpolitiker in den Bezirken sogar 100 neue Stationen gewünscht. Daraus wurden nun noch 42, deren Realisierung von Verkehrsbehörde, Bezirken, Polizei und dem Betreiber, der Bahntochter DB Rent, derzeit geprüft wird. Ein bis zwei könnten dabei noch gekippt werden, aber 40 neue Stationen sollen es auf jeden Fall werden. Mit den Baumaßnahmen solle Anfang des Jahres im Süden der Stadt begonnen werden, kündigte Olaf Böhm, Fahrrad-Beauftragter der Verkehrsbehörde, an. Die Einrichtung einer Station dauert etwa zwei Wochen.

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Für die Ausdehnung des StadtRad-Systems erhöht die Stadt ihren Zuschuss an DB Rent um etwa 460.000 Euro im Jahr auf dann etwa, 2,1 Millionen Euro. Die konkrete Summe hängt davon ab, wie viel Räder an welchem Standort aufgestellt werden können.

Horch nutzte die Präsentation der Pläne, um drei Monate vor der Bürgerschaftswahl eine positive Bilanz der Fahrradpolitik des Senats zu ziehen. 38Kilometer vorhandene Radwege seien ausgebaut oder instand gesetzt worden, 23 Kilometer Velorouten hergerichtet worden. Hinzu kämen „bedeutende Einzelprojekte“ wie in Wilhelmsburg, am Oberhafen oder Radfahrstreifen an Landungsbrücken, am Rödingsmarkt und im Lessingtunnel in Altona. Außerdem seien mittlerweile etwa 700 von 900 Einbahnstraßen in Tempo-30-Zonen für den Radverkehr in beiden Richtungen freigegeben und 2000 neue Fahrradbügel errichtet worden. Den gerade begonnenen umstrittenen Umbau des Harvestehuder Wegs zu einer Fahrradstraße bezeichnete Horch angesichts der steigenden Zahl von Radlern als „absolut notwenige Maßnahme“.

Fahrradwege auf der Straße sind nicht sinnvoll

„Wenige Monate vor der Wahl hat der Senat offenbar den Radverkehr für sich entdeckt“, sagte CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse. „Vermutlich kommt in den nächsten Wochen noch das Bike-and-ride-Konzept, auf das die Hamburger seit Monaten warten. Ein Schelm, der ob dieser Symbolpolitik Böses denkt.“ Ähnlich sah es Wieland Schinnenburg (FDP): „Auf den letzten Metern dieser Legislaturperiode entdeckt der SPD-Senat die Velopolitik.“ Mehr StadtRad-Stationen fordere die FDP seit Jahren. Er bedauerte, dass Fahrradwege auch dort auf die Straße verlegt werden, „wo es gar nicht sinnvoll ist – wie am Harvestehuder Weg“.

Die Grünen begrüßten die Pläne leicht spöttisch: „Es ist schön zu sehen, wie grüne Ideen zu rotem Regierungshandeln führen, aber es ist schade, dass der Senat nicht fehlerfrei abschreiben kann“, sagte Verkehrsexperte Till Steffen. Der Senat denke nur in Minimallösungen. „Die Menschen wollen Rad fahren, auch wenn sie viel Gepäck dabeihaben oder weniger Puste.“ Daher brauche man noch mehr Stationen. „Außerdem muss die Flotte um weitere Radtypen erweitert werden, beispielsweise Elektro- oder Lastenfahrräder.“

SPD-Radverkehrsexperte Lars Pochnicht verwies auf die Umfrage im Auftrag des Abendblatts, wonach 60Prozent der Wähler in Hamburg einen Ausbau des Radverkehrs begrüßen, auch wenn dieser zulasten des Autoverkehrs gehe: „Die meisten Menschen in unserer Stadt unterstützen die Förderung des Radverkehrs, das hat die aktuelle Abendblatt-Umfrage eindrucksvoll bestätigt.“ Auch Horch sagte, er fühle sich von der Umfrage in seinem Kurs bestätigt. Das Rad sei inzwischen „ein ganz normales Verkehrsmittel“.