Insgesamt 13 Menschen werden nach dem Unglück in Hamburger Krankenhäusern behandelt. Einer von ihnen schwebt noch in Lebensgefahr. Ursache für den Gasaustritt im Phoenix-Viertel weiter unklar.

Hamburg. Die Polizei hat die Zahl der beim schweren Kohlenmonoxid-Unglück in Harburg verletzten Bewohner von zwei Mehrfamilienhäusern nach oben korrigiert: Aktuell würden 13 Personen in verschiedenen Hamburger Krankenhäusern wegen einer Kohlenmonoxid-Vergiftung behandelt, dabei handele es sich um Patienten im Alter von 1 bis 84 Jahren. Einer von ihnen schwebt noch in Lebensgefahr.

Am Dienstag hatte die Feuerwehr in zwei Wohnungen am Beckerberg drei tote Männer im Alter von 32, 56 und 72 Jahren aufgefunden. Ein Schornsteinfeger, der sich zufällig in der Nähe befand, maß vor Ort einen extrem hohen Gehalt des giftigen Kohlenmonoxids weit jenseits des erlaubten Grenzwertes von 1000 ppm (Millionsten Teil der Raumluft). Nach Abendblatt-Informationen soll der festgestellte Wert bei 48.000 ppm gelegen haben – bei einer derart hohen Konzentration von CO (Kohlenmonoxid) werden Menschen, wenn sie die Luft einatmen, nach wenigen Augenblicken bewusstlos. Sofort wurden am Dienstagnachmittag die beiden betroffenen Mehrfamilienhäuser 9 und 11 sowie ein Nachbarhaus evakuiert - wann sie wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können, ist noch unklar.

Die Einsatzstelle ist auch am Mittwoch nach wie vor abgesperrt. Beamte des Umweltdienstes der Feuerwehr nehmen aktuell im Auftrag des Landeskriminalamtes Messungen vor, die betroffenen Wohnungen werden zudem von den Brandermittlern der Polizei untersucht. Völlig offen ist nach wie vor die Ursache für den massiven Gas-Austritt. Spekuliert wird über einen Defekt in einem Schornstein.

Technische Defekte seien „extrem selten“

Kohlenmonoxid kann beispielsweise aus einer Gastherme austreten – dann wenn der Brenner verdreckt ist oder die Zuluft deutlich verringert ist, sagt der Innungsmeister der Hamburger Schornsteinfeger, Rainer Hoppe. Das kann passieren, wenn etwa bei Handwerksarbeiten sehr viel Staub freigesetzt wird und mit der Zuluft in die Anlage gesogen wird. Oder wenn die Therme so zugestellt wird, dass nur noch wenig Zuluft in das Gerät gelangt. Seit Mitte der 90er-Jahre sind die Thermen technisch gesichert, so dass die Verbrennung bei einem erhöhten Abgas-Austritt gestoppt würde. Bei älteren Geräten sei dies in der Regel aber nicht der Fall, sagt Hoppe. Fatal ist es, wenn bereits Kohlenmonoxid ausgetreten ist und dann zusammen mit der Raumluft wieder in die Anlage gezogen wird. Dadurch verstärkt sich der Effekt.

In der Regel einmal pro Jahr überprüfen Schornsteinfeger die Heizungsanlagen. Dabei werden auch die Abgase gemessen. Bei einem Wert von mehr als 500 ppm werden die Kunden auf eine Wartung der Anlage hingewiesen, ab einem Wert von 1000 ppm wird die Anlage stillgelegt. Sie muss dann innerhalb von zwei Wochen instandgesetzt und nochmals überprüft werden. Geschieht das nicht, werde das zuständige Bezirksamt informiert, sagt Hoppe. Überhaupt sei bei Heizungsanlagen grundsätzlich ein Vier-Augen-Prinzip sinnvoll. „Am besten ist es, wenn ein Installateur die Anlage einmal jährlich wartet und ein Schornsteinfeger einmal jährlich prüft.“ Anlass zur Panik nach dem Vorfall in Harburg bestehe nicht. „Wir sind hier in Hamburg schon sehr gut aufgestellt.“ Kohlenmonoxid-Vergiftungen durch technische Defekte seien „extrem selten“.

Laien können indes in der Regel nicht erkennen, ob Kohlenmonoxid aus ihrer Therme austritt. Kohlenmonoxid entsteht bei einer unvollkommenen Verbrennung, sagt Hoppe. Das Gas sei deshalb so gefährlich, weil es farblos und geruchlos ist. Die Betroffenen werden schnell bewusstlos und sterben an einer Sauerstoffunterversorgung. Einen Hinweis, dass Kohlenmonoxid ausströmt, erhalten man höchstens, indem man seine Hand vor die Therme hält, zumal das Abgas warm sei.