Die Schüler sollen entlastet werden. Deshalb hat Hamburgs Schulsenator Ties Rabe Obergrenzen für Hausaufgaben eingeführt. Die Erfahrungen an den Gymnasien sind allerdings unterschiedlich.

Hamburg. Um die Lern- und Arbeitsbelastung der Schüler an Hamburgs Gymnasien gleichmäßiger über das Schuljahr zu verteilen, hatte Schulsenator Ties Rabe (SPD) im August sogenannte Obergrenzen eingeführt für die Zeit, die Schüler für Hausaufgaben und die Vorbereitung auf die wöchentlichen Klausuren benötigen. Demnach sollen nicht mehr als fünf Stunden in der Woche, also eine Stunde pro Tag, für Hausaufgaben aufgebracht werden und nicht mehr als zwei Klausuren in der Woche geschrieben werden.

Nach einer ersten Zwischenbilanz scheint die neue Regelung bei den Eltern gut anzukommen, es hake allerdings noch an der Absprache zwischen den Lehrern. „Bei uns gibt es einen Klausurenplan. In jeder Stufe wird dieser in einem Workshop mit Eltern-, Schüler- und Lehrervertretern festgelegt. Das klappt sehr gut“, sagt Christian Stolzenburg vom Elternrat am Gymnasium Ohmoor. Dieses Vorgehen sei schon seit Jahren üblich. Dennoch begrüßt der Elternvertreter die Maßnahmen durch die Schulbehörde: Es sei wichtig, dass es eine solche verbindliche Vorgabe gibt, allerdings dürfe sie nicht zu starr sein. „Es sollte nicht vorkommen, dass schon kurz nach den Sommerferien eine Klausur geschrieben wird.“ Das sei auch schwierig für die Lehrer. Eine Pädagogin sagt: „Der Nachteil ist, dass wir nicht mehr Lernkapitel abschließen können und dann eine Arbeit schreiben, weil die Termine schon vor dem Schulbeginn im August festgelegt wurden.“

„Lehrkräfte überlegen immer öfter, wie schriftliche Lernkontrollen durch andere Formen der Leistungsüberprüfung ersetzt werden können. Dort kann die Lehrkraft viel mehr sehen, was ein Kind wirklich kann – und nicht nur, was es am Tag X im Zeitraum Y schriftlich zu Papier bringen kann“, sagt Stefanie von Berg von den Grünen. Um den Lern- und Vorbereitungsstress zu verringern, dürfen höchstens zwei Klausuren pro Woche geschrieben werden. Je nach Klassenstufe würden zwischen 25 und 30 Klausuren pro Schuljahr geschrieben – bei 39 Unterrichtswochen. Immer wieder kommt es in bestimmten Wochen zu einer Ballung. Das soll die neue Verordnung ebenfalls verhindern. Das Gymnasium Othmarschen versuche die präzise formulierte, aber schwer umzusetzende Vorgabe einzuhalten, indem die Lehrer gehalten seien, die gegebenen Hausaufgaben ins Klassenbuch einzutragen, sagt Elternratsvorsitzender Lars Böhme. So erhielten alle Lehrer einen Überblick über die Gesamtmenge der Hausaufgaben. Außerdem sollen die Schüler ein Hausaufgabenheft führen, sodass auch für sie und die Eltern der Überblick gegeben ist. Böhme: „Wenn die Schüler der Meinung sind, dass es zu viele Hausaufgaben gibt, besprechen sie dies mit dem Klassenlehrer.“

Beschwerden von Elternseite gebe es zurzeit keine. Die Mutter eines Neuntklässlers sagt: „Es gibt zwar weniger Hausaufgaben, aber es fehlt eine Struktur. Mal geben die Lehrer gar nichts auf und dann in der darauf folgenden Woche wieder geballt.“ Sie stellt fest, dass sich zwar alle bemühen, aber noch eine klare Linie fehle. Egon Tegge, Vorsitzender der Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS), unterstützt die Vorgaben durch die Schulbehörde zwar, er fürchtet aber auch zu viel Bürokratie: „Regelungen bergen immer die Gefahr, nicht flexibel genug zu sein.“

Als „Propaganda-Aktion der Schulbehörde in der G8/G9-Auseinandersetzung“ sieht dagegen Karin Prien, CDU-Schulexpertin, den Versuch, die Schüler zu entlasten. Mit dieser Maßnahme habe Schulsenator Rabe auch auf die Kritik reagiert, dass die Schulzeit am achtjährigen Gymnasium (G8) für die Schüler zu stressig sei, ihnen zu wenig Zeit für Hobbys und Muße bliebe, wie Kritiker meinen. Am Gymnasium Bondenwald in Niendorf hat Christiane Görtzen vom Elternrat mit der Hausaufgaben- und Klausurenregelung gute Erfahrungen gemacht. Aber nicht immer könnten sich Eltern und Schüler darauf verlassen. „Gelegentlich gibt es auch Wochenhausaufgaben, und dann haben die Kinder doch recht viel zu Hause zu arbeiten. Da müssen sich die Lehrer noch besser absprechen“, sagt die Mutter von zehnjährigen Zwillingen.

„Es ist Sache der Schulen, wie sie die Einhaltung der Obergrenzen im Detail regeln. Hier sind viele Konzepte denkbar. Insofern lassen wir den Schulkonferenzen bewusst Entscheidungsspielräume bei der Ausgestaltung schulinterner Konzepte.“ Spätestens zum Schuljahr 2015/16 müssen die Gymnasien die Vorgaben umgesetzt haben.