Das weltweit modernste Tiefsee-Forschungsschiff macht an der Überseebrücke fest. Bevor die Wissenschaftler um die Professorin Angelika Brandt in See stechen, können Neugierige das Schiff besichtigen.
Hamburg. Wer als Besucher der „Sonne“ über die Gangway das Arbeitsdeck erreicht, findet sich unmittelbar in einer Art Skulpturenpark wieder. Merkwürdig erscheinende Geräte sind dort ausgestellt, Röhren, Kabel, bizarre Konstruktionen. „Golden Eye“ steht auf einem Schild. „Ein elektromagnetisches Auge sozusagen“, sagt Detlef Quadfasel und lächelt glücklich. Der Professor für Meereskunde ist auch wissenschaftlicher Chef der Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe, die an der Universität Hamburg angesiedelt ist. Und heute ist für Quadfasel und seine Mitarbeiter ein besonderer Tag. Das neue deutsche Tiefsee-Forschungsschiff „Sonne“ hat auf seiner Erprobungsfahrt erstmals in Hamburg festgemacht. An diesem Freitag und am Sonnabend wird der 124,4 Millionen Euro teure Neubau auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Bereits 2008 hatten sich nach langer Vorplanung der Bund und die norddeutschen Küstenländer auf den Bau geeinigt. Im April 2013 erfolgte auf der Meyer Werft in Papenburg die Kiellegung, seit August fährt das knapp 120 Meter lange Schiff zu Erprobungstouren in die Nordsee. Anfang Dezember wird die „Sonne“ nun mit rund 40 Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen und der 35-köpfigen Crew an Bord von den Kanaren aus zur ersten Expedition auslaufen, die quer über den Atlantik bis in die Karibik führen wird.
Im Blick der Forscher ist dabei vor allem die Tiefsee, die bisweilen als weniger erforscht gilt als der Mond. Die „Sonne“ ist das derzeit wohl modernste Forschungsschiff, um diese Welt zu erkunden, wo es wie auf der Landmasse der Erde auch tiefe Gräben und hohe, aber eben unterseeische Gebirge gibt. „Das Interesse geht dabei bis hin zu Fragen, die die Entstehung des Lebens überhaupt betreffen“, sagt Meereskundler Quadfasel.
Zu den Geräten auf dem Arbeitsdeck gehören daher Tauchroboter, die in diese weiten Tiefen von bis zu 12.000 Metern ferngesteuert vordringen können. Und Bohrer, die noch weiter in die Sedimente reichen. Mit zwei zusätzlichen, um 360 Grad drehbaren Propellern können die Nautiker der „Sonne“ ihr Schiff dazu selbst bei schlechtem Wetter nahezu auf einem Punkt halten. Ausklappbare Flossen am Rumpf und ein U-förmiger Ausgleichstank mindern dann die Roll- und Stampfbewegungen. Wichtig auch für das weltgrößte Flächenlot, das auf einer Breite von 25 Kilometern den Meeresboden in einer dreidimensionalen Darstellung abbilden und vermessen kann. Und da ist eben das „Golden Eye“. Mit diesem Gerät, das ein bisschen wie ein übergroßer Brummkreisel aussieht, können die Wissenschaftler nach Rohstoffvorkommen suchen. In den kartoffelgroßen Manganknollen oder auch in den Krusten der Tiefsee-Gebirge werden riesige Mengen von Elementen wie Kupfer, Kobalt oder Nickel vermutet. Stoffe, die die heutige Hightech-Welt braucht, etwa um Smartphones und Computer zu bauen. Noch ist vieles unerforscht, noch weiß man nicht, welche Schätze dort verborgen sind. Und noch weiß man auch nicht, wie gefährlich der unterseeische Bergbau für die Pflanzen- und Tierwelt ist. Welche Gefahren den vielen Arten drohen, die größtenteils ebenso noch völlig unbekannt sind.