Profitieren sollen zunächst die Krippen für die Jüngsten. Auch CDU will bei Wahlsieg die Betreuung deutlich verbessern
Hamburg. Das nennt man eine politische Wende: Nachdem die SPD in Hamburg es trotz Protesten lange abgelehnt hatte, mehr Geld für eine Verbesserung der Betreuungsqualität in den Kindertagesstätten zur Verfügung zu stellen, hat sie nun eingelenkt: Von August 2015 an soll der „Betreuungsschlüssel“, also die Erzieher-Kind-Relation, im Krippenbereich (bis 18 Monate) um zehn Prozent verbessert werden. Einen entsprechenden Antrag stellte die SPD-Bürgerschaftsfraktion für den Doppelhaushalt 2015/2016 vor – da sie über die absolute Mehrheit verfügt, gilt die Annahme als sicher.
Derzeit kommen auf eine Erzieherin im Krippenbereich etwa sechs Kinder. Künftig wäre der Schlüssel etwa eins zu 5,5. Die zusätzlichen Kosten von 3,5 Millionen Euro pro Jahr sollen vor allem durch Umschichtungen im Kita-Etat zusammenkommen.
Der ist seit 2011 unter SPD-Regie enorm gewachsen, um die Gebührenerhöhung des schwarz-grünen Vorgängersenats zurückzunehmen, den Rechtsanspruch schon für Einjährige einzuführen und die fünfstündige Betreuung kostenfrei anzubieten. Derzeit liegen die Ausgaben bei 547 Millionen Euro im Jahr. Bis 2018 sollen es 780 Millionen sein.
Dennoch hatten erst Ende Oktober rund 4000 Eltern, Erzieher und Vertreter von Kita-Trägern und Sozialverbänden auf einer Demonstration mehr Geld für Qualität gefordert, unter anderem 25 Prozent mehr Personal. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte das als „unbezahlbar“ abgelehnt. Jetzt sorgt die Fraktion für den Schwenk.
„Unsere Initiative ist ein erster machbarer Schritt für einen besseren Betreuungsschlüssel bei den Kleinsten“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. „Und es ist ein verbindlicher Einstieg in einen mehrjährigen, schrittweisen Verbesserungsprozess.“ Von diesem sollen später auch die Kinder im Elementarbereich (drei bis sechs Jahre) profitieren. Allerdings sind die Erfolgsaussichten der weiteren Schritte noch ungewiss. Unter anderem soll sich der Senat beim Bund dafür einsetzen, dass dieser sich an den Kosten für die Qualitätsoffensive beteiligt. Elternvertreter begrüßten den Vorstoß als „ersten Schritt in die richtige Richtung“.
Auch die oppositionelle CDU kündigte am gestrigen Montag an, den Betreuungsschlüssel der Kitas verbessern zu wollen, sollte sie an die Regierung kommen. Die Union will die Erzieher-Kind-Relation für die bis zu drei Jahre alten Kinder schrittweise sogar auf eins zu vier absenken. Kosten laut CDU-Angaben: rund 80 Millionen Euro.
Der Entwurf für das CDU-Wahlprogramm, den Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich und Parteichef Marcus Weinberg vorstellten, enthält Investitionen von einer halben Milliarde Euro. So sollen 400 zusätzliche Polizeibeamte ausgebildet und eingestellt werden (20 Millionen Euro). In die Hochschulen will die Union 150 Millionen Euro zusätzlich investieren, in die Infrastruktur des Hafens 250 Millionen Euro.