Eine Bürgerfrage zu den City-Hochhäusern legt die Grenzen des neuen Transparenzgesetzes offen. Und es zeigt mit welch durchsichtigen Methoden die Auskunftsunwilligen ihr Beharrungsvermögen ausleben.

Bergedorf. Das neue Transparenzgesetz schafft auch da Transparenz, wo man nicht damit rechnet. Weil es hilft, sichtbar zu machen, wie nachhaltig der Widerstand gegen die neue Offenheit gelegentlich ist. Ein kurzer Einblick in den Schriftwechsel eines Bergedorfer Bittstellers mit dem Bezirksamt Mitte und dem Landesbetrieb Immobilienmanagement zeigt, mit welch durchsichtigen Methoden die Auskunftsunwilligen ihr Beharrungsvermögen ausleben und Verschwiegenheit auch in vermeintlich gläsernen Zeiten durchsetzen.

Am Anfang war das Gesuch. Im Juli bat der Bergedorfer Grundeigentümerverein das Bezirksamt Mitte um Einsicht in die Unterlagen zur Zukunft der City-Hochhäuser. Unter Berufung auf das Transparenzgesetz wollte Verbandschef Ulf Hellmann-Sieg sämtliche seit 2013 erstellten Stellungnahmen und Gutachten haben, die im Zusammenhang mit der anstehenden Entscheidung über Erhalt oder Abriss der denkmalgeschützten Gebäude stehen. Sein Interesse: zu klären, wie viel Energie die Stadt in die Entwicklung von Konzepten gesteckt hat, die den Erhalt der Häuser zu vertretbaren Kosten versprechen.

Bezirksamtsleiter Andy Grote leitete das Schreiben an den zuständigen Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen weiter. In der ersten, noch vorsichtig abtastenden Runde äußerte sich der Landesbetrieb gar nicht zur Sache und legte stattdessen seine Gebührenordnung vor.

Der Landesbetrieb verweigerte die Herausgabe

Für eine Auskunft habe der Bürger bis zu 500 Euro zu berappen, und Hellmann-Sieg solle doch noch einmal in sich gehen. „Bitte teilen Sie uns bis zum 15.8.2014 mit, ob Sie angesichts Ihrer voraussichtlichen Gebührenpflicht an Ihrem Antrag festhalten, ihn eingrenzen oder zurücknehmen wollen.“ Gehe keine fristgemäße Mitteilung ein, werde der Antrag „nicht weiter bearbeitet“ werden.

Hellmann-Sieg, selbst Fachanwalt für Verwaltungsrecht, ließ sich nicht abschrecken und blieb bei seinem Ersuchen. Der Landesbetrieb antwortete mit einer „Teilablehnung“. Das Gutachten, ein schmales Hochglanzheftchen, das den Neubau der City-Hochhäuser für wirtschaftlicher erklärt als deren Sanierung, durfte Hellmann-Sieg haben. Alle anderen Unterlagen aber erklärte der Landesbetrieb ohne nähere Erläuterung zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und verweigerte die Herausgabe. Dafür allerdings verzichtete er auf eine Gebühr für seine Verwaltungshandlung.

Hellmann-Sieg holte sich Verstärkung: das Büro des „Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit“. Es würdigte das schlanke Schreiben des Landesbetriebes und stellte dabei zwei Dinge klar: erstens, dass die Ablehnung des Landesbetriebes in Ansehung des Gesetzes weder nachvollziehbar begründet sei noch der vorgegebenen Form entspreche. Zweitens, dass der Datenschutzbeauftragte als Hüter der Informationsfreiheit behördliches Fehlverhalten zwar monieren, aber nicht korrigieren könne.

Ein Bürger, der sein Recht auf Information auch gegen amtliche Schweigemauern durchsetzen wolle, müsse Klage erheben. Unverdrossen sandten die Hüter der Transparenz aber ihre vernichtende Kritik auch an den „teilablehnenden“ Landesbetrieb. Der reagierte. Er goss seine nicht nachvollziehbare Argumentation mit kleineren Korrekturen in die vorgeschriebene Form des Bescheides.

Hellmann-Sieg bereitet eine Untätigkeitsklage vor

Das Gebühren-Thema, am Anfang noch ein separates Schreiben wert, nahm er nicht wieder auf. Hellmann-Sieg legte Widerspruch ein und der Datenschützer nahm die Argumentation des Landesbetriebes auseinander. Behörden und Landesbetriebe dürften sich, anders als Privatbetriebe, nicht auf Geschäftsgeheimnisse berufen, und selbst wenn sie es könnten, müssten sie darlegen, warum der Verrat der Geheimnisse den Erfolg ihres Geschäfts aller Voraussicht nach tatsächlich behindern würde.

Außerdem gebe es die Möglichkeit, gefährliche Passagen in den Unterlagen zu schwärzen. Damit war das Scharmützel zu Ende. Der Landesbetrieb blieb bei seiner Geheimnis-Theorie, und der Datenschützer fragte Hellmann-Sieg, ob er noch Fragen habe. Dann schloss er die Akte. Hellmann-Sieg schließt sie nicht. Er bereitet eine Untätigkeitsklage vor. Das Denkmalschutzamt kündigte inzwischen an, seine Unterlagen – mit kleineren Schwärzungen – zur Verfügung zu stellen.

Die Stadt hat die City-Hochhäuser zum Verkauf ausgeschrieben und bis zum 4. Februar 2015, 13 Uhr, Gebote erbeten. Dem künftigen Käufer hat sie freigestellt, ob er die geschützten, aber verwohnten Häuser abreißen oder erhalten will. Das Hamburgische Denkmalschutzgesetz verpflichtet die Stadt als Eigentümer geschützter Gebäude zu einem vorbildlichen Umgang mit Denkmälern. Um ein gutes Beispiel zu geben und damit Privatleute zum Erhalt alter Gebäude anzuregen, führt das Gesetz aus. Dem kann auch ein Gericht nicht viel hinzufügen.

Das Hamburger Transparenzgesetz

Die Informationsfreiheit der Bürger wird durch das Transparenzgesetz vom 6. Oktober 2012 gestärkt. Der Bürger darf bei Behörden Anträge auf Information stellen, und die Verwaltung ist verpflichtet, Daten und Dokumente kostenlos zur Verfügung zu stellen. Als Behörden gelten dabei auch privatrechtliche Betriebe, wenn sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Personenbezogene Daten sind in der Regel unkenntlich zu machen.

Seit dem 1. Oktober 2014 gibt es das zentrale Online-Register „Transparenzportal Hamburg“, in dem viele Informationen wie politische Beschlüsse und Gutachten abrufbar sind.

Ausnahmen von der Informationspflicht gibt es z. B. bei Geschäftsgeheimnissen, die als „Erfolgsgeheimnis“ gelten können.